Das erste Mal und immer wieder
mittlerweile völlig verängstigt. In der Tiefgarage angekommen, zerrte man mich unsanft aus dem Auto und brachte mich in einen »Fotoraum«. Eine Beamtin kam, drehte mein Gesicht und schoss Fotos. Meine Fingerabdrücke wurden genommen. Niemand sprach mit mir. Ich fragte mich, wo Tommy blieb, und versuchte nicht durchzudrehen.
Man brachte mich drei Treppen tiefer in eine Einzelzelle. Ich war jetzt völlig panisch und konnte mich nur mühsam zusammenreißen. Mir gegenüber befand sich eine Sammelzelle. Es waren an die acht Männer darin, alle grölten und schlugen gegen das Gitter, als sie mich sahen. Anscheinend war ich die einzige Frau hier unten. Meine Zelle war ein vier Quadratmeter großer, komplett in Weiß gekachelter Raum. Selbst die Liege war ein weiß gekacheltes Podest, man drückte mir eine richtige alte Pferdedecke in die Hand. Das war es. Tür zu, Licht aus. Ich saß im Knast!
Die Wände meiner Zelle waren nicht aus Gittern, sondern aus Stein. Lediglich die Tür hatte oben im Plastik ein kleines Guckloch. Wann immer ich verheult herausschaute, begannen die Gefangenen mir zuzuzwinkern, und einige fingen an zu tuscheln und bewarfen mich mit »fremdländischen Koseworten«. Einige wichsten ungeniert, während sie mich anstarrten, und einer urinierte schamlos durch die Stäbe auf den Flur hinaus. Nach der Panik kam der Schock. Er ließ mich unbeweglich und steif werden. Ich kuschelte mich in die stinkende Decke und versuchte, die Augen zu schließen. Mein Herz hämmerte. Was, wenn die Beamten die Türen öffnen würden? Was, wenn all die Männer meine Zelle stürmten? So und ähnlich fantastisch kreisten meine Gedanken in jener Nacht.
Irgendwann wurde es heller, draußen war Licht gemacht worden. Die Luft hier unten war schwül. Dicke, mit Tropfen behängte Rohre zierten die Decke. Es war ein Keller; so viel war mir klar. Anhand der Stufen, die ich gegangen war, musste er zwei bis drei Stockwerke unter der Erde liegen. Jede Treppe war wiederum mit Gittertüren versperrt, und im Traum malte ich mir die schlimmsten Feuerszenarien aus, stellte mir Rettungsaktionen vor, die nicht durchführbar waren, und wähnte mich schließlich dem Tode nahe.
Dem Lichtschein folgte ein Brötchen mit Käse, das mir durch den Spalt in der Tür gereicht wurde. Es war trocken und hart, ich hatte Durst und verlangte ungehört etwas zu trinken. Nach einer Zeit, die mir ewig erschien, wurde ich wieder nach oben gebracht. Endlich ein Polizist, der Deutsch konnte und nett zu sein schien. Er bot mir eine Zigarette an. Da unten in meinem »gekachelten Kabuff« hatte ich mich noch gewundert, dass ich seit Jahren überhaupt keinen Drang zu rauchen verspürt hatte. Ich griff zu und versuchte erneut zu erklären, dass hier ein schlimmes Missverständnis vorliegen müsse. Doch der Polizist wiegelte ab: »Ja, das ist immer allen klar: Ich war nur ein Opfer! Aber auch Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.« Endlich begann er, mir alles zu erklären.
Die beiden mir bekannten Herren, meine »Vermieter«, waren nicht die rechtmäßigen Besitzer. Der wirkliche Eigentümer befand sich derzeit in Deutschland und hatte keine Ahnung, dass noch Schlüssel im Umlauf waren. Die Sachen, die ich gekauft hatte, gehörten ihnen nicht. Es war somit Hehlerware, die ich erworben hatte. Des Weiteren war auch die Wohnung nicht ihr Eigentum. Sie hatten sie für den Zeitraum von vier Monaten von einer Spanierin gemietet, und diese hatte, auf Grund fehlender Mietzahlungen, jetzt die Tür öffnen lassen. Was sie fand, war meine Habe, und sie rief die Polizei, aus Angst vor Betrug und vor Einbrechern.
Ich schlug die Hände vors Gesicht. Ich hatte Verträge gesichtet, Hausschlüssel gesehen und war trotzdem geleimt worden. Zudem hatte ich alles verloren, die Sachen mussten natürlich zurück, und mein Flugtermin war geplatzt. Ich konnte niemandem Bescheid geben und war inhaftiert. Ich konnte es kaum glauben. Aber die Qual war noch nicht zu Ende. Es wurde eine Durchsuchung der Gaststätte sowie der Wohnung angeordnet. Auch meine persönlichen Sachen mussten inspiziert werden, alles sollte aufgelistet werden.
Und ich kam nicht frei. Musste mitgehen und Dinge benennen, die ich gekauft hatte. Und das alles in Handschellen. Tommy durfte nicht zu mir, hatte eine Tüte mit Keksen und Wasser abgegeben. Das Wasser bekam ich, und durstig trank ich alles aus. Dann fuhren wir los.
Der Spuk dauerte drei volle Tage. Ich musste bleiben, wo ich war, bis alles »gelistet und
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