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Das erste Mal und immer wieder

Das erste Mal und immer wieder

Titel: Das erste Mal und immer wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moos
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verschwendet, wie ich fand. Ich wollte einfach nur gesund sein und zurück nach Hause. Mit dem Willen, gesund zu werden und mich aus meiner Opferrolle zu befreien, begann meine Genesung.
    Ein Zwischenfall warf mich zurück. Im Rahmen meiner Therapie schrieb ich einen Brief an Steffens Eltern. Ich bat sie um Informationen und Bilder, um damit zu beginnen, alles zu verarbeiten, was ich bis dato verdrängt hatte. Mir war klar, dass die Adoption im tiefen Zusammenhang mit meinem weiteren Leben stand. Genauso wie die Verdrängung der Situation damals jetzt Auslöser für alles sein konnte. Und ich bekam einen netten Brief, der mich wissen ließ, was Steffen so machte. Es kamen Fragen nach Bildern von mir und seiner »alten« Familie. Die Gewissheit, dass er »aufgeklärt war«, wusste, dass er ein Adoptivkind war. Bilder, die ihn mit Kommunionskerze, lachend mit seinem Pflegebruder, Sand schaufelnd an den Stränden Ibizas zeigten. Ich brach erneut zusammen und bekam einen Zeitzuschlag.
    Was nun noch folgte, war die Erkenntnis, dem Glück mit Tommy nicht zu trauen. Im Inneren zu wissen, dass er meine Vergangenheit, sollte er alles herausfinden, nicht akzeptieren würde. Die Angst, alles zu verlieren, nahm mir die Kraft, überhaupt erst etwas aufzubauen. Seine Liebe zum sorgenfreien Leben, seine Art, die Dinge zu regeln und damit fertig zu werden, ließen meine Schwäche und mein Versagen für mich überdeutlich werden. Und noch eines wurde mir klar: Die Krankheit hatte mich geschützt vor der Trennung, die nun unweigerlich bevorstand. Tommy würde gehen, so viel war sicher. Er hätte es längst getan, wenn ich gesund gewesen wäre. In langen Gesprächen wurde mir selbst bewusst, wie verschieden wir und auch unser Leben waren. Dass viel von der Zeit, die ich glücklich und scheinbar unbeschwert neben ihm verbracht hatte, einem Kompromiss entsprang. Einem, den ich mochte, in dem ich meine Vergangenheit verleugnete, viele Jahre meines Lebens in mir vergrub und einfach verdrängte. Jahre, die hinter mir lagen, konnte ich nicht einfach auslöschen oder ungeschehen machen. Nicht mal in Gedanken. Auch das hatte mich krank gemacht.
    Tommy wusste nicht viel von meinem Leben, ich erzählte alles nur unwahr oder halb, weil ich instinktiv begriff, dass er mich dann nicht mehr akzeptieren konnte. Nicht mehr als seine Frau. So weit war ich mir sicher.
    Nach sechseinhalb Monaten verließ ich nur ungern den mir lieb gewordenen Arzt, die netten Schwestern und die ganzen Menschen, mit denen ich sehr nahe zusammengewachsen war. Ich war »gesund«!
EINE GUTE HURE
    Die nächsten zwei Wochen genoss ich meine wiedererlangte Freiheit. Ich blieb noch bei meinem Bruder wohnen und erfreute mich an jedem Tag, ja, genoss jede Stunde. Ich fühlte mich wie neugeboren, und jeder Tag war wie eine kleine Feier für mich.
    Am Telefon hatte ich von einer Bekannten erfahren, dass Tommy mit hübschen Frauen gesehen wurde. Er gab es auch direkt zu, spielte es herunter, sprach von Urlauberinnen und One-Night-Stands. Aber auch von seiner Sehnsucht nach mir und seiner Freude, mich bald wiederzusehen.
    Alles lief wie am Schnürchen, Christopher war gesund und munter und liebte Tommy wie einen Vater, sah zu ihm auf, verehrte und bewunderte ihn. Ich hörte zu und freute mich auf alles.
    Aber erst mal noch würde ich Stefan treffen. Die Bilder wollte ich ihm zeigen, und dass ich gesund war, sollte er wissen. Er kam am Abend in die Wohnung meines Bruders, und wir fielen sofort wie zwei Halbverhungerte übereinander her. Liebten uns animalisch, tauchten ineinander und waren von unseren Gefühlen wieder verzaubert wie einst. Dass er an allem letztendlich schuldlos war, auch das hatte ich gelernt, und als er wieder und wieder in mich eindrang, hatte ich ihm endlich alles vergeben. Und er vergab mir. Danach sahen wir die Bilder an, lasen den Brief immer und immer wieder und beschlossen, auch Bilder zu schicken. Aber das haben wir uns dann doch nicht getraut. Ein Schnitt in die endlich verheilende Narbe erschien uns undenkbar. Wir verbrachten dann einige Tage und Nächte zusammen. Stefan schenkte mir zum Abschied eine komplett neue Garderobe, farbenfroh und sportlich, passend zu meiner wieder erstrahlten Seele.
    Ich flog zurück ans Meer. Und mit mir flogen meine neuen Pläne. Ich würde nichts mehr verschleiern, würde zu dem stehen, was ich eigentlich war. Ich war eine Hure, eine gute Hure. War es irgendwie ja immer gewesen, und ich war stolz auf mich. Es gab nichts, für

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