Das erste Mal und immer wieder
Lachend ging ich zu Marion. Wir lachten eine Weile darüber und fuhren gemeinsam zurück in die Stadt. Ich setzte sie ab und fuhr noch zur Tankstelle. Ich kaufte dort das neueste Kindervideo und fuhr gut gelaunt nach Hause. Um 10.00 Uhr würde ich zu Tanja fahren, den Tag mit den Jungs verbringen, und abends endlich gingen wir aus. Mit diesen Gedanken legte ich mich schleunigst ins Bett, um nicht wie schon öfter zu verschlafen. Es ging mir gut an diesem Abend, ich war entspannt und hatte keine Ahnung, was in den nächsten Tagen passieren würde.
MEINE SÖHNE
Der Tag verging wie im Fluge. Wir spielten mit den Kindern und aßen selbst gebackenen Kuchen. Tanja hatte jemanden kennen gelernt und hoffte, ihn abends in der Disco wiederzutreffen. Um 22.00 Uhr machten wir uns auf den Weg. Da sie noch in meinem »alten« Viertel wohnte, schlenderten wir auf den ersten Drink in den alten Pub meines Bruders.
Tanja übte eine ungeheure Anziehungskraft auf Männer aus. Sie war klein mit 154 cm und eher dicklich. Sie hatte üppige Brüste und runde Hüften. Und sie hatte ein absolutes »Klein-Mädchen-Gesicht«, wie eine Barbiepuppe, dabei war sie stark wie ein Bär.
Ihr Leben lang hatte sie ähnlich wie ich gekämpft, nur hatte sie es anders vertragen. Sie war mit Leib und Seele Mutter und Hausfrau und so das genaue Gegenteil von mir. Sie war blondiert und hatte, ähnlich wie Andrea, richtige Babykulleraugen. Ihr Mund war schmal, und sie schminkte ihn gern dunkel, wodurch sie immer etwas wie ein Zombie aussah. Aber ein hübscher!
Ich saß allein, während sie zur Toilette huschte, um noch mal Make-up-Kontrolle zu machen, bevor die Disco um 23.00 Uhr öffnete. Da sah ich ihn, Stefans Freund. Seit dem Tag, als ich ins Krankenhaus gefahren war, hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Jetzt winkte ich ihm zu.
Sofort kam er an meinen Tisch. »Hallo, na, alles gut überstanden?«, fragte er mich.
»Hast du schon was gehört von Stefan?« Ich bemühte mich, meine Frage wie eine Nebensächlichkeit klingen zu lassen, und konnte dann die Antwort kaum glauben.
»Er ist wieder da!«
Ich starrte ihn an und sprang auf. »Wo?«, fragte ich, »wo?«
»Na ja, hier ist er natürlich nicht. Aber er ist in Deutschland und auf dem Weg hierher.«
Ich konnte es nicht glauben, Stefan kam zurück! Steffens Vater. Er hatte doch einen Vater! Ich war so glücklich in diesem Moment. »Stimmt das denn auch mit dem Kind?«, fragte mich Alex jetzt. »Natürlich stimmt es!«, sagte ich unwillig. Wie kam er darauf, dass man sich so etwas ausdachte? Männer, dachte ich.
»Also mehr kann ich dir auch nicht sagen! Ich hatte ihn ein- oder zweimal am Telefon, die Verbindung war kurz und schlecht. Aber ich habe ihm erzählt, dass ich dir ins Taxi zur Entbindung geholfen habe und dass es wohl sein Baby wäre. Nun kommt er halt.«
Mir wurde schlecht vor Aufregung. Er wusste es schon, wusste, dass er ein Kind hatte. »Es ist ein Junge, er heißt Steffen«, sagte ich noch und stürmte Richtung Toilette. Ich übergab mich, was das Zeug hielt.
Ich war kein guter Gesellschafter mehr für Tanja an diesem Abend. Ich habe mich fürchterlich betrunken und mir dauernd das Lied »Vogel der Nacht« gewünscht. Ich glaube, den anderen Gästen hing es zum Hals raus. Er würde kommen, ich würde ihn treffen, und vielleicht klopfte das Glück an meine Tür. Daran dachte ich.
Auch daran, was er wohl sagen würde zu seinem Sohn? Und zu der ganzen Geschichte im Allgemeinen? Ich war sicher, er würde sich freuen. Dass ich mittlerweile eine Dirne geworden war, jeden Abend mit mehreren Männern schlief, um Geld zu verdienen, und mich dabei pudelwohl fühlte, daran dachte ich nicht.
Ich hatte auch schlechte Erfahrungen damit gemacht. Natürlich kam mein Bruder eines Tages dahinter und ist beinahe ausgerastet. Er verbot mir sein Haus, solange ich »so eine« war.
Ich war happy und konnte jetzt wiederum kaum erwarten, nach Hause zu kommen. Vielleicht würde er schon bald anrufen? Wo mochte er sein in Deutschland? Ob er mit dem Zug reiste? Ich hatte keine Ahnung, freute mich nur, freute mich wahnsinnig. Es war mir, als würde ich dem Schicksal die Zunge rausstrecken.
Es vergingen zwei Tage, bevor er endlich anrief. Ich hatte mich kurzerhand eine Woche krank gemeldet, um seinen Anruf nicht zu verpassen. Die Kinder genossen meine Anwesenheit, und wir alberten und tollten in der Wohnung umher.
Ich erzählte Steffen, dass sein Papa kommen würde, aber er verstand natürlich nichts.
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