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Das Exil Der Königin: Roman

Das Exil Der Königin: Roman

Titel: Das Exil Der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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paar Fuß hinunter auf das Dach der Galerie fallen. Als er landete, brach ein Ziegel ab und fiel nach unten auf den gepflasterten Weg, wo er in tausend Stücke zerbrach und dabei ein Geräusch verursachte, das so laut klang wie ein Schrei mitten in der Nacht. Han erstarrte, aber niemand kam angelaufen.
    Du bist aus der Übung, dachte er. Und der Arm, den er in der Schlinge trug, störte seinen Gleichgewichtssinn.
    Dancer folgte ihm mit der abgedunkelten Laterne. Sie huschten leichtfüßig über das Dach der Galerie, nur ein Stockwerk über einer eventuell postierten Hochschulwache oder einem patrouillierenden Versierten. Die Dächer der Gehwege bildeten ein Netzwerk von geheimen Pfaden, die Han ungesehen an beinahe jeden Ort hier bringen konnten, an den er gelangen wollte.
    Niemand sonst schien nach der Sperrstunde noch unterwegs zu sein, abgesehen von zwei in Umhänge gehüllten Verliebten, die sich dort, wo Mystwerk House auf die Galerie stieß, in eine der Ecken drückten. Sie schmiegten sich aneinander, hielten sich an den Händen und flüsterten.
    Han spürte einen Stich; Gedanken an Bird stiegen in ihm auf. Er fragte sich, ob sie jemals an ihn dachte. Nein. Sie hatte es mehr als deutlich gemacht, dass sie ihn nicht wiedersehen wollte.
    Das Liebespaar unter ihnen bemerkte nicht, dass Han und Dancer wie Geister über ihren Köpfen dahinschlichen.
    Sie mussten sich seitlich an der Wand entlangdrücken, bis sie zu einem Fenster kamen, von dem aus sie ins Innere von Mystwerk House gelangen konnten. Han fischte seine Klinge unter dem Umhang hervor und zwängte sie zwischen die beiden Flügel des Fensters, sodass er es entriegeln konnte. Nachdem er die Flügel aufgestoßen hatte, blinzelte er in ein leeres Klassenzimmer. Er setzte sich auf den steinernen Sims, drehte sich und schlüpfte hindurch, dann ließ er sich mit den Füßen voran auf den Boden auf der anderen Seite fallen. Dancer reichte ihm die Laterne und folgte ihm.
    Leontus hat sicher nicht so was gemeint, als er gesagt hat, dass ich es locker angehen lassen soll, dachte Han und versuchte, den quälenden Schmerz in seinem Arm und in seiner Schulter zu ignorieren.
    Dancer blinzelte vorsichtig durch die Tür des Klassenzimmers. Einen Moment lang stand er nur da und lauschte mit geneigtem Kopf, dann winkte er Han in den Korridor.
    Sie folgten dem Gang, bis sie eine Treppe fanden, die nach oben führte. Han liebte Steintreppen – sie quietschten nicht unter seinen Füßen. Sie stiegen an den Stockwerken der Versierten und Master vorbei und schlugen einen weiten Bogen um beleuchtete Arbeitszimmer und Übungsräume.
    Die Tür zum Glockenturm war verschlossen, aber Han hatte kein Problem, sie ebenso wie die Fenster mit seiner flachen Klinge zu öffnen. Die Tür führte zu einer schmalen Treppe – die diesmal aus Holz bestand. Hans Ellenbogen stießen immer wieder an die Wände, während er die gewundende Treppe hinaufstieg.
    Ratten huschten vor ihnen über die Stufen und schlüpften in verborgene Spalten. Oben angekommen, führte eine unverschlossene Tür zur Glockenkammer.
    Dancer blendete die Laterne wieder auf und stellte sie in eine Ecke, dann sahen sie sich um. Glockenseile hingen wie gespenstische Schweife von den vier riesigen Glocken, die in letzter Zeit den Rhythmus von Hans Leben bestimmten. Eine Leiter lehnte an einer der Wände und gestattete Zugang zum Mechanismus der Glocken.
    Han ging durch den Raum und merkte sich jede Einzelheit, damit er in Aediion dorthin zurückkehren konnte. Er ließ sich in einer Ecke nieder und zog den Kinley aus der Tasche.
    Dancer hockte sich ein kurzes Stück von ihm entfernt ebenfalls an die Wand. Er holte einen Zeichenblock heraus und legte ihn in seinen Schoß. »Ab wann soll ich anfangen, mir Sorgen zu machen?«, fragte er.
    »Gib mir eine halbe Stunde«, sagte Han.
    »Das ist zu lang«, wandte Dancer ein. »Du weißt nicht, wie viel Macht du wieder angesammelt hast. Versuch es erst mal mit weniger Zeit.«
    »Ich kann schon nach fünf Minuten tot sein«, sagte Han. »Entweder ich tue das hier – oder ich tue es nicht. Ich habe viel zu lernen und nicht viel Zeit.«
    Trotzdem, und obwohl ein kühler Wind durch die Mauern des Glockenturms wehte, war er nervös und schwitzte. Er holte ein paarmal tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen.
    Diesmal war kein Gryphon da, der ihn wieder zurückholen konnte, wenn er zu lange wegblieb. Er konnte nur hoffen, dass es Dancer gelang, nach Aediion zu kommen, wenn es nötig

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