Das erste Mal und immer wieder
das ich mich hätte schämen müssen. Und so landete ich bald darauf wieder auf dem Flughafen der Insel, die jetzt mein Zuhause war.
Die Domina, die jetzt unaufhörlich in meinem Inneren kratzte und geboren werden wollte. Aber noch immer war ich nicht wirklich bereit. Da gab es noch so viel mehr für mich zu tun! Tommy sah ich schon von Weitem und auch meinen Sohn. Ich lief überglücklich die letzten Meter und riss das Kind an mich. Wir weinten, doch es waren Tränen der Freude und des Glücks. Wir waren wieder zusammen, und diesmal würde uns nichts mehr trennen …, dachte ich … und irrte mich schon wieder.
Tommy und ich sprachen über alles. Vergeblich. Wir fanden keinen guten Weg mehr, zusammenzubleiben. Ganz schroff reagierte er nicht auf meine Geständnisse, machte aber dennoch kein Hehl daraus, dass ich als Ehefrau auf keinen Fall infrage käme. Und ich war ihm nicht böse. Lernte, dass es Menschen gibt, die nicht alles tolerieren. Ich war ihm dankbar. Er hatte sich um alles gekümmert, was mir am Herzen lag. Meinen Sohn hatte er vorbildlich versorgt, und mein Hund war zu einem riesigen, kräftigen Rüden geworden.
Fürs Erste nahm ich mir eine zufällig frei gewordene Wohnung im selben Haus. So konnte Chrissi bei uns beiden ein- und ausgehen. Viel Zeit hatte ich nicht. Mein Bargeld war zu Ende, und Tommy hatte schon viel zu viel gezahlt. Christopher wollte unter keinen Umständen zurück nach Deutschland. Ich verstand ihn und freute mich an seiner Energie, an seiner guten Laune. Auch in der Schule war er einer der Besten. Er ging nun aufs spanische Gymnasium und hatte einen riesigen Freundeskreis.
Nein, mir war klar, er war hier zu Hause. Auch Tommy hing an dem Jungen. Viele seiner Charakterstärken waren auf das Kind abgefärbt. Sie waren sich ähnlich geworden, und ich wusste, für Christopher ist es gut so.
Zu seiner äußerst labilen Mutter hatte er einen gesunden, starken Ausgleich gefunden. Den hatte er gebraucht und einen Vater sowieso. Also rief ich Tina an und war eine Woche später wieder in der Bar.
Aber nicht nur bei mir, auch hier hatte sich alles verändert. Die Männer blieben nach den fetten Jahren aus. Woanders war es günstiger, es gab jetzt viele neue Bars und viele neue Mädchen auf der Insel aus der ganzen Welt. Mädchen vieler Nationalitäten tummelten sich nun in den Clubs und den Puffs. Die Preise für Liebesdienste waren in den Keller gerutscht. Verdiente eine Tschechin zum Beispiel in ihrem Heimatland 300 DM monatlich als Lehrerin, war klar, dass sie bereit war, sich für 50 DM eine Viertelstunde einem Mann hinzugeben. Bis sie alle bemerkten, dass dafür das Leben um sie herum viel teurer war, als bei ihnen zu Hause. Aber da war es schon zu spät.
Es war eine endlose Feilscherei um jede Mark geworden, die Männer stellten Bedingungen und gaben die Preise vor. Sie ließen uns zappeln und betteln um jedes Glas und um jedes Zimmer. Oft gab es jetzt Razzien. Viele Mädchen hatten keine Papiere und wurden inhaftiert; für manche kamen neue. Und andere kamen heimlich zurück. Viele Luden, insbesondere aus Deutschland, brachten ganze Wagenladungen Frauen hierher und nach überall. Aber es waren nicht die, die ich kannte. Nicht die Besonnenen, die Fürsorglichen, die guten »Alt-Luden«, die auch ein »Nein« akzeptierten oder ihre kranke Frau pflegten. Mit denen man auch lachen konnte, die da waren, wenn es »eng« wurde; die ihr Geld längst verdient hatten und auch mal einen Urlaub oder teuren Schmuck springen ließen.
Was jetzt ins Milieu einschwirrte, waren die Jungen, die Aggressiven, Brutalen. Die »Heiermann-Luden«. Die Fünfmarkstypen, die keine Ehre und keine Achtung in sich hatten. Oft nicht älter als Anfang 20 und die meist aus Nachbarländern stammten. Die für 20 DM jeder Frau ins Gesicht schlugen. Sie schickten kranke Frauen, Frauen die aus Liebe kamen, Frauen, die den Job hassten, und Frauen, die gezwungen wurden. Es war ekelhaft und entwürdigend. Und es war schwer, sehr schwer, Geld zu verdienen.
Nach der Arbeit, am frühen Morgen, zog es mich an den Bratwurststand eines alten Bekannten. Dort lungerten dann die jungen Touristen rum, betrunken und geil. Hatten in der ewig langen Disconacht »keine abbekommen« und waren auf Grund ihres starken Alkoholkonsums nicht in die Bars gelassen worden. Dieses war nun mein Hauptgeschäft. Ich nahm sie nacheinander in meinem Auto mit.
Hier einen Fünfziger fürs schnelle Blasen, hier einen Achtziger für eine »Nummer im
Weitere Kostenlose Bücher