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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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nicht früher zu kommen brauchen.
    Aber er machte sich um mehr Gedanken als nur darum, nachzuprüfen, was die Kinder gesehen hatten.
    Fallon war ein Kerl, der einem Angst einjagen konnte. Nicht in einem physischen Sinn. Aber er hatte etwas von einer lauernden Krähe. Und wenn er wirklich meinte, er müsse etwas in einem Topf kochen und dabei Zaubersprüche murmeln, dann war er eben nicht ganz bei Trost. Und dann war da noch Susanna – die böse Hexe. Sie erinnerte einen so richtig an eine mürrische alte Jungfer aus alten Zeiten.
    Nein, man konnte ihr wahrhaftig nicht nachsagen, ein sonderlich angenehmer Mensch zu sein.
    Das Haus lag in absoluter Stille, als Finn eintrat und die Tür hinter sich verschloss. Eine Minute lang blieb er reglos stehen und lauschte, aber alles schien in tiefem Frieden zu schlummern. Er schritt durch den Eingangsbereich, in den Speisesaal und in den dahinterliegenden Salon. Das ganze Haus ähnelte einer Geisterstadt, leer und in unheimliche Stille getaucht und voller Schatten von zahllosen kleinen Nachtlichtern.
    Er ging weiter zur Küche, aber auch sie war leer und verlassen; keine Anzeichen irgendeiner Aktivität waren zu bemerken. An den Wänden hingen Kupfertöpfe und Kochutensilien. Die Edelstahlspüle und die Arbeitsplatte – ein Zugeständnis an moderne Zeiten – schimmerten matt im trüben Schein eines Nachtlichts. In dem großen offenen Kamin, original aus dem siebzehnten Jahrhundert wie das ganze Haus, schwelte ein kleines Feuer, nichts als Asche und Holzkohle, die hier und da noch ein wenig glühte.
    Innerhalb der nächsten paar Stunden würde es wieder angefacht werden, denn offenbar gehörte ein Feuer in der Küche – in die sich wohl nur selten ein Gast vorwagte – zur Gastfreundschaft von Huntington House.
    Bald würde Susanna kommen, um für die Frühaufsteher das Frühstück herzurichten.
    Finn ging weiter zum Seitenflügel des Hauses, wo sich sein Zimmer befand. Er sperrte auf, trat ein, sperrte wieder ab und blieb einen Moment lang still stehen und fragte sich, was nicht stimmte. Dann sah er, dass sich einer der dünnen Vorhänge leicht bewegte, trat vor den Balkon und zog ihn zur Seite. Die Flügeltür stand weit offen.
    Ein ungutes Gefühl befiel ihn. Lange stand er da, er erinnerte sich daran, die Balkontür geschlossen und abgesperrt zu haben. Ein Rätsel? Nein. Sicher war das Zimmermädchen hier gewesen, hatte gelüftet und dann vergessen, wieder abzuschließen. Leichtsinnig, doch nicht weiter schlimm, da ganz offenbar nichts gestohlen worden war. Er zögerte, dann schloss und verriegelte er die Doppeltür, und nur um absolut sicherzugehen, begann er, das ganze Zimmer samt Bad zu überprüfen. Alles war in bester Ordnung – und dennoch biss er mit einer Mischung aus Angst und Erwartung die Zähne zusammen, als er den Duschvorhang zur Seite schob. Nichts.
    Er ging wieder ins Zimmer, versicherte sich, dass die Balkontür verschlossen war, legte den geliehenen Umhang ab, den er noch immer trug, und zog Stiefel und Socken aus. Gerade als er begann, sein Hemd aufzuknöpfen, war er überzeugt, im Hauptgebäude ein Geräusch gehört zu haben. Wieder zögerte er, doch dann stand er auf, barfuß und lautlos.
    Er schlich durch das Haus zurück und warf dabei einen Blick auf seine Uhr. Halb fünf. Zu früh, Susanna konnte das noch nicht sein.
    Dann hörte er wieder etwas. Ein leises Reiben, als würde jemand sachte eine Schublade schließen.
    Er schlich in den Speisesaal, blieb dort einige Sekunden lang stehen und lauschte.
    In der Küche waren Stimmen zu hören. So leise, dass man fast glauben konnte, sie sich nur einzubilden – aber es war keine Einbildung.
    Finn nahm all seinen Mut zusammen und ging auf die Küche zu. Die schwere alte Eichentür zum Speisesaal, die zuvor ganz geöffnet gewesen war, war nun geschlossen. Er legte die Hand auf den Messingknauf und drehte ihn vorsichtig. Zu seiner großen Erleichterung war das Schloss zwar alt, aber gut geölt, sodass es nicht quietschte. Er drückte sachte gegen die Tür und öffnete sie gerade so weit, dass er durch den Spalt sehen konnte, was drinnen vor sich ging.
    In dem großen Kamin brannte jetzt wieder ein Feuer; die Flammen züngelten an einem großen, an einer gusseisernen Stange hängenden Kessel hoch.
    Susanna war nicht im Raum.
    Aber natürlich war der alte Fallon hier.
    Er kniete vor dem Kessel, leierte etwas vor sich hin und warf Pulver oder Kräuter hinein, die er einem geschnitzten hölzernen Kästchen

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