Das erste Mal und immer wieder
Ecke auf der Insel, wusste, wer wo »in« war. Kannte die Ecken, »wo man sich traf«, war immer »hip«, immer dabei. Er war jemand Wichtiges, auf dessen Anwesenheit Wert gelegt wurde. Er fehlte auf keinem größeren gesellschaftlichen Vergnügen, taumelte von einem »Glücksfall« in den nächsten und liebte das Leben und saugte daran. Und das Leben nährte ihn an seiner Mutterbrust, ließ ihn niemals hungern. Er war ein Kind des Glücks und der Freude, man sah es ihm an, und er strahlte es aus.
Nachdem ich wieder allein an meiner Theke stand, dachte ich über ihn nach. Er hatte mir gefallen, war frech, überheblich und anmaßend gewesen, »irgendwie …«, er taumelte durch meine Gedanken. Ja, ich würde ihn gern näher kennen lernen. Wenigstens mal auf »’ne Nummer«, witzelte ich in mir, das wäre mal eine schöne Abwechslung, dachte ich. Sex hatte ich schon länger keinen mehr gehabt, und meine »Starre« hatte sich gelöst. Ich war mir sicher, fühlte ab und an wieder »die Frau« in mir. Dachte, »wieso eigentlich nicht«, und ließ es darauf ankommen. Und handelte umgehend.
Ein Date, ich raste bei nächster Gelegenheit los und kaufte mir ein sexy »Ausgehkleid«. Noch am selben Abend betrat er erneut mein Lokal. Beugte sich siegessicher grinsend über das Holz. Wusste, er hatte in jedem Fall Aussicht auf Erfolg. Und ich zögerte nicht und griff umgehend zu. Nachdem ich mein Lokal geschlossen hatte, machten wir uns »on tour«. Er führte mich von einer Neueröffnung zur nächsten, und wir schütteten uns mit Drinks voll. Er war ein geistreicher, witziger Unterhalter. Ein aufmerksamer dazu, und ich fragte mich, ob ich ihn falsch eingeschätzt hatte. Er war höflich, behutsam und nett. Ich amüsierte mich wie schon lange nicht mehr und plauderte harmlos über meine imaginäre »normale« Vergangenheit.
Er strahlte Charme und Sexappeal auf mich aus, und ich wollte ihn unbedingt. Der Gefahr, dass meine schon jetzt intensive Verliebtheit mich direkt in einen One-Night-Stand führen könnte, der mir danach gefühlsmäßig schwer zu schaffen machen könnte, war ich mir bewusst. Aber der Alkohol fegte solche Zweifel weg. Ich genoss, ließ mich führen, ließ mich gehen. Es gab keine Fragen, keine Antworten. Wir wussten beide, das Ziel ist sein Bett.
Er wohnte »schickimicki«, natürlich im abgelegenen Bergdorf, aber mit allen Schikanen. Eindeutig Junggeselle, schoss es mir durch den Kopf. Seine Einrichtung spiegelte seine Persönlichkeit wider. Schwarzes Leder, Chrom, Marmor und klassische Musik. Sein Bett war eine eigene Insel, eine Extraanfertigung. Riesig, kuschelig und frisch bezogen. Sein Badezimmer mit allem, »was Mann so braucht«. Eine Ansammlung der edelsten Marken und, wie ich richtig vermutete, Geschenke verflossener Damen, denen er das Herz gebrochen hatte. Und obwohl alles da war, war es doch angenehm leer, nichts Überfülltes oder Enges.
»Wein oder Prosecco?« Wir entschieden uns direkt für das Bett.
Es war ein Fiasko. Nur ein Kondom ließ sich finden, und das war kaputt. Wir bemühten uns redlich, aber es war ein gemeines »Herumgewürge« und »Rumgemache«.
Nichts ging wirklich, und wir gaben frustriert auf. Während er bald selig in tiefste Träume fiel, dachte ich nach. Nach Hause konnte ich nicht, hatte mir nicht mal den Namen des Dorfes gemerkt. Das Auto hatte ich eh nicht mit, und ich wäre auch viel zu betrunken gewesen. Meine Strümpfe waren im Eifer der Nacht zerrissen, mein Make-up über mein Gesicht verschmiert. Keine Zahnbürste und auch sonst nichts, um mich herzurichten. Egal, ich war müde. Mein Welpe würde den Weg auf die Terrasse finden, und so beruhigte ich mich und schlief alsbald neben ihm ein.
Als ich erwachte, fühlte ich mich grässlich, und ein Blick in den Spiegel ließ schlimmste weibliche Albträume wahr werden. Ich wollte nur nach Hause und das schnell. Natürlich fuhr er mich direkt. Als Frühstück waren nur Joghurtdrinks und Müsliriegel zu finden, danach wortlos die Fahrt.
Irgendwie gab es nichts zu besprechen, ich fühlte mich gehemmt und hatte kaum noch Erfahrung in Gefühlsangelegenheiten. Nach einem erneuten Treffen wagte ich nicht zu fragen. Ich war sicher, er war genau wie ich genervt und uninteressiert an einer weiteren Kampfhandlung wie letzte Nacht. Und trotzdem wollte ich ihn gern wiedersehen. Vor meiner Kneipe setzte er mich ab.
»Mach’s gut, tschüss«, und schon war er in seinem Mercedes davongebraust. In gewisser Weise erniedrigt,
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