Das Erwachen
schätzen, Sie an ihrer Seite zu haben. Aber ich kann nicht mit ihr sprechen, nicht wenn Sie zugegen sind und Stort ständig hereinschneit. Und sprechen muss ich mit ihr. Und sie mit mir. Also ... umarmen Sie mich, wünschen Sie mir alles Gute und lassen Sie uns allein, wenigstens für einen Augenblick. Stort, bitte schließe die Tür. Ich komme, sobald ich fertig bin.«
»Man erwartet uns in der Residenz des Hochaltermanns ...«
»Hais hat über ein Jahr gewartet, sie geht vor. Ihr wurde Unrecht getan, und ich muss einen Weg finden, es wiedergutzumachen, wenn ich kann. Ich denke, auch Master Brif hätte nicht gewollt, dass ich das Amt des Knüppelmeisters antrete, ohne das wenigstens versucht zu haben!«
Ma’Shuqa ging, Stort schloss leise die Tür, und Jack und Hais, endlich allein, wandten sich einander zu.
»Ich weiß nicht, was Ma’Shuqa dir erzählt hat, Jack, aber du hast mir nichts versprochen«, sagte sie leise. »Was an jenem Tag geschehen ist, war nur ...«
»Es war in unserer Wurd vorherbestimmt, dass es geschah«, sagteJack. »Aber warum, vermag ich nicht zu sagen. Katherine und ich ... du weißt, sie ist die Mutter meines Kindes ...«
»Dieses Kind soll die Schildmaid werden, Jack? Ist das wirklich wahr?«
Er nickte.
»Ja, das glauben wir. Sie ist kein gewöhnliches Kind, und sie braucht eine besondere Erziehung. Ich wäre jetzt lieber bei ihr, aber Katherine und ich waren der Meinung, dass ich für eine gewisse Zeit herkommen sollte.«
Sie kam näher und schaute zu ihm auf.
»Du musst nicht mehr sagen, Jack. Uns bedeutet es sehr viel, wenn ein magischer Knoten gelöst wird, aber dir bedeutet es wenig, und das ist verständlich. Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich von der Verpflichtung, die damit einhergeht, entbinde und dir für deine Liebe und dein Leben mit Katherine alles Gute wünsche.«
Das war gut gesprochen und gut gemeint, doch als Jack sich bedankte und von ihr Abschied nahm, hatte er das ungute Gefühl, dass die Angelegenheit damit noch nicht aus der Welt war.
Auf dem Weg zu Festoons Residenz kamen Jack und Stort an der Bibliothek vorbei, die in diesem Augenblick schloss. Die traurigen Leser gingen widerwillig die Stufen herunter, und Thwart persönlich sperrte die Tür ab.
»Er müsste eigentlich auch schon dort sein, also kommt er ebenso zu spät wie wir«, sagte Jack. »Das bedeutet, dass bei der Besprechung drei Teilnehmer fehlen. Ausgezeichnet, das verschafft mir ein wenig Zeit!«
Sie eilten die Treppe hinauf und grüßten den neuen Meisterschreiber.
»Haben Sie jemanden hier, der eine Nachricht überbringen kann?«, fragte Jack.
»Das könnte einer von den Lesern übernehmen, die gerade gehen«, antwortete Thwart. »Die freuen sich immer, wenn sie etwas haben, womit sie ihre Zeit ausfüllen können ...«
Er rief einen der traurigen Leser, eine Frau, zurück und erteilte ihr den Auftrag, den Hochaltermann aufzusuchen und davon zu unterrichten, dass sie sich etwas verspäten würden.
Jack blickte ernst, als sie hineingingen.
»Ich wollte nur dem Ort, an dem Master Brif gestorben ist, meine Ehre erweisen.«
Sie schlossen und verriegelten die Eingangstür, gingen in den unteren Lesesaal und von dort weiter zu der Stelle, an der der Kampf gegen Slew stattgefunden hatte.
Thwart öffnete die Gittertür zu dem dunklen Gang, in dem die Schriften und Aufzeichnungen ã Faroüns verwahrt wurden.
Der Tisch war gerade gerückt und die Papiere, die im Raum verstreut gelegen hatten, waren darauf gestapelt.
»Ich habe noch nichts wieder einsortiert«, sagte Thwart, »weil ich annahm, Mister Stort würde mir bei dieser schwierigen Aufgabe helfen wollen ...«
»Was ist das?«, fragte Jack und deutete auf das bestickte Tuch, in dem der Stein des Frühlings versteckt gewesen war. Trotz der Dunkelheit im Keller leuchteten seine Farben eindrucksvoll.
Jack faltete das Tuch auseinander und breitete es auf dem Tisch aus, wie Slew es getan hatte. Stort erläuterte kurz seine Herkunft und Bedeutung.
»Wo war der Stein versteckt?«
»Das spielt jetzt keine Rolle mehr«, erwiderte Stort. »Oder vielmehr schon, denn diese Stickerei ist erheblich mehr, als sie scheint. In gewisser Weise halte ich sie für heilig. Wenn ich Brif recht verstanden habe, hat ã Faroün das Tuch in einem Akt der Meditation und Buße eigenhändig bestickt.«
»Buße? Wofür?«
»Für Dinge, die er in seinem Leben getan hatte und später bereute.«
»Was zum Beispiel?«
»Er sagte lediglich, er habe die
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