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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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trennten sie jetzt noch.
    Besser ich als Erle
, dachte Skip und kroch schneller. Stieß sich hoch und riss, knieend, einer der stocksteif stehenden Heiligen Wachen den Dolch
     aus der Gürtelscheide, befreite sich selbst, stürzte in fiebriger Hast zu seinem Bruder hin und durchtrennte auch dessen Fesseln
     mit einem einzigen Schnitt.
    Ungläubiges Staunen flammte ihm aus dem Gesicht des Allheiligen Vaters entgegen. Skips Ohren dröhnten. Der Allheilige ruckte
     seinen Kopf zur Seite. Das Wüten der Sturzflut veränderte sich. Sammelte sich in einem einzigen Brennpunkt und zuckte in einem
     fast sichtbaren Strahl geradewegs dem Herzog und einer Gruppe Wachen entgegen.
    Außerhalb dieses Kreises erwachte Kara aus ihrer Starre, als sei nie etwas geschehen. Flirrend erschien je eines der beiden |596|
hagdala-
Schwerter in ihrer Rechten und Linken. Auch in die Heiligen Ritter rings um sie her fuhr wieder Leben – da kam Kara bereits
     wie ein schwarzer Sturmwind aus blitzenden Klingen über sie und wütete fürchterlich. Stahl klirrte auf Stahl, Leiber stürzten
     haltlos zu Boden und wanden sich schreiend und wimmernd, Todesschreie gellten. Und zwei weitere schwarzgekleidete Schatten
     huschten blitzartig an ihr vorbei zur gegenüberliegenden Seite des Tempels – dorthin, wo das massive, bronzebeschlagene Haupttor
     den Weg hinaus auf den großen Shal Addim-Platz und ins Straßengewirr Aknabars versperrte. Eine jener Schattengestalten schleuderte
     eine schwarze Priesterrobe von sich und warf sich mit Schwert und Dolch den verdutzten Wächtern entgegen – und auch hier verging
     die Welt in einem Inferno aus Keuchen, Blut, Tod.
    Raishan!
    Die dritte Kapuzengestalt warf sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den mannsgroßen Riegel des Portals.
    Die Luft schwirrte, als kreisten flatternd Tausende unsichtbarer Vögel darin. Skip riss seinen Blick fort von den beiden Majat,
     die sich unaufhaltsam, ein Kielwasser gefallener Körper hinter sich herziehend, dem Herzen des Saales näherten. Der Herzog
     schleppte sich näher und näher. Aus den Augenwinkeln sah Skip Erle und Ellah – leblose Alabastergestalten im stumpfsinnig
     machenden Bann des Allheiligen.
    Aus Totenaugen stierten sie und beobachteten den lauernden Tanz, den Skip mit dem Herzog zu tanzen gezwungen war. Der eine
     ein schlanker Dorfjunge mit einem kurzen Dolch. Der andere von westländischem königlichem Blut, mit einem langen dunklen Schwert
     bewaffnet.
    Nun, da der Allheilige seine Ghaz Alim auf nurmehr wenige konzentrierte, fiel es Skip schwerer, sie an sich zu reißen und
     sich ihrer zu bedienen. Nur ein kleiner, gemächlich fließender Bach bot sich ihm noch dar, kein gewaltiger, reißender |597| Strom. Skips Vorteil war dahin. Jetzt hing alles von seiner Geschicklichkeit ab. Davon, dass verinnerlicht war, was Kara ihm
     in langen Übungsstunden beigebracht hatte.
    Die dunkle Klinge irrlichterte heran, und er parierte den Stoß und wünschte, nicht nur mit diesem lächerlichen Dolch bewaffnet
     zu sein. Ein sofort nachfolgender zweiter Streich fuhr wie ein eisiger Hauch über den Handrücken und hinterließ einen langen,
     blutenden Riss. Skip tat einen hastigen Schritt zur Seite. Versuchte das Tun seines Gegners vorherzuahnen.
    Die Schwerthand des Herzogs hob sich. Skip ließ die Spitze der Klinge nicht aus den Augen; sie zielte auf seine Schulter.
     Er pendelte den Oberkörper hierhin und dorthin. Wartete. War geduldig.
Leicht
, dachte er,
das ist zu leicht.
    In den Augen des lebenden Toten gleißte ein seltsamer Funke. Er warf sich nach vorn, Skip wich zur Seite hin aus – und begriff
     zu spät. Wie durch Zauberei wechselte der dunkle Stahl plötzlich von der rechten in die linke Hand des Herzogs, wurde in einer
     schlangengleichen Bewegung nach oben gerissen – und fand, schneller als jeder Gedanke, sein Ziel.
    Ein Schwertstoß

    –
durch’s Herz.
    Skip hörte den eigenen Atem in einem letzten Hauch versiegen. Es war, als explodiere ihm das Herz in der Brust. Reißende Pein
     spülte die Welt davon. Staub. Er atmete nur mehr Staub und begriff kaum, dass er in die Knie gebrochen und rücklings zu Boden
     gestürzt war. Der Herzog riss ihm den Stahl mit einem Ruck wieder aus dem Leib, trat zurück und starrte auf ihn herab.
     
    Egey Bashi warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den schweren Riegel. Das Holz ächzte und ließ sich nach oben stemmen;
     die Torflügel bewegten sich dumpf knirschend in ihren altehrwürdigen

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