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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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bin, zum Außenposten führte. Aber ich gebe zu, heute
     sieht dieser Pfad völlig verändert aus. Genaugenommen müsste er ungefähr hier nach Norden abbiegen – daran erinnere ich mich
     ziemlich deutlich. Tut er aber nicht. Wenn er noch länger in diese Richtung verläuft, fange ich an, eure Geistergeschichten
     zu glauben, dass sich im Dunklen Pfuhl die Wege tatsächlich nach eigenem Gutdünken verändern.«
    Eine ganze Weile gingen sie Seite an Seite   – Kara, schlank und anmutig mit ihren präzisen Bewegungen, und Ellah steifbeinig wie ein Storch im Salat.
    »Also gut.« Ellah wusste offenbar nicht so recht, was sie auf diese ausführliche Antwort noch entgegnen sollte. »Glaubst du,
     das hier ist der Pfad, den du gestern gegangen bist?«
    »Es gibt ein paar Stellen, die ich nicht mehr wiedererkenne. Aber davon abgesehen – ja, glaub ich. Ziemlich sicher sogar.«
     Sie senkte den Blick zu Boden, und plötzlich erstarrte sie mitten in der Bewegung.
    |167| Noch nie hatte Skip sie derart verwirrt erlebt. Sie bückte sich, spähte den vor ihr liegenden Pfad entlang, als traue sie
     ihren Augen nicht. Dann ließ sie die Zügel ihres Pferdes los, ging in Ellahs und ihrer Spur zurück und drängte sich wortlos
     an Erle vorbei. Skip beeilte sich, ihr Platz zu machen. Das Pferd nutzte seine neugewonnene Freiheit, indem es noch ein paar
     Schritte weitertrottete, schließlich anhielt und sich geräuschvoll mampfend über ein Riedgrasbüschel hermachte.
    Kara erreichte die etwa zwanzig Schritt weit hinter ihnen liegende Biegung des Pfades, ging in die Hocke und inspizierte den
     Boden – oder etwas, das sie darauf entdeckt hatte. Dann schob sie sich, Handbreite um Handbreite, auf die Büsche am Wegesrand
     zu und hielt die Augen so starr auf den Pfad gerichtet, als hinge ihr Leben davon ab.
    »Das sieht nicht gut aus«, murmelte Skip halblaut. Nach einer Zeitspanne, die eine Ewigkeit zu dauern schien, richtete Kara
     sich auf und spähte verloren zu ihnen herüber.
    So beängstigend war es, diesen Ausdruck ausgerechnet auf Karas normalerweise stets beherrschtem Gesicht zu sehen, dass sogar
     Ellah stumm blieb. Es war Erle, der sich nach geraumer Zeit dazu durchrang, die Frage auszusprechen, die sie alle auf der
     Zunge hatten: »Was ist passiert?« Es fehlte nur ganz,
ganz
wenig, und seine Stimme hätte gezittert.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Kara tonlos und ganz ohne den sonst üblichen Unterton solider Kompetenz. Immer noch sah sie verwirrt
     aus, und so verletzlich, dass Skip am liebsten zu ihr gegangen wäre und sie getröstet hätte. Aber es war
Kara
, die er anstarrte.
Kara
, die während ihrer kurzen Bekanntschaft noch kein einziges Mal das Falsche getan hatte.
    Ellah ertrug die Anspannung nicht mehr. »Was meinst du damit?«, rief sie.
    »Na ja.« Kara kehrte zu ihnen zurück und blieb stehen, so gedankenvoll, dass ein jedes ihrer Worte wie unter Zwang gesprochen |168| wirkte. »Die Spuren, denen wir gefolgt sind – die von den Priestern und den Rittern – sind verschwunden.«
    »Was meinst du damit – verschwunden?«, fragte Erle.
    »Die einzigen Spuren auf diesem Weg sind unsere eigenen. Als hätte vor uns noch niemals jemand seinen Fuß darauf gesetzt.«
     Sie deutete den Weg entlang dorthin, wo ihr Pferd gleichmütig an den Grasbüscheln zupfte.
    Skip erstarrte. Er besaß keinerlei Erfahrung im Spurenlesen, doch in diesem Fall hätte selbst ein Kind gesehen, worauf Kara
     hinauswollte: Der Weg, dem sie folgten, lag nicht unter wucherndem Wurzelwerk begraben, auch gedieh kein Gras darauf. Aus
     nichts als frischem, schlammigem Erdreich bestand er. Ob man nun wollte oder nicht, man hinterließ Fußabdrücke darin.
    Sie
hatten Fußabdrücke darin hinterlassen. Rings um jene Stelle, an der sie auf Kara gewartet hatten und nun beieinanderstanden.
     Und deutlich erkannte man Hufspuren, die dorthin führten, wo Karas Stute weiterhin friedlich graste. Doch jenseits dieser
     Stelle war nichts mehr zu sehen. Als sei der Morast soeben erst vom Himmel gefallen oder von einem unsichtbaren Rechen glattgestrichen
     worden.
    »Aber wie – wie ist das möglich?«, stammelte Skip. »Wo sind die Spuren der Priester?«
    »Die letzten hab ich dort hinten gefunden«, antwortete sie und zeigte zu jener Stelle zurück, an der sie sich niedergekauert
     hatte. »Sie kommen um die Biegung und führen direkt in den Pfuhl. Als hätten sie sich plötzlich entschlossen, den Pfad zu
     verlassen und einfach geradeaus weiter, in

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