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Das erste Mal und immer wieder

Das erste Mal und immer wieder

Titel: Das erste Mal und immer wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moos
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Chrissi hingegen fragte, ob seiner auch kommen würde. Das tat mir dann wieder sehr leid. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, rannte ich los. Die Kinder hatten sich angewöhnt, wie wohl alle Kinder, immer den Hörer als Erste abzunehmen, um dann gar nichts zu sagen oder einfach wieder aufzulegen. Ich wurde wütend und schimpfte laut mit ihnen, hatte zu viel Angst, dass ich den Anruf verpasste. Und hatte auch Angst vor dem Anruf.
    Nichts war mehr, wie es war. Dachte ich zurück an jenes Wochenende mit ihm, kam es mir vor, als lägen Welten, gar Jahrhunderte dazwischen. Auch meine ganzen unkontrollierten Sexabenteuer in ebenjener Kneipe fielen mir ein. Ich rechnete nach. Es mussten an die 22 gewesen sein. Ich kam nur auf die Gesichter, Namen kannte ich nur vier. Dann die Tage im Club. Ich konnte wirklich nicht sagen, es wäre alles beim Alten geblieben. Ich hatte seit dem Tag mehr als 900-mal Sex gehabt. Komisch fand ich das selber nicht, aber nachgerechnet habe ich trotzdem.
    Als das Telefon klingelte, wusste ich, bevor ich abnahm, dass er es war. »Hallo?«
    »Hallo, ich bin es, Stefan!«
    Mein Herz raste, die Zeit schien stillzustehen. Mir wurde klar, dass ich diese Stimme niemals vergessen hatte. Sie bohrte sich durch mein Ohr direkt ins Hirn. Mein Atem flatterte, als ich antwortete: »Hallo, Stefan, schön, dass du dich meldest.«
    … schön, dass du dich meldest … mehr fiel mir nicht ein … »Wenn das stimmt, was Alex mir erzählt hat, kann ich mir das gut denken.«
    »Stefan, es stimmt!«
    »Wie ist deine Adresse? Ich bin in 15 Minuten da.«
    Ich nannte Straße und Hausnummer. Er würde kommen! Er wäre gleich da! Ich eilte los und zog den verstörten Kindern die verklebten Sachen vom Leib. Ich überprüfte mein Make-up im Vorbeirennen am Spiegel, zog die Hose aus, einen Rock an, dann doch wieder die Hose. Ich tauschte das Oberteil und räumte das schmutzige Geschirr unter die Spüle. Riss die Fenster auf, nahm die verwelkten Blumen aus der Vase und stellte Kekse dafür hin. Wedelte über den Fernseher und die Lampe. Schmiss die Turnschuhe in die Ecke, Hose aus, Strumpfhose drunter und entschied mich für Pumps. Zu aufgemotzt, Tennissocken über die Füße, ganz lässig wirken und in Hauslatschen rein. Zähne putzen, Glas zerschmeißen … Es klingelte … es klingelt …
    Dann stand er vor mir und ich warf mich um seinen Hals. Beinahe wären wir die Treppe runtergefallen.
    Er umarmte mich und presste mich an sich. Seine Hände waren überall. Auf meinem Rücken, in meinen Haaren, an meinem Arsch. Er küsste meinen Hals und meinen Mund. Wir tränkten uns und konnten kaum voneinander lassen. Er trat einen Schritt zurück und sah mich an.
    »Wo ist mein Kind?« Ich ließ ihn herein und deutete aufs Wohnzimmer. Da saßen meine Engel auf dem Boden und hatten die ganzen Kekse auf dem Boden verteilt. Und einige wohl auch gegessen.
    »Wir sind Bäcker«, sagte Chrissi und lachte mich an. Ich lächelte zurück. Ich nahm ihn auf den Arm: »Ich weiß, mein Schatz, ich weiß, dass du ein toller Bäcker bist.«
    Wir blieben drei volle Tage zusammen. Stefan erzählte mir von seinem Leben vor mir und seinen Beweggründen, aus Neugier und Abenteuerlust mal was anderes auszuprobieren. Aber auch von den Gedanken, die ihn nachts überfallen hatten, nachdem er von Alex von mir erfahren hatte. Er hatte keine Sekunde an dieser Nachricht gezweifelt und daher die erste Möglichkeit genutzt zurückzukommen. Er war glücklich, man konnte es ihm ansehen. Er war stolz auf den blonden Prinzen, und er liebte mich. Und ich begann ihn zu lieben. Wir verschmolzen zu einer Familie, noch ehe die Woche um war. Es war, als wäre es nie anders gewesen. Nichts war zögerlich oder kompliziert, nichts wurde in Frage gestellt oder analysiert. Es war einfach da, wir waren zusammen und wir waren eine Familie.
    Ich klärte ihn über alles, was gewesen war, auf. Verheimlichte auch meine Affären nicht. Nur eines verschwieg ich. Wie ich zu dem fast sorgenfreien Leben gekommen war. Ich zeigte ihm meine Abschlussurkunde und erzählte ihm von einer kleineren Erbschaft, die allerdings fast aufgebraucht war. Ich hoffte, in der Zwischenzeit eine Möglichkeit zu finden, alles zu regeln, … irgendwie …
    Natürlich wollte ich wieder in den »Champagnerkelch«. Alle dort fehlten mir fürchterlich. Aber mir war klar, dass es fast unmöglich war mit Stefan an meiner Seite. So sehr er mich liebte und uns als seine Familie ansah, so eifersüchtig war er auch.

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