Das erste Mal und immer wieder
hatte vor jedem Fleck in der wirklich »piekfeinen Hütte« Angst. Die Tochter war genervt von den Kindern und beschwerte sich minütlich bei mir. Dauernd lief ich hin und her und versuchte, alle zu beschäftigen. Zudem hatte Sabine einen kleinen Hund, den ich mehrmals täglich um den Block führen musste. Kam ich nach Hause, mussten die quengeligen Kinder ins Bett, und mein Haushalt und die Schule warteten noch auf mich. Abwechslung hatte ich keine, zeitweilig war der Strom abgestellt, ich konnte nicht einmal den Fernseher einschalten oder abends Licht machen. Es war ein Teufelskreis.
Sabine merkte schnell, dass überhaupt nichts klappte, und sie war es dann auch, die mir vorschlug, »nebenbei« auch etwas »zu verdienen«. Aber ich traute mich nicht, und es dauerte Wochen, bis ich schließlich einwilligte. Nicht, dass sie mich überredete, aber ich selber musste mich erst überwinden, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Sie gab mir die Nummer vom »Champagnerkelch«. Sie hatte früher einmal dort gearbeitet. Ich nahm die Nummer und wählte mich an diesem Nachmittag in ein neues Leben.
Die Wochen gingen ins Land. Ich arbeitete wie eine Verrückte. Ich machte mich auf die Suche nach einer besseren Wohnung und wurde sehr schnell fündig. Es war eine tolle Dachwohnung mit einer riesigen Dachterrasse. Ich richtete fast alles neu ein, und zog bald mit meinen Söhnen in ein besseres, wie mir schien schöneres, Leben. Die Buben waren begeistert.
Ich konnte nun alles bezahlen und hatte fast keine Schulden mehr. Mein Studium hatte ich fast beendet, und auch sonst war ich ausgeglichen und glücklich. Meine Söhne mussten auf gar nichts verzichten, und den Behörden hatte ich jeden Zutritt zu meiner neuen Wohnung verboten. Auch Unterstützung nahm ich nicht mehr an und gab keinerlei Auskünfte darüber, wie ich mich finanzierte. Natürlich wollten sie weiterhin Kontrolle üben, schon wegen der Kinder. Aber ich schaffte es, mich durchzusetzen, und schaffte sie mir tatsächlich vom Hals.
Ich lebte auf, ich glühte fast und mir schien, wir alle waren endlich glücklich und zufrieden. Aber es war nur eine Verschnaufpause, denn das Schicksal hatte mich schon wieder im Auge.
»Lisa, kannst du morgen arbeiten?«, fragte mich Marion.
»Ich kann immer arbeiten«, sagte ich, »aber nicht morgen. Meine Freundin Tanja hat Geburtstag.« Ich hatte ihr eine kleine silberne Kette mit Anhänger besorgt und freute mich schon auf ihre Freude. Durch die Kinder konnten wir nur selten gemeinsam etwas unternehmen, und so war uns dieser eine Abend heilig. Wir wollten endlich mal »feiern« gehen, in einer Disco in der Stadt. Marion nörgelte, aber ich blieb hart. Sie bekam mich sonst immer herum. Ich liebte sie so sehr, aber dieses Mal hatte sie keine Chance. Sie sah das auch schnell ein und begann, die Pläne für den nächsten Tag umzuschreiben.
Tanja und Laura kannten sich auch, mochten sich aber nicht besonders. Woran das lag, konnte ich nicht genau sagen, es war einfach, wie es war. Unternehmungen zu dritt unterließen wir deswegen einfach. Es war schon halb vier, noch anderthalb Stunden, und ich war zu Hause und hatte zwei Tage frei. Ich freute mich wahnsinnig und strahlte so viel gute Laune aus, dass ich einen Gast nach dem anderen »hochschleppte« in dieser Nacht.
Auch Hartmut, und das war etwas ganz Besonderes. Hartmut war Stammgast des Hauses, ging aber nur unregelmäßig aufs Zimmer und war im Allgemeinen das, was wir »einen Klemmer« nannten. Es bedeutete, dass er »vollsteckte«, also sehr vermögend war, jedoch um jede Mark feilschte. Es gab endlose Diskussionen mit ihm um jedes Glas, und viele Mädchen hatten längst keine Lust mehr, sich das anzutun. Als er an diesem Abend mal wieder missmutig an der Theke saß und die Mädchen längst in der Küche waren, ging ich noch einmal zu ihm.
»Hartmut«, ich klopfte ihm aufs Knie, »wenn du heute nicht mit mir nach oben gehst, wirst du das lange bereuen.« Ich sah ihn so ernst wie möglich an. »Wieso denn das?«, nuschelte er übellaunig in seinen Bart. Er trug einen Vollbart; etwas, was wir gar nicht gerne hatten. Zu schnell war die zarte Haut an der Schamgegend wund und aufgekratzt davon. Aber heute sah ich drüber hinweg. »Weil du sonst nie mehr Gelegenheit dazu haben wirst, es ist mein letzter Tag.«
»Wieso das denn, hörst du auf? Echt?« Er sah mich zweifelnd an.
»Ja, ich ziehe in eine andere Stadt, Hartmut, also, wie sieht es aus? Hast du Lust mitzukommen?« Ich konnte
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