Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erste Mal und immer wieder

Das erste Mal und immer wieder

Titel: Das erste Mal und immer wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moos
Vom Netzwerk:
wieder die Sehnsucht durch. Auch Deutschland vermisste er hin und wieder, und manchmal streckten wir seine Aufenthalte über die Ferien oder das Wochenende hinweg.
    Meine Wohnung auf der Insel hatte ich aus finanziellen Gründen aufgegeben, und das Geld, das ich verdiente, schob ich mittlerweile maßlos überzogen als Unterhalt zu Tommy. Wir stritten jetzt häufig am Telefon. Er machte mir schwere Vorwürfe, ich sei zu weich, zu einfältig, hätte alles in den Sand gesetzt. Noch immer rechnete er mir Rückstände vor, und nicht immer waren wir darüber einer Meinung.
    Mittlerweile war über Michis Wohnung eine weitere frei geworden. Kurz entschlossen mietete ich mich dort ein und holte meinen Jungen zu mir. Die Umschulung gestaltete sich allerdings wieder schwierig, die Gymnasien der Stadt bemängelten die fehlenden Fremdsprachen Französisch und Latein. Schließlich fanden wir eines, welches die spanische Sprache dafür anerkannte, und er wurde in die Folgeklasse aufgenommen. Ich war wieder stolz und rechnete auch damit, dass ein Schulabschluss in Deutschland letztendlich vielleicht doch noch wertvoller war, als einer von der spanischen Insel.
    Christopher bemühte sich, bemühte sich sehr. Aber richtig glücklich war er nur, wenn wir zusammen waren. Die Kinder hielt er für »doof«, sie spuckten auf den Boden, tranken Bier und beschmierten die Wände. Seine Klasse war doppelt so groß wie in Spanien und seine Deutschkenntnisse mehr als miserabel. Aus dem einstigen Klassenbesten und beliebten Freund einer großen Clique wurde nun das Schlusslicht im Jahrgang und ein blasser Einzelgänger. Ich redete mir ein, das wäre normal, eine Eingewöhnungsphase, und stimmte Benni schließlich zu, einen neuen Versuch in der seriösen Geschäftswelt zu starten.
    Wir gründeten eine Firma. Stellten 80 Prozent des Eigenkapitals und zählten auf Ergänzung durch Banken des Landes. Meine Ausbildung diesbezüglich war mehr als ausreichend. Genehmigungen aller nötigen Behörden lagen vor. Das Büro war ein »Schnäppchen«. Die Kunden standen durch Förderung des Arbeitsamtes Schlange. Aber meine Bank schaltete auf stur. Ließ mich zwei Monate warten, um mir dann zu erklären, ihnen wäre der Schritt von der Puffstraße in diesen Bereich zu groß. Ich fragte mich, wofür die ganzen Abschlüsse und Kurse, die ich immer wieder zwischendurch belegt hatte, gut waren. Ich war verzweifelt und rannte von Pontius zu Pilatus. Ebenso Benni, der sich jedoch auf Grund seiner beruflichen Stellung teilweise im Hintergrund halten musste. Mit Sondergenehmigung und Bürgschaft einer Vereinigung für aussichtsreiche Existenzgründung rannte ich erneut los. Und wieder wurde ich bei meiner Bank mit sehr fadenscheiniger Begründung abgelehnt.
    Endlich, nach sieben Monaten, meldete eine Bank der Stadt großes Interesse. Man empfing uns überfreundlich und war sehr gern bereit, uns als Kunden aufzunehmen. Niemand scherte es dort, was ich vorher getan hatte, solange ich ausreichende Qualifikationen nachweisen konnte. Der Schriftverkehr beanspruchte jedoch weitere sechs Wochen. Unsere Reserven waren längst aufgebraucht. Unsere Firma war schneller illiquide, als wir »A« sagen konnten. Meine »Altlasten« waren bezahlt. Doch nun stapelten sich weitaus höhere Rechnungen auf den Tischen. Als wir schließlich über das benötigte Geld verfügen konnten, hatte ich längst keinen Mut mehr. Zu negativ erschien mir alles und zu wagemutig. Ein Großteil der Fördermittel wäre direkt in »Altrechnungen« gewandert, und nach vorne wäre wieder nichts geblieben.
    Wir einigten uns auf ein Ende mit Schrecken und versuchten dem Schrecken ohne Ende zu entkommen. Der größte Verlierer bei allem war Benni. Unsere Beziehung, zart und jung wie sie war, hatte dem Stress nicht standhalten können. Oft stand er angetrunken vor meinem Haus, und manchmal verbrachten wir, obwohl wir uns getrennt hatten, dann doch wieder Zeit zusammen.
    Aber ich sah nun alles lustlos, war der Aufregung müde und traute mir selbst nichts mehr zu. Benni gegenüber fühlte ich mich wie einst gegenüber Tommy. Zu schwach und zu verkettet, verklebt mit meiner Vergangenheit, die immer wieder und wieder meine Zukunft wurde.
    Heulend und depressiv verkroch ich mich nun zu Hause. Ging nur in den Club, wenn das Bargeld zur Neige ging, und blieb zu Hause, wenn alles da war. Immer neben mir mein Hund. Die ganze Aufregung der letzten Jahre, die ganzen Streitereien und Umstände hatten aus ihm ein anderes

Weitere Kostenlose Bücher