Das Exil Der Königin: Roman
der Lage wäre, die Barrieren aus Klassenunterschieden und Pflicht zu durchbrechen.
Würden sie jemals wieder Freunde sein können?
Sie hatte nicht einmal mehr genügend Energie, um sich Sorgen darüber zu machen, dass sie wieder mit dieser Cat zusammenstoßen könnte. In diesem Augenblick kam ihr die Vorstellung, die Kehle durchgeschnitten zu bekommen, sogar wie eine gute Lösung vor.
In der nächsten halben Stunde beruhigten Hallie und Talia sie, versorgten sie mit Tee und versuchten, ihr etwas zu essen einzutrichtern. Den größten Teil der Zeit saßen sie aber einfach nur bei ihr, hielten ihre Hände und sagten nichts. Und trotz ihres Herzschmerzes fühlte Raisa sich allein durch ihre Anwesenheit irgendwie besser. Vielleicht war dies das Gefühl, das man bei echten Freunden hatte.
Schließlich hörte sie die Treppe knarren und erkannte Amons Schritte.
»Wir bleiben, wenn du das möchtest«, bot Hallie rasch an. »Egal, was der Korporal sagt.«
Raisa schüttelte den Kopf. »Wir müssen uns unterhalten. Das hätten wir schon vor langer Zeit tun sollen.«
Er klopfte an die Tür.
»Herein!«, rief Talia, und Amon schob die Tür auf. Er stand da und starrte die drei an; sein Gesicht wirkte eingefallen, seine Miene ernst und entschlossen.
Talia und Hallie küssten Raisa jeweils auf eine Wange. »Wir sind unten, falls du uns brauchst«, sagte Talia. Und dann gingen sie, schlugen einen Bogen um Amon und warfen ihm einen strengen Blick zu.
Stille senkte sich über sie beide. Raisa saß aufrecht auf ihrem Bett, den Rücken an die Wand gelehnt und die Arme um ihre Knie geschlungen.
Schließlich nahm Amon den Stuhl von Raisas Tisch und stellte ihn neben ihr Bett. Er setzte sich. »Ich bin froh, dass du wohlbehalten zurück bist«, begann er. »Ich hätte dir gleich folgen sollen, als ich gemerkt habe, dass du die Brücke überquert hast.«
»Nun, das wäre wohl ziemlich ungünstig gewesen«, sagte Raisa und legte das Kinn auf die Knie. »Aber bei dem hier geht es nicht darum, dass ich die Brücke überquert habe, oder?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, darum geht es nicht.« Er spielte mit dem schweren Ring an seiner linken Hand. Dem goldenen Grauwolfring.
Raisa wünschte fast, es wäre so. Sie hätte lieber gegen ihn gekämpft, als eine solche Unterhaltung führen zu müssen. »Wer ist sie?«
Amon sah auf. »Sie heißt Annamaya Dubai«, sagte er. »Ihre Familie kommt von den Südlichen Inseln, wie du wahrscheinlich bereits gesehen hast. Ihr Vater ist beim Militär – er ist ein Söldner in den Fells. Er ist einer der wenigen Streifen in der regulären Armee, denen mein Vater vertraut.«
»Und wie hast du sie kennengelernt?«
»Unsere Väter haben das arrangiert. Sie dachten, wir würden gut zusammenpassen.«
Es klang, als wären sie zwei Kutschpferde.
»Nun ja«, nickte Raisa. »Sie ist groß.«
»Hör auf, Rai«, sagte Amon. »Ich entschuldige mich nicht dafür, dass ich sie treffe. Ich entschuldige mich dafür, dass ich es vor dir geheimgehalten habe. Du kannst auf mich einschlagen, wie du willst, aber lass sie außen vor. Sie ist nett und arbeitet hart und ist belesen. Sie spielt die Harfe exzellent – sie ist sehr talentiert. Und sie kann großartig mit Pferden umgehen. Sie hat ihr ganzes Leben lang in einem militärischen Haushalt gelebt, also weiß sie, was sie erwartet – dass meine erste Pflicht der Wache gelten wird.«
Die Wahrheit traf sie wie ein Fausthieb ins Gesicht. Ihr Herz hämmerte so laut, dass sie glaubte, er müsste es hören können.
»Du willst sie heiraten«, flüsterte sie.
Er nickte und hielt den Blick auf den Boden gerichtet. »Erst wenn ich hier den Abschluss gemacht habe. Aber der Plan ist, dass wir unsere Verlobung bekanntgeben, wenn wir im Sommer zu den Fells zurückkehren.«
»Was?« Raisa wurde lauter. »Du willst heiraten, und du sagst mir keinen Ton ?«
Er sah zu ihr auf; seine grauen Augen ertranken fast in Schuldgefühlen. »Ich will mein Verhalten nicht verteidigen. Es war falsch, und ich weiß das. Ich hatte einfach nicht den Mut, es dir zu sagen.«
Für Raisa war jeder Satz von Amon wie ein körperlicher Schlag. Sie wollte ihn ebenfalls verletzen.
Nun, es ist klar, dass sie alles ist, was man sich von einer Ehefrau nur wünschen könnte – eine pferdenärrische Harfenistin , wollte Raisa ihm entgegenschleudern. Aber als sie Amon ansah, war seine Miene so traurig und hoffnungslos, dass ihr die Worte auf der Zunge erstarben.
»Du liebst sie nicht«,
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