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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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das, begriff Skip schon im
     gleichen Moment verlegen, machte es so schwer, auch den Rest zu offenbaren.
    »Sie sagte, dass wir das allesamt besprechen sollten. Sie sagte, wenn wir weiterhin zusammen reisen, dann muss sie mehr über
     unsere Absichten wissen.«
    Erle nickte. »Klug. Und sehr vernünftig. Es ist nur fair, wenn beide Seiten mehr voneinander erfahren. Und ich glaube, jemand,
     der so redet, ist unser Vertrauen auch wert.«
    |446| Skip rutschte von der Bettkante herunter, ging zum Fenster und sah hinaus, wie blind.
Vertrauen,
dachte er.
Oh, Erle!
Wie konnte er ihnen jetzt noch sagen, was er ihnen doch sagen musste? Langsam drehte er sich wieder um.
    »An unserem letzten Abend bei den Cha’ori   ...«, begann er und stockte. Er kam sich vor wie ein verlassenes Kind. Verzweifelt raffte er seine Kraft zusammen. »An diesem
     Abend durfte ich noch einmal mit Dagmara reden. Sie erzählte mir etwas, das auch ihr wissen sollt. Obwohl ich davon überzeugt
     bin, dass sie sich irrt.« Abermals verließ ihn der Mut.
    »Was?«, drängelte Ellah.
    Skip holte tief Luft. »Dagmara ist eine Seherin. Sie hat die Gabe, Dinge vorauszuahnen, nicht genau so, wie sie geschehen
     werden, sie sieht winzige, flüchtige Bilder. Verschiedene Möglichkeiten der Zukunft. Es   ... es ist kompliziert.« Sein Mund fühlte sich an, wie mit Feuer versengt; seine Zunge, seine Lippen versagten ihm den Dienst.
    »Und?«, schnappte Ellah – drohend.
    »Dagmara glaubt, Kara könnte – äh   ... Dass wir nicht mehr länger mit ihr zusammen reisen sollten. Dass sie eine Gefahr für uns darstellt. Ich denke, dass sie
     damit falsch liegt.«
    Er presste die Lippen zusammen. Sie alle schwiegen und bedachten seine Worte.
    Schließlich war es, wie so oft, Erle, der das Wort ergriff.
    »Ich glaube nicht an so etwas wie Weissagung. Das kommt mir viel zu sehr wie   ... wie Magie vor. Ganz egal, was die Cha’ori glauben – wir alle wissen, dass es keine Magie gibt.«
    Skip nickte. Erles Reaktion war nur verständlich. Er war nicht in Dagmaras Zelt eingeladen gewesen, an diesen zauberischen,
     nach Weihrauch duftenden Ort, er hatte sie nicht von
Jenen-mit-der-Gabe
sprechen hören, von den Kindern, die allein eines ihnen innewohnenden Talents wegen zum Tode verurteilt waren. Und auch nicht
     über seine, Skips, |447| Ghaz Alim. Hier, in der Sicherheit dieses Gasthauses, umgeben von lauter vertrauten Gesichtern, musste einem dies alles absurd
     vorkommen.
    Ellah schüttelte gedankenverloren den Kopf. »Ich kenne mich nicht aus mit Magie«, murmelte sie, »und ich hab auch keinen besonderen
     Grund, Dagmara zu glauben, aber eines steht für mich fest: In unserer Situation müssen wir doppelt vorsichtig abwägen, wem
     wir unser Vertrauen schenken.«
    Und als sei dies ein Stichwort gewesen, schwang die Tür auf und Meister Gern trat ein – halb verborgen hinter einem großen
     Kleiderstapel, den er vor sich her balancierte. Er setzte ihn auf Skips Bett ab und betrachtete unsicher ihre Gesichter.
    »Lasst die Kleider einfach da, Meister Gern«, sagte Kara hinter ihm, in der Türöffnung. »Wir kommen allein zurecht.«
    Sie trat ein, wartete, bis der Wirt den Raum verlassen hatte, und schloss nachdrücklich die Tür hinter ihm. Dann begann sie,
     den Stapel durchzusehen.
    »Was ist das?«, fragte Ellah ungläubig.
    Auf dem Bett lagen nun säuberlich sortiert drei abgetragene, sehr eng geschnittene Hosen, drei weit ausgeschnittene Leinenhemden
     von jener Art, wie sie in Jaimir Mode waren, sowie drei robuste Lederwesten.
    »Eure Mäntel könnt ihr behalten«, sagte Kara. »Meister Gern hatte nichts Passendes zur Hand. Er ist damit einverstanden, diese
     Kleidungsstücke hier gegen die euren einzutauschen.«
    In Ellah arbeitete es, und es fiel schwer, zu sagen, ob es Zorn war oder Fassungslosigkeit; Skip hörte ihren gepressten Atem
     und tippte auf Ersteres. Langsam erhob sie sich, ging zu Skips Bett und beugte sich darüber.
    »Was ist das?«, wiederholte sie und hielt eine der drei Hosen auf Armesweite von sich, als sei sie giftig.
    |448| »Meister Gern versicherte mir hoch und heilig, dass sie gewaschen wurde, nachdem ihr letzter Besitzer   –«
    Schweigend nahmen sie die Kleider in Augenschein. Keiner von ihnen verspürte das Bedürfnis, sich nach dem Schicksal ebendieses
     letzten Besitzers zu erkundigen.
    »Du erwartest von mir, dass ich mich wie ein Mann kleide?«, fragte Ellah schließlich.
    »Frauenkleider hatte der Wirt nicht«, erklärte

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