Das Erwachen
Ungemach.
»Ma’Shuqa«, sagte er, »erstens verstehe ich nicht, was Sie für eine Rolle bei dieser Sache spielen ...«
Sie blickte entrüstet.
»Zweitens sollte ich darüber nicht mit Ihnen sprechen, sondern mit Hais ...«
»Hm!«
»Und schließlich bin ich noch gar nicht verheiratet, werde es aber wahrscheinlich bald sein.«
Sie sah ihn höchst ungläubig an.
»Nicht verheiratet!«
»Nein. Wir wollten, aber ...«
»Nicht verheiratet?«, wiederholte sie, ruhiger jetzt.
»Na ja, natürlich wollen wir irgendwann heiraten, aber irgendwie sind wir bisher nicht dazu gekommen, und jetzt ...«
Sie lehnte sich zurück und strahlte.
»Also wirklich, Jack, mein Junge, Sie sind mir vielleicht einer, ich muss schon sagen. Und ich habe mir die ganze Zeit solche Sorgen gemacht, weil Hais geweint und geklagt und nichts gegessen hat, was ein Jammer ist, denn sie ist hübsch und Essen hilft ihr, so ...«
Jack sah sie verwirrt an.
»Sie scheinen erstaunt, und ich gebe Ihnen recht, es war nicht Ihre Schuld. Verheiratet sein ist eine Sache, ein Kind hier und dort eine andere, aber nicht weiter schlimm, wenn Sie ein liebevoller Hydden sind, und das sind Sie ja, wie wir wissen. Und obendrein Knüppelmeister und somit imstande, sie alle zu ernähren. Gegen ein paar Bankerte ist nichts einzuwenden.«
»Judith ist kein Bankert, sie ist ...«
»Ach!«, sagte Ma’Shuqa gleichgültig und nahm sich ein Stück Kuchen. »Ist das ihr bescheidener Name? Judith? Hm. Nicht nach meinem Geschmack. Und ich kann Ihnen schon jetzt versichern, dass meine Hais, die Gute, einen solchen Namen nicht mögen wird, wenn Sie sie heiraten, was Sie ja nun können, und Kinder bekommen, und hoffentlich viele, denn ich mag ...«
»Sie heiraten?«, fragte Jack.
»Sie müssen«, sagte Ma’Shuqa, »denn Sie haben den Knoten gelöst. Lösen Sie den einen, knüpfen Sie einen anderen, so einfach ist das.« Ihre Miene verfinsterte sich. »Sagen Sie mir jetzt nicht, dass Sie die Absicht haben, sich zu drücken, wie es Männer häufig tun, denn sollte das der Fall sein ...«
Von der Haustür ertönte ein Klopfen, dann, gedämpft, eine dringliche Stimme. Es wurde geöffnet, und ein unglücklich dreinblickender Stort meldete einen zweiten Gast, wobei er stumm auf seine Uhr deutete, um Jack daran zu erinnern, dass die Zeit drängte.
Hais erschien.
Sie war eine dunkle Schönheit, drall wie alle Bilgenerinnen, angetan mit einem traditionellen Seidenkleid und einem warmen Lächeln. Sie wirkte ganz und gar nicht wie eine tragische Gestalt.
»Ma’Shuqa«, sagte sie, »ich hätte es mir denken können! Das geht dich nichts an, das ist meine Sache.«
»Aber Schätzelchen«, rief Ma’Shuqa, »sei nicht böse auf deine Möchtegern-Ma! Ich habe erfreuliche Neuigkeiten. Dieser Schlingel ist gar nicht verheiratet, du kannst ihn also ganz für dich haben. Nimm ihn! Heirate ihn noch heute Abend! Wohne ihm bei! Ma’Shuqa weiß Bescheid, sie hat dasselbe getan!«
»Und wo, Ma’Shuqa, ist dein Pa’Shuqa heute?«
»Er ist ein Held und ohne seinen Knüppel verschollen!«
»Ein Hasenfuß ist er, und wohl eher durchgebrannt! Aber jetzt muss ich mit Jack sprechen, denn er hat nicht viel Zeit ...«
»Mein Mann war kein Hasenfuß, und es tut mir weh, wenn du so etwas sagst«, erwiderte Ma’Shuqa, der echte Tränen über die Wangen rollten. »Für mich ist er ein Held, und ich vermisse ihn, so wie du Jack vermisst hast. Und wenn du es noch so sehr bestreitest und mich mit deinem Gerede über Pa’Shuqa quälst.«
Erneut erschien Stort, deutete auf seine Uhr und fuhr sich mit der Handkante über die Kehle.
»Fünf Minuten«, flüsterte Jack wenig überzeugend. Selbst Stort konnte sehen, dass es länger dauern würde, und zog sich wieder zurück.
Hais forderte Ma’Shuqa energisch auf, sie nun allein zu lassen, doch als daraufhin bei der älteren Frau die Tränen flossen, trat sie auf sie zu, nahm sie fest in die Arme und flüsterte: »Eines Tages wird Pa’Shuqa nach Hause kommen, und er wird ein Held sein, ganz bestimmt.«
»Das wird er, das wird er ...«
Wie liebevoll Hais mit Ma’Shuqa umging, von welcher Sanftmut sie war! Als Jack dann auch noch einen Blick mit ihr tauschte wie schon einmal vor langer Zeit, da begriff er, dass er sie tiefer gekränkt hatte, als ihm bewusst gewesen war.
»Jack ...«
Es war wieder Stort.
Jack stand auf und sagte: »Ma’Shuqa, ich danke Ihnen für Ihr Bemühen. Es ist durchaus angebracht, und Hais kann sich glücklich
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