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Das erste Mal und immer wieder

Das erste Mal und immer wieder

Titel: Das erste Mal und immer wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moos
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hinter mir her, las mir erneut Geschichten vor und kochte für mich Suppe und Kakao.
    Wenn ich ihm erklären wollte, wie leid es mir täte und dass ich selber nicht wüsste, was mit mir los sei, wiegelte er ab: »Egal, Mama, ich pass auf dich auf.« Ich wusste nicht, woher er immer wieder diese grenzenlose Liebe zu mir nahm, selbstverständlich für mich da war. Diese unerklärbare tiefe Verbundenheit, die zwischen uns herrschte.
    Ich wusste, ich laufe direkt in ein gemeines Ende meines Glücks, aber ich kam gegen mich selbst nicht mehr an. Immer wieder raffte ich mich auf, bat Tommy um Verzeihung, bat um mehr Zeit, bat um seine Liebe. Und er gewährte sie mir – wie auch alles andere.
    Aber sein Interesse ließ dennoch deutlich nach. Ich spürte, dass ich dabei war, ihn zu verlieren, was mich direkt noch tiefer in mich fallen ließ. Er begann mich zu betrügen, ich wusste es. Er tat es, wie er dachte, unmerklich, leise und im Verborgenen. Aber dennoch merkte ich es, und ich war ihm nicht mal böse. Ein gesunder junger Mann. Gefesselt in einer Beziehung mit einer Depressiven und ohne Sex. Klar, das konnte nicht gut gehen auf Dauer. Und es waren Monate vergangen, seitdem wir uns so richtig ineinander gleiten ließen.
    Ich bekniete jeden Arzt, mir zu helfen.
    Bekam schließlich starke Antidepressiva und davon immer mehr. Mein Glück rutschte mir durch eigene Schuld aus den Händen, und ich konnte es nicht mal mir selbst erklären. Und bald begann ich mich dafür zu hassen!
    Als ich das Bügelbrett und die Kosmetika sah, wurde mir klar, dass es eine Entscheidung für ihn war. Er hatte eine Grenze gesetzt. Ich stopfte mir die Tabletten rein und schaffte es, mich zurecht zu machen. Es würde schon gehen, ich war auf dem Weg, mich zu überlisten, und ich wollte mein Leben nicht kampflos aufgeben.
    Im Wagen zu dem Fest war es dann so weit. Ich bekam Herzschmerzen und wahnsinniges Herzrasen.
    In meinem Kopf spielten tausend Trommeln ihre schmerzhafte Melodie, und ein Stich in der Brustgegend ließ mich zusammenknicken. Tommy handelte sofort, bog von der Autobahn direkt zum nächsten Krankenhaus ab. Die Ärzte behandelten mich zuerst auf einen, wenn auch unwahrscheinlichen, Herzanfall hin. Und es war keiner. Nur kurze Zeit nachdem wir in Panik dorthin gefahren waren, ließen meine Symptome nach. Ich fühlte mich erlöst. Frei und doch »verschreckt«. Man verschrieb mir Beruhigungsmittel, Tommy brachte mich nun doch besorgt nach Hause. Versprach mir, mich nicht mehr unter Druck zu setzen. Blieb bei mir den ganzen Abend und kuschelte mich in den Schlaf.
    Nach diesem Tag zog das Schicksal seine Schlinge unaufhörlich zu. Immer öfter bekam ich nun solche Attacken, gemischt mit Schweißausbrüchen, Ohnmachtsanfällen und Herzrasen.
    Kein Arzt konnte was finden, und immer, wenn ich dort ankam, verflogen die Anzeichen von selbst. Die Wohnung zu verlassen war mir oft unmöglich. Mein Bewegungsradius schränkte sich täglich mehr und mehr ein.
    Mein Leben verwandelte sich in eine Hölle. Hatte ich keine Attacken, verfiel ich in tiefste Depression. Sagte kein Wort, starrte stundenlang auf einen Punkt, nahm nichts mehr um mich herum wahr. Nachts schreckte ich geweckt von diesen Anfällen aus dem Schlaf hoch, lief raus auf die Straße und hielt rufend und winkend alle Autos an. Tommy war machtlos und hilflos. Mein Sohn war immer da. Er schlief mit mir im Bett, streichelte mein Gesicht, wiegte mich in seinen kleinen Armen hin und her. Mein Hund kroch zu mir unter die Decke, schmiegte sich an mich, wärmte und suchte mich zu beschützen. Ich krallte mich in Todesangst in seinem Fell fest, klammerte mich halb ohnmächtig an meinen Sohn und nahm Tommy fast gar nicht mehr wahr.
    Er führte irgendwann sein Leben weiter. Ich sah ihn, sprach mit ihm, schlief manchmal neben ihm. Aber ich war in einer anderen Welt, und er war längst nicht mehr bei mir. Ich hatte ihn verloren.
    Als ich endlich begriff, dass ich mir selber auf keinen Fall mehr helfen konnte, dachte ich an Selbstmord. Aber mein Sohn und seine aufopfernde Liebe und immerwährende Fürsorge ließen mich diese Gedanken schnell begraben. So blockierte ich mein Inneres mit Tabletten in immer höheren Dosen und hoffte auf ein Wunder. Und diese Wunder hatten sich bereits auf den Weg zu mir gemacht.
    Seit Stunden saß ich nun schon auf dem Stuhl. Mein Körper war steif wie ein Brett. Als es klingelte, konnte ich nicht aufstehen. Bald würde mein Sohn aus der Schule kommen, ich wartete.

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