Das Erwachen
Augenblick zum Ufer um, und in seinem ganzen Leben hatte Stort noch nie so viel Freude und Stolz in einem Gesicht gesehen.
»Es ist mein Pa!«, rief er. »Ma hat immer gesagt, dass er mich holenwürde. All die Jahre hat sie gesagt, dass er kommen würde, und nun ist er hier!«
An die folgenden Augenblicke erinnerte sich Stort später nur verschwommen.
Barklice vergaß, Arnold zu sagen, wie nah sie waren.
Ausnahmsweise einmal beging der junge Bilgener einen Fehler und rammte den Landungssteg.
Der Aufprall des Bootes war heftig. Barklice geriet ins Taumeln, doch der Junge hielt ihn fest. Seine Mutter stürzte herbei, dann auch deren Eltern, und schließlich kam der ganze Haufen den Steg entlanggetrappelt.
»Aufgepasst, ihr Landratten«, rief Arnold lachend, »sonst bricht die ganze Stellage mitsamt den Planken zusammen, und ihr fallt alle ins Wasser, Leute.«
Mit vereinten Kräften hielt die Familie den Jungen und seinen Vater fest und brachte sie wohlbehalten ans Ufer, wobei sie fröhlich über die Planken klapperten.
»Das ist er«, sagte der Junge, und Barklice musste so viele Hände schütteln, dass er mit dem Zählen nicht mehr nachkam. »Das ist mein Pa!«
»Stimmt es, dass Sie der Oberforstmeister von Brum sind?«, rief einer.
»Nun ja, wenn Sie es unbedingt so ausdrücken wollen. Ich trage diesen Titel, aber ...«
»Und Sie kennen alle möglichen Leute, hoch und niedrig?«
»So einige, ja, aber ich weiß nicht ...«
»Auch Lord Fester?«
»Festoon«, berichtigte Barklice. »Ja, den kenne ich mehr als nur flüchtig, aber ... ich würde nun gern ... ich meine ... ich sollte ...«
Der Junge ergriff Barklices Hand und zog ihn zu der Frau, die Stort vorher aufgefallen war.
»Stimmt es, Mister Barklice, Sir, dass Brum so groß ist, wie es sich für eine richtige Stadt gehört?«, rief ein anderer.
»Das stimmt, aber bitte ... ich kann Ihre Fragen später beantworten ... Sie werden verstehen, dass ich jetzt sehr gern den Namen meines ... meines Sohnes erfahren würde.«
Der Junge erreichte die Frau und zog Barklice zu ihr hin.
»Pa, darf ich dir Ma vorstellen«, sagte er.
Die Frau, die wie eine Bilgenerin aussah, warm wie ein Toast, freundlich wie ein Teller geschmorter Tomaten an einem nebligen Morgen, lachte, schlang die Arme um Barklice und flüsterte: »Frag ihn selbst!«
Also sah Barklice den Knaben an, kniete sich hin, damit sie von gleich zu gleich sprechen konnten, und forderte ihn auf: »Sag mir, wie du heißt.«
»Bratfire«, antwortete der Junge. »Ich habe gelernt, mich besser zu verstecken als die meisten, aber sie sagen, du kannst mir noch einen oder zwei Kniffe beibringen.«
»Das werde ich.«
»Ist es wahr, was Ma sagt und was die anderen alle nicht glauben wollen, dass du ... dass du ...«
»Was?«
»Dass du den berühmtesten Hydden kennst?«
»Nun, ich weiß nicht recht, wen du ...«
»Dass du mit ihm gesprochen hast, so wie wir beide jetzt?«
»Das wäre durchaus möglich, aber ... wen ... ach so! Du meinst Master Brif. Nun ja, natürlich ...«
Bratfire schüttelte ungeduldig den Kopf.
»Pa«, fragte er ziemlich streng, »sag uns allen auf der Stelle, ob es wahr ist oder nicht, dass du ihn kennst, dass du mit ihm gesprochen und ihm vielleicht sogar die Hand gegeben hast, dem berühmten Master Stort?«
Barklice blickte verblüfft. Dann legte sich ein Lächeln auf sein Gesicht, und der Feuerschein tanzte in seinen Augen. »Du meinst den berühmten Master Bedwyn Stort?«
»Ja.«
»Der unseren Lord Festoon gerettet hat?«
»Genau den.«
»Der so viele Sprachen spricht, dass er mitunter vergisst, sich in seiner eigenen verständlich auszudrücken?«
»Das ist der, von dem wir gehört haben.«
»Der Erfinder von ... so allerlei?«
»Und? Kennst du ihn, ja oder nein?«
Barklice lachte, lachte wahrhaftig zum ersten Mal seit Tagen, in gewisser Weise vielleicht zum ersten Mal seit Jahren oder länger.
»Wenn deine Mutter sagt, dass ich ihn kenne, dann kenne ich ihn selbstverständlich, denn sie hat immer recht und sagt nie die Unwahrheit!«, antwortete er, plötzlich versucht, selbst zu einer kleinen Lüge zu greifen.
Keiner schlimmen.
Unter den gegebenen Umständen schien eine gewisse Beugung der Wahrheit erlaubt.
»Ich komme etwas spät«, sagte er, »weil es einiger Überredungskunst bedurft hat, Master Stort dazu zu bewegen, mich heute Nacht zum Paley’s Creek zu begleiten.«
»Er ist hier?«, fragte Bratfire mit freudigem Erstaunen. »Ich meine ...
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