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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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ihrer Gruppe hielt. »Dann wirst du mir also
     sagen, junger Walder, was euch veranlasste, den Schutz eurer Bäume aufzugeben und euch in die weiten Ebenen hinauszuwagen?«
    Nicht zu antworten, schien undenkbar. Erle bewegte sich unbehaglich unter dem stechenden Blick und sagte: »Unser Vater wurde
     brutal überfallen.« Schwer wie Steine polterten seine Worte in die erwartungsvolle Stille. »Drei Mordbuben waren es. Sie haben
     unser Heim niedergebrannt, ließen unseren Vater, den sie für tot hielten, liegen und sind voller Angst um ihr elendes Leben
     geflohen. Diese Söldner-Frau bot meinem Bruder und mir an, die Angreifer aufzuspüren.«
    »Euer Vater   ...?« Dagmara betrachtete ihn, als versuche sie mit Blicken herauszufinden, ob seine Geschichte der Wahrheit entsprach. »Wie
     heißt er? In welchem Haindorf seid ihr zuhause?«
    »Unser Vater ist Kyth der Schmied«, antwortete Erle. »Der Schmied von Eichenhain.«
    |337| »Warte!«, rief eine Stimme in den hinteren Reihen. »Ich kenne diese beiden Jungen! Sie sind die Söhne des Schmieds. Er beschlägt
     unsere Pferde!«
    Mit diesen Worten trat der Sprecher vor – ein kleiner, muskulöser Mann, und so krummbeinig, wie es von jemandem zu erwarten
     war, der sein ganzes Leben im Sattel verbracht hatte. Eine Narbe zerteilte seine rechte Augenbraue, zurrte die Augenhöhle
     wie vernäht zusammen und setzte sich als tiefe Einkerbung über die Wange bis zum Kiefer hinab fort.
    Skip reckte sich. Er kannte diesen Mann. Megor hieß er, und er war einer jener Cha’ori-Herdenhüter, die bis zu dem harten
     Winter vor einem Jahr öfter zur Schmiede gekommen waren. Danach hatte er ihn nie wieder gesehen.
    »Unsere Pferde haben keine Hufeisen mehr nötig, Megor«, sagte Dagmara streng und – warum auch immer – verstimmt über die Einmischung.
     »Und die Tatsache, dass du diese Jungen kennst, macht sie nicht vertrauenswürdiger.«
    »Wie kommt ihr denn mit
unbeschlagenen
Pferden zurecht?«, fragte Erle mit echtem Interesse.
    Dagmara sah ihn einen Moment lang an. »Das muss nicht deine Sorge sein, Sohn von Kyth-dem-Schmied«, beschied sie ihm abweisend.
     »Du erinnerst dich ihrer Namen, Megor?«
    »Der große Blonde – er heißt Erle«, gab Megor eifrig zur Antwort und sein durch die Vernarbung zweigeteiltes Auge funkelte
     vergnügt. »Und der Gutaussehende mit den dunklen Haaren – das ist Skip.«
    »Sie sehen mir nicht allzusehr nach Brüdern aus«, bemerkte Khamal und brach damit zum ersten Mal sein Schweigen. Anders als
     Dagmara sprach er nicht leise und sanft, sondern mit dunkler, grollender Baritonstimme, die Skip unwillkürlich an Rauch mit
     stählernen Dornen denken ließ; gewiss verstand man bis in die hintersten Reihen jede noch so kleine Nuance dessen, was er
     sagte.
    |338| »Ja!«, rief ein jüngerer Krieger aus der Runde zustimmend. »Noch sehen sie wie richtige Walder aus, trotz ihrer Walder-Kleidung.
     Der Große – es fehlte nicht viel und man könnte ihn für einen shandorianischen Edelmann halten. Und der Kleinere, er ist erst
     recht ein merkwürdig aussehender Junge, soviel steht fest. Dunkle Haare und blaue Augen   ... was für eine ganz und gar unmögliche Verknüpfung!«
    »Ihr wisst, was man sich über die Waldlande erzählt«, warf Kara ein.
    Die Cha’ori verstummten; viele nickten. In diesem Moment hätte Skip sein Leben gegeben für einen Hinweis darauf, was sie mit
     dieser Andeutung meinte, doch bezähmte er Neugier wie auch vorschnelle Zunge und stellte keine Fragen.
Nicht jetzt,
dachte er, und es klang wie eine Beschwörung.
    »Und wer ist
sie
?«, fragte Dagmara Erle und nickte in Ellahs Richtung. »Deine Schwester? Deine Frau?«
    Erle war verblüfft. Ellah errötete und senkte den Blick.
    »Sie ist unsere Freundin«, sagte Skip laut und deutlich. Er war der Rolle des duldsamen Beobachters müde und so auch dieser
     Runde und ihrer Fragerei! Als könnte nicht jeder von ihnen für sich selber sprechen! Er wusste, die Cha’ori waren von höchster
     Stelle für gottlos erklärt worden, und somit stand es ihnen rein formal natürlich zu, einen jeden aus Tallan Dar als Feind
     zu betrachten, andererseits jedoch schien dieses Misstrauen einer Gruppe junger Leute gegenüber, die soeben das Leben eines
     ihrer Kinder zu retten geholfen hatten, reichlich übertrieben. Davon abgesehen hatte Megor unmissverständlich klargestellt,
     dass er sich an Erle und ihn erinnerte. Skip jedenfalls erinnerte sich gut an Megor – diese Narbe

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