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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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entgegen. Sie forderten ihr Armband. Sie verlangten Geld. Sie zogen sie an den Haaren. Als im finsteren Hof Bananen verteilt wurden, schlugen sie sich um ihren Anteil. Sie lachten Margaret hinterher und verfolgten sie gnadenlos durch den langen Korridor verschlossener Türen, hinter denen Frauen in Einzelhaft festgehalten wurden. Bisweilen war es so dunkel in der Abteilung, dass Margaret die Hand nicht vor den Augen sehen konnte. Mr. Jesani sprach mit den Patientinnen, schalt und schimpfte, wenn nötig. Dann und wann bat Patrick darum, eine Patientin untersuchen zu dürfen. Auf dem Weg hinaus kamen sie an einer offenen Tür vorbei. In dem Raum dahinter saß eine schöne alte Massai in königlicher Pracht, die dabei war, einen riesigen Korb von drei Metern Durchmesser fertigzustellen. Dass sie inkontinent war und nicht mehr für sich selbst sorgen konnte, schmälerte nicht die Würde ihres Auftretens, als sie an das Gitter ihres Fensters kam und grüßend die Hand hob.
    »Karibu«, sagte sie. Willkommen.
    »Sie haben das Schlimmste gesehen«, sagte Mr. Jesani.
    Margaret brachte den Tee nicht hinunter, der ihnen im Büro des Direktors angeboten wurde. Patrick trank zwei Tassen und aß zwei Sandwiches dazu. Vor Zeit zu Zeit warf er Margaret einen Blick zu. Einmal glaubte sie, er wollte ihr zu verstehen geben: Der Nachmittag kann lang werden. Du solltest vielleicht etwas essen.
    Nach der Mittagspause folgte sie Patrick in den Raum, in dem er seine Sprechstunde abhielt, ein feuchter Steinkorridor, von einer einsamen Glühbirne und dem Licht, das durch ein Fenster fiel, erhellt. Er bat Margaret, Becher mit Wasser an die wartenden Frauen zu verteilen und ihnen die Kekse von der Platte anzubieten, die der Direktor ihnen mitgegeben hatte, als sie sein Büro verlassen hatten. Margaret hielt es für möglich, dass die Kekse die Attraktion der Sprechstunde waren; oder der gut aussehende junge Arzt, der darauf wartete, die Frauen zu behandeln. Als sie das Wasser und die Kekse verteilt hatte, setzte sie sich auf einen Stuhl in der Ecke und beobachtete ihren Mann.
    Er war wieder der Patrick, den sie vor der Tour auf den Mount Kenya gekannt hatte: konzentriert, aber auch gern mit einem Scherz auf den Lippen; sachlich in seinem Bemühen, dem Problem auf den Grund zu gehen, aber mitfühlend genug, um eine weinende Frau spontan in den Arm zu nehmen. Er tastete geschwollene Drüsen ab, prüfte Lungenfunktionen, ertastete Knoten, auf die er schüchtern hingewiesen wurde. Er gab der Schwester seine Anweisungen ruhig, aber bestimmt. Er verabreichte Tabletten. Er machte sich die ganze Zeit Notizen in einer Kurzschrift, die nur er lesen konnte. Nach der Sprechstunde würde er sich, wie Margaret wusste, mit dem Chefarzt zusammensetzen und die Unterlagen der achtzig Patientinnen durchsprechen, die er im Rahmen seiner Forschungsarbeit betreute. Sie betrachtete ihn, wie er da saß, das dunkle Haar vom hellen Mittagslicht umspielt, das durch das Fenster hinter ihm fiel, das Gesicht im Schatten.
    »Patrick, Patrick, Patrick«, sagte sie lautlos vor sich hin.
    Bald nach dem Besuch im Mathari Hospital wurden Patrick und Margaret von einem Kollegen Patricks namens Munira und seiner Frau Naomi zu einem Ausflug auf die Shamba von Muniras Familie in Limuru eingeladen, einem Dorf nördlich von Nairobi im Gebiet der Kikuyu. Munira fuhr den Wagen, und Margaret gab sich der wohligen Schläfrigkeit hin, die das Schauen auf scheinbar endlose Weiten roter Erde und grüner Terrassen, üppiger Mango- und Bananenpflanzungen und im Rot ihrer Früchte leuchtender Kaffeeplantagen hervorrief. Es musste, dachte sie, an der Sattheit der Farben liegen, die mit ihrer Opulenz die Sinne überwältigten. Oder vielleicht auch am sanft singenden Kikuyu-Tonfall der Stimmen von Naomi und Munira.
    Als die vier im Dorf eintrafen, erklärte Munira, er und Naomi müssten zuerst Naomis Vater besuchen, der hier als Anwalt tätig war. Patrick und Margaret gingen mit dem Tee, den sie in einer Teestube bestellt hatten, auf eine Terrasse hinaus. Unter ihnen ausgebreitet lag wie eine Studie in Rot und Grün das Dorf mit seinen Grashütten.
    »Das ist einfach zu schön«, sagte Margaret. »Ich fühle mich lebendig und gleichzeitig wie im Traum. Ich möchte nur die Augen zumachen.«
    »Das kommt von der Höhe.«
    »Findest du es nicht schön?«
    »Doch. Aber es kommt von der Höhe.«
    »Okay.«
    »Hast du gewusst, dass Muniras Großvater für die Mau-Mau-Bewegung gekämpft hat?«, fragte

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