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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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hier?«
    Bratfire sah sich um, um festzustellen, ob seine Mutter es gehört hatte. Ja, sie blickte ebenso erstaunt – und beeindruckt – wie ihr Sohn.
    Barklice richtete sich wieder auf und blickte gelassen in die Runde, als wäre es das Natürlichste von der Welt, dass einer der bedeutendsten Gelehrten Englalonds mit ihm aus keinem anderen Grund als dem, einfach dort zu sein, zum Paley’s Creek gewandert war.
    Für Bratfire wurde die Nacht zum Märchen.
    »Ja, er muss hier irgendwo sein ... Wollen mal sehen, ob ich ihn nicht entdecke ... Ah, da ist er ja!«
    Bratfire blickte in dieselbe Richtung, aber da stand nur einer, den er vorher schon bemerkt und als unwichtig abgetan hatte – ein großer, ziemlich zerstreut wirkender Hydden mit überlangen Armen und Beinen, die nicht zum restlichen Körper passen wollten.
    »Das ist er«, sagte Barklice, »das ist Master Stort aus Brum, der beste Freund, den ein Hydden je hatte.«
    »Der? Und wer ist der Kerl neben ihm? Der stämmige, der so grimmig dreinschaut?«
    »Ihn so despektierlich ›der‹ zu nennen, gehört sich nicht«, sagte Barklice streng. »Und dieser andere Gentleman ist kein ›Kerl‹. Tatsächlich ist dieser vortreffliche, aufrechte Hydden neben Master Stort der wahrlich famose und bedeutende Jack ...«
    Bratfire blickte erschrocken.
    »Doch nicht der Jack ...«
    »Derselbe. Stort und Jack, wahre Freunde. Aber natürlich, wenn du sie nicht kennenlernen willst, nur weil der eine zu grimmig und der andere zu wunderlich aussieht ...«
    »Aber ich möchte sie doch kennenlernen«, sagte Bratfire, »und Ma bestimmt auch.«
    »Nun denn«, sagte Barklice, »jetzt ist Gelegenheit dazu!«
    Er legte Bratfire so selbstverständlich die Hand auf die Schulter, als hätte er es schon tausende Male getan, und führte ihn zu Stort und Jack.
    »Master Stort«, rief er ziemlich gewichtig, »hier ist jemand, der gerne Ihre Bekanntschaft machen würde, und Ihre auch, Jack!«
    Sie schauten auf den jungen Hydden herab, bemerkten sofort die Ähnlichkeit mit Barklice, schenkten ihm ein freundliches Lächeln und schüttelten ihm die Hand.
    Bratfire war sprachlos.
    »Du kannst sie deiner Mutter vorstellen«, sagte Barklice in väterlichem Ton, »und danach kannst du uns einen warmen Trunk bringen. Aber einen mit etwas Feuer, wenn ich bitten darf!«
    »Jawohl, Sir!«, antwortete Bratfire. »Und etwas zu essen. Darum geht es doch heute Nacht, nicht wahr?«
    »Das mag wohl sein«, sagte Barklice. »Nicht wahr, meine Herren?«
    »Das mag sehr wohl sein«, antworteten sie.
    Es war ein denkwürdiger Paley’s Creek ...
    Und er war noch nicht zu Ende.
    Bratfires Familie wollte ihren Jungen nicht gehen lassen ohne ausführliches Begrüßen, ausgiebiges Geschichtenerzählen und langes Abschiednehmen. Die Besucher erhielten Ehrenplätze am Feuer, wo sie nicht den Arm heben konnten, ohne dass ihnen ein Konfekt, eine Leckerei, ein Trunk oder ein Teller Suppe in die Hand gedrückt wurde.
    Satt war gar kein Ausdruck.
    Sie standen kurz vor dem Platzen.
    Dann, als Krönung des Ganzen, kam etwas noch Erstaunlicheres. Aber nichts zu essen, sondern unerwartete Gäste.
    »Na so was!«, rief Jack.
    Sie kamen mit Bändern im Haar durch die Menge, und die Leutemachten verwundert Platz, denn sie wussten, wer und was sie waren. Katherine sprühte vor Leben, Judith vor Aufregung.
    »Sehe ich richtig oder bilde ich es mir nur ein, dass sie uns mit ihrer Anwesenheit beehren?«
    »Ja, das ist die Schildmaid im Werden, der Spiegel segne ihre alte Seele.«
    Die Frauen liefen zu ihnen, fassten sie bei den Händen und tanzten mit ihnen ums Feuer. Es war ein flüchtiger Tanz, denn die Seidenkleider und Bänder der Bilgenerinnen schienen Katherine und Judith mit dem Lodern und Flackern des Feuers zu schmücken, bis sie, als der Reigen mit ihnen vor Jack zum Stehen kam, die Schönsten, die Bezaubernsten der Nacht waren.
    »Willkommen die Mutter, willkommen die Tochter. Setzt euch zu eurem Gemahl, Freund und Vater. Bratfire, bring zu essen! So hat es Paley gehalten, und wir wollen sein Andenken ehren und mehr.«
    »Stoßt in die Hörner, rührt die Trommeln, stimmt den Rhythmus der Nacht an und sagt der Zeit, sie soll noch ein Weilchen stillstehen, denn unsere Familie ist noch nicht fertig!«
    Essen, tanzen, feiern, lieben und Freundschaft schließen.
    »Wie heißt du?«
    »Bratfire, und du?«
    »Judith. Kannst du tanzen?«
    »Wie der Wind und übers Feld«, antwortete er fröhlich und beschwingt von dieser

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