Das erste Mal und immer wieder
Diese Menschen hatten ihn geliebt, und während ich hier saß und vor Glück weinte, waren zwei andere Menschen an einem anderen Ort bis über beide Ohren verzweifelt und kehrten die Scherben ihrer Träume zusammen. Aber ich dachte, ich schaffe es irgendwie … irgendwie … Ich konnte nicht verhindern zu sein, wie ich war, und ignorierte, was ich trotz allem fühlte. Angst, einen Fehler gemacht zu haben. Einen unverzeihlichen …
Die nächsten zwei Wochen trage ich immer in meinem Herzen. Es war wunderbar. Ich lebte mich in den neuen Alltag zwischen Schule, Haushalt und jetzt zwei Kindern ein. Von meinem wiedergefundenen, kleinen blonden Prinzen konnte ich nie genug bekommen. Immer wieder herzte und küsste ich ihn, sah ihm stundenlang einfach nur zu, wenn er schlief. Sah beide an, wie sie dort in ihren bunten Schlafanzügen friedlich im Bettchen lagen. Die Spieluhr leise surrende Lieder von sich gab. Die Sterne aus der Lampe sich an der Decke drehten und ich leise die Rollos runterzog. In diesen Momenten war meine Welt in Ordnung.
Ich ging von Bettchen zu Bettchen und sah sie an. Beide waren ihren Vätern wie aus dem Gesicht geschnitten. Der eine war noch immer dunkelhaarig und hatte große, dunkle Mandelaugen. Der andere war ganz blond und hatte ganz runde, hellblaue Augen. Obwohl sein Vater viel größer und auch kräftiger war als Jörg, sah er so zerbrechlich und klein aus. Hilflos, ahnungslos und doch zufrieden. Ich liebte sie, liebte sie beide so sehr. Und hätte mir lieber die Beine abtrennen lassen, als noch einmal einen von ihnen zu verlieren.
Privat machte ich Fortschritte. War ich mit Jörg nach wie vor völlig zerstritten, so versuchte ich zu meiner Schwiegermutter wieder freundlicher zu sein. Mein kleiner Chrissi konnte jederzeit zu ihr fahren, und auch den kleinen Steffen behandelte sie liebevoll. Sie kam jetzt oft mit ihrem Mann und blieb ein, zwei Tage bei mir. Noch immer war sie davon überzeugt, dass ich es nicht schaffen würde, und war gleichsam perplex über mein zweites Kind. Wie alle, die ich kannte.
Einmal versuchte ich den Eltern von Stefan meinen Sohn zu zeigen, ihren Enkel, aber sie schlossen das Fenster. Ich glaube, sie waren auch traurig, dass er einfach sang- und klanglos verschwunden war. Es war seitdem mehr als ein Jahr vergangen, und ich hatte nie wieder was von ihm gehört.
Fremdenlegion, ich erinnerte mich an alles, was der alte Heinz mir darüber berichtet hatte, und fragte mich, wieso man dort freiwillig hinging. Ich wusste, es gab kein Entrinnen von da, und meine Nachforschungen hatten ergeben, dass ich auf keinen Fall Kontakt zu Stefan aufnehmen könnte. Doch vergessen konnte ich ihn nicht. Wann immer ich Steffen ansah, sah ich seinen Vater. So vieles hatte er von ihm geerbt. Nur wenig von mir. Er war auch völlig anders als Chrissi. Er schlief viel weniger und war oft unruhig und nervös. Ich versuchte ihm alles recht zu machen, verwöhnte ihn in jeder Beziehung. Aber ganz ausgeglichen schien er niemals, ständig greinte und weinte er und war hyperaktiv. So dauerte es nicht lange, und ich geriet durch die Situation wieder enorm in Stress. Die Schule forderte all meine Konzentration, die Rechnungen stapelten sich mehr denn je.
Steffen wuchs täglich, und ich fing an, ihm Bekleidung von Chrissi überzuziehen. Es dauerte nicht lange, und die Behörden kamen dahinter, dass ich Gelder für Anschaffungen bekommen hatte, die ich jedoch nicht gemacht hatte. Meine Studiengebühren interessierten sie wenig, und sie zeigten kein Verständnis für meine Lage. Monatlich wurde mir nun ein kleiner Betrag als Rückerstattung einbehalten. Zudem hatte ich angefangen, einige wichtige Dinge auf Ratenzahlung zu kaufen, und das alles zog den Kreis enger und enger.
Da ich kein Badezimmer hatte, badete ich die Kinder in der Küche. Dazu erhitzte ich Wasser auf dem Herd und schüttete Topf um Topf in eine kleine Waschwanne. Für den Moment klappte das gut, aber was, wenn sie größer wurden? Ein Umzug kam nicht infrage, und ich verzweifelte immer mehr.
Da lernte ich Sabine kennen. Sabine arbeitete in einem Club, wie sie mir freimütig erzählte, sie ging anschaffen. Sie war an die 40 und hatte eine 15-jährige Tochter.
Sie wohnte um die Ecke und bot mir in meiner Not an, mich etwas um ihren Haushalt zu kümmern und ihre Tochter bei den Hausaufgaben zu beaufsichtigen. Ich nahm erfreut an. Meine Situation wurde noch schlimmer. Nun hatte ich meine beiden Racker in einer fremden Wohnung und
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