Das Erwachen
wie es war.
Dann wartete er, bis sein Bekannter vom Vortag das Tal heraufkam. Er stellte sich ihm breitbeinig in den Weg, den Knüppel locker in der Hand.
»Wohin des Wegs, Pilger?«, fragte er, hob spöttisch den Knüppel und überlegte, ob er kämpfen sollte. Er verwarf den Gedanken, denn er brauchte nichts zu beweisen. Der Mönch, der sein Essen mit ihm geteilt hatte, kam nicht dazu, den Gruß zu erwidern oder auch nur die Gefahr zu erkennen. Slew versetzte ihm einen Hieb genau zwischen die Augen, als hätte er einen Armbrustbolzen abgeschossen. Dann, als der andere fiel, einen zweiten gegen die Kehle.
Noch nicht tot, aber sterbend, musste der Pilger hilflos erdulden,wie Slew ihm die braune Kutte auszog, zwei Pilgersiegel von seinem Knüppel entfernte und an seinem eigenen anbrachte. Beide stammten von beliebten, gut besuchten Pilgerstätten, und ihre Kombination war nicht ungewöhnlich. Die anderen beließ er auf dem Knüppel des Mönchs.
Slew schleifte ihn am Hemdkragen in den Wald zu einer Eiche, deren Stamm gespalten und innen verfault war. Er stopfte sein Opfer hinein, stieß ihm das Messer in den Bauch und drehte die Klinge solange in der Wunde, bis die Eingeweide herausquollen. Dann holte er das Kaninchen, das er noch nicht gehäutet hatte, legte es auf den Toten und schlitzte ihm Brust und Bauch auf, sodass wie bei dem Hydden Magen und Gedärme heraustraten. Durch ihren Anblick und Geruch überdeckten sie das Grauen im Innern des Baums.
So ließ er sie im Tode vereint liegen, damit ihr Gestank Raubtiere anzog. Füchse, Dachse, Ratten, das spielte keine Rolle. Sie würden kommen, und jeder Sterbliche, den der Gestank herbeilockte, würde das Kaninchenfell erblicken und, da er nicht näher treten wollte, falsche Schlüsse ziehen. Slew hatte derlei noch nie getan, nur davon gehört, und hatte seine Freude an solchen Kniffen.
Doch er war auch abergläubisch. Er nahm den Knüppel des Mönchs und brach ihn entzwei, denn er wollte nicht von einem gut bewaffneten Geist verfolgt werden. Seine Kutte freilich zog er an.
In der neuen Verkleidung zur Weiterreise bereit, kehrte er auf die Straße nach St Alban zurück. Er begegnete anderen Pilgern, erkundigte sich nach der sechsköpfigen Gruppe, die er im Auge hatte, erfuhr zu seiner Zufriedenheit, dass sie noch nicht vorübergekommen war, suchte sich ein dichtes, dunkles Waldstück und kroch hinein.
Der Ort wimmelte von Spitzbuben und roch förmlich nach Wegelagerei und Mord. Er erkundete die Umgebung und entdeckte zwei Räuberbanden: eine dreiköpfige, die kaum der Rede wert war, und eine sechsköpfige, die den Namen Bande schon eher verdiente.
Das Trio, das ohne Zweifel geeignet war, arglose Reisende zu erschrecken, nicht aber Slew, trat als Erstes in Erscheinung. Es bezog einen Beobachtungsposten unweit von seinem und legte sich so ungeschickt auf die Lauer, wie es nur törichte Nichtsnutze tun konnten. Die sechs anderen, die, wie er überzeugt war, nichts mit ihnen zu tun hatten, hielten sich abseits, hatten ihrerseits aber das Trio im Blick.
Auf dem Pilgerpfad begann der Tag, und aus Chelmsford nahten die ersten Reisegruppen. Während sie Heiterkeit vorgaukelten, hasteten sie durch den Wald und malten sich, Knüppel in schwitzenden Händen und laut in ihrer Angst, allerlei Gefahren aus, in die sie geraten könnten.
Das Trio erkor sich bald eine Gruppe zum Opfer, bei der es sich nicht um die handelte, auf die Slew es abgesehen hatte. Die drei spazierten zu ihr hinunter, offensichtlich in dem Glauben, harmlos und unauffällig zu wirken. Tatsächlich waren sie so unauffällig wie Hundedreck am Schuh einer Maid.
Die Möchtegernräuber grüßten ihre vermeintlichen Opfer, bemerkten nun aber, dass diese gut bewaffnet waren, Leute aus Frankreich, mit denen nicht zu spaßen war. Slew war ihnen am Tag zuvor begegnet.
Die Räuber traten den Rückzug an und kehrten in ihr Versteck zurück, um auf leichtere Beute zu warten.
Bald darauf sah Slew die Pilgergruppe nahen, der sein Interesse galt, die jungen Wyfkin nun ausgeruht, mit strahlendem Blick und rosigen Wangen, hübsch frisiert, von anziehendem Äußeren. Töricht, sich in einer solchen Gegend, in der Frauen über ihre häuslichen Tugenden hinaus geschätzt wurden, so zur Schau zu stellen.
Die drei Räuber leckten sich förmlich die Lippen und saugten an ihren verfaulten Zähnen. Plötzlich durchschlug ein Armbrustbolzen den Kopf des Größten, und ein zweiter fuhr dem Nebenmann in die Seite, als dieser
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