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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Gewicht nach hinten.
    Die graue Stute bäumte sich in vollem Galopp auf, ihre Hinterläufe knickten ein, bis sie mit der Hinterhand samt Schweif fast
     über den Boden schrammte. Das Cha’ori-Pferd tat einen erschreckten Satz zur Seite. Eines seiner Vorderhufe rutschte über den
     Abgrund des Steilhanges hinaus, doch zum Glück war sein Gewicht noch auf sicherem Grund gelagert. Das Tier strauchelte nach
     rechts hinüber – dann tauchte es in einem Gewirbel aus Hufen und Schweifen Seite an Seite mit Shadow wieder aus den Staubschleiern
     auf. Beide entfernten sich nun vom Fluss – bis das verrückte Pferd sich neuerdings herumwarf und die Richtung wechselte. Schwarz
     wie die Nacht war es; ein prächtiges Tier.
    |332| Skip stieß Atem aus, den er gar nicht bewusst in sich zurückgehalten hatte. Er starrte Kara hinterher, die Shadow in gemächlichen
     Trab zügelte und, einen schützenden Arm um das gerettete Kind vor sich gelegt, darauf wartete, dass die Cha’ori sie einholten.
    Jemand riss an Skips Schulter. »Das Pferd!«, brüllte Erle. »Los! Schnell!«
    Skip fuhr herum und hatte schon begriffen. Das fliehende Pferd galoppierte, von seiner winzigen Last befreit, geradewegs in
     ihre Richtung.
    Erle schlitterte bereits wie ein außer Kontrolle geratener Rammsporn den Abhang in die Or’hallas hinab. Ohne nachzudenken,
     stürzte Skip ihm hinterher. Sie waren beide keine besonders guten Reiter, doch in der Schmiede zu arbeiten, hieß, geübt zu
     sein im Umgang mit nervösen, scheuenden Pferden. Stets war es ihre Aufgabe gewesen, sicherzustellen, dass die Tiere stillhielten,
     während der Vater das Hufeisen anpasste. Sie wussten, was zu tun war.
    Skip rannte jenem allerletzten Ausläufer der Hecke entgegen, der sich wie das lose Ende einer Kette über den Hang herab und
     in die Graslande hinausschlängelte. Dort angekommen, verharrte er reglos. Das schwarze Pferd hielt genau auf ihn zu.
Ein Hengst,
dachte Skip noch,
es ist ein Hengst – und was für einer. Riesengroß.
Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass auch Erle seine Stellung einnahm. Kaum wahrnehmbar nickte der Bruder zu ihm herüber.
    Skip schätzte die Geschwindigkeit des Pferdes und zählte im Stillen. Drei – vier – fünf –
    Und dann sprang er hinter dem Busch hervor und kreischte und brüllte und hüpfte auf der Stelle und schwenkte die Arme und
     machte sich so groß, wie’s ihm nur gelang. Der Schwarze bäumte sich vor dem vermeintlichen Angreifer mit angstgeweiteten Augen
     auf und fletschte in Panik die Zähne; weißer Schaum troff aus dem weit aufgerissenen Maul.
    |333| Doch der tödliche Angriff, den Skip schon voraussah, erfolgte im letzten Moment nicht. Als der Schwarze sich in einem ganz
     und gar verrückten Bocksprung zur Seite und an ihm vorbeischnellte, war Erle bereits zu Stelle. Ganz ruhig und überlegt trat
     er heran, packte mit der Linken das Zaumzeug des Tieres und zwang seinen Kopf herab.
    Skip ging zu dem Schwarzen hin und ergriff die baumelnden Zügel. Eine Hand auf den dampfenden Hals gelegt, flüsterte er dem
     Tier mit seiner beruhigendsten Stimme ins Ohr. »Pschscht   ... Ruhig, Junge. Ganz ruhig. So ist’s gut. Du bist ein guter Junge.«
    Er streichelte ihm den Hals, ganz ruhig, ganz beherrscht – und da er wusste, dass ein Pferd mehr als alles andere
Angst
zu wittern vermochte, hielt er seine Gefühle eisern unter Kontrolle. Für Angst war später wieder Zeit, nicht jetzt.
Jetzt
gab es nur dieses wunderschöne, aufgebrachte, erschöpfte Tier, sein Prusten, sein immer noch panisch-röchelndes Atmen. Er
     flüsterte ihm Zärtlichkeiten und Lob zu, er streichelte es, besänftigte es. Beruhigte sich selbst. Niemand vermochte es mit
     ihm aufzunehmen, wenn es galt, verängstigte Tiere zu zähmen – einem galoppierenden Hengst, noch dazu einem solch wilden wie
     diesem hier, hatte er sich allerdings noch nie in den Weg stellen müssen. Seine Hand fühlte sich an wie Eis. Warm, sie musste
     warm bleiben, und er ganz entspannt – und tatsächlich vollbrachte er das Wunder. Lächelnd und ganz ohne Worte vermittelte
     er dem Tier dieses neue Gefühl von Ruhe und Frieden.
    Und dann waren sie im Nu von berittenen Cha’ori-Kriegern umringt, die allesamt in ihrer fremden, gutturalen Sprache durcheinanderredeten.
     Einer von ihnen, ein dunkelhäutiger, bartloser Mann mittleren Alters, reichte Skip eine Seilschlinge, und gemeinsam mit Erle
     streifte er sie dem Tier behutsam über den Kopf.
    Kara war nirgends zu

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