Das erste Schwert
Huschen wieder zur Ruhe zu kommen – in Karas Hand, die sich traumwandlerisch sicher um den
Griff des Säbels herum schloss und ihn wieder zu den anderen Waffen zurücklegte.
Und das alles, ohne den Affenmann auch nur ein einziges Mal aus den Augen gelassen zu haben
, dachte Skip fassungslos und auch ein wenig entsetzt.
Der Affenmann senkte seine Keule.
»Ja, Ma- äh ... Herrin«, sagte er mit unsicherer Stimme.
»Und jetzt – kümmere dich um deine Angelegenheiten«, riet sie im Plauderton und wandte sich bereits Skip, Erle und Ellah zu.
»Kommt!«, sagte sie. »Es ist nicht mehr weit. Ich
verlasse
mich darauf, dass wir das letzte Stück Wegs vollends ohne Zwischenfall bewältigen. Ich kann und will nicht
ständig
auf euch aufpassen.«
Sie nahm Shadows Zügel wieder an sich und setzte sich in Bewegung. Respektvoll tat sich vor ihr die Menschenmauer auf, und
so blieb der Gehilfe des Waffenhändlers allein zurück.
Ellah schloss mit energischen Schritten zu Kara auf und herrschte sie an: »Was sollte
das
denn?« Sie mühte sich sehr, nun ihrerseits einen passablen
Kommandoton
zustandezubringen – doch da es einige Anstrengung erforderte, mit Karas raumgreifenden Schritten mitzuhalten, kam ihr der
Satz doch eher wackelig und begleitet von einem merkwürdigen Keuchen über die Lippen.
»Nur eine kleine Demonstration«, sagte Kara wegwerfend. Skip drängte sich näher an die beiden heran, doch gab es keine weitere
Erklärung zu hören.
»Ja, schon!«, kiekste Ellah. »Aber warum war dieser riesige Kerl plötzlich so verängstigt? Warum nannte er dich
Herrin
?«
|439| Kara lachte kurz auf – ohne echtes Interesse. »Vielleicht kam ihm eine Art Erleuchtung, und er wusste plötzlich, wer der bessere
Kämpfer war.«
Es war eine typische Kara-Feststellung, nicht überheblich, nur nüchtern-selbstbewusst; und damit war wirklich alles gesagt.
Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Einmal wagte es Ellah, vor einem Ladenfenster stehenzubleiben, in dem eine silberne
Halskette mit perlenartigem Verschluss ausgestellt lag. Ein einziger Blick Karas veranlasste sie allerdings flugs, weiterzugehen.
Das Gasthaus
Zum gebrochenen Hufeisen
erwies sich als unauffälliges Gebäude inmitten eines kleinen Stallhofes, den man durch ein reichlich ramponiertes Tor betrat.
Kara führte Shadow unter dem Torbogen durch, leinte sie an einem wackligen Pfosten an, der direkt neben einer massiven Gasthaustür
angebracht war, und ging voran – hinein in einen großen, dunklen Raum.
Der Gegensatz zwischen der Sommerhitze und den lärmenden Straßen einerseits und der kühlen Stille dieses Gastraums andererseits
war beeindruckend. Skip hatte noch keine zwei Atemzüge getan, da tappte der Wirt, ein weißhaariger Mann mittleren Alters,
aus den Tiefen des Raumes herbei und blieb in abweisender Stille mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihnen stehen. Argwohn
glitzerte in seinen wässrigen grauen Augen.
Kara zuckte mit keiner Wimper.
»Meister Gern?«, fragte sie nur, kurz angebunden.
»Ja«, bestätigte der Wirt genauso knapp.
»Ich bin Kara, und das sind meine drei Reisegefährten. Wir brauchen eine Unterkunft – für höchstens zwei Tage.«
Sie griff in einen kleinen Lederbeutel, den sie am Gürtel trug, und händigte dem Mann eine Münze aus. Unschlüssig wurde sie
entgegengenommen, in der Hand gewogen. Soweit |440| Skip von seinem Standort aus zu sehen vermochte, war es eine ganz gewöhnliche Kupfermünze. Dann hob der Mann sie prüfend vor
die Augen.
Binnen eines einzigen Wimpernschlages veränderte sich die bislang so griesgrämig-abweisende Miene vollkommen. Geradezu ehrfürchtig
schaute er Kara mit einem Mal an, die dünnen Lippen strafften und die Mundwinkel hoben sich, sodass man das Ergebnis letzten
Endes durchaus als willkommenheißendes Lächeln hätte deuten können. Die Angst in seinen Augen ließ das Ganze jedoch eher wie
eine Grimasse aussehen.
»Nun ... äh – gewiss doch –
Kara
«, sagte er und dehnte ihren Namen, als sei er eine Art Titel. »Ihr und Eure – äh – Gefährten seid mir willkommen.« Er warf
Skip, Erle, Ellah einen furchtsamen, taxierenden Blick zu und wandte sich hastig ab, sichtlich erleichtert. »Ihr ... äh – habt Pferde oder andere Reittiere, die es zu versorgen gilt?«
»Ein Pferd«, sagte Kara. Die wundersame Veränderung des Wirtes schien sie nicht im Mindesten zu überraschen. »Aber wenn’s
recht ist, würde ich das lieber selbst
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