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Das Exil Der Königin: Roman

Das Exil Der Königin: Roman

Titel: Das Exil Der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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gesehen.«
    »Das überrascht mich nicht«, antwortete Raisa und griff mit beiden Händen nach dem Strohhalm, der sich ihr jetzt bot, um ihre Würde zu retten. »Ich gehe hier auch zur Schule. Ich wollte nur mal sehen, wie’s im Tempel zugeht.«
    »Du bist von den Fells«, stellte die Geweihte fest und musterte Raisas Gesicht genau. Dann weiteten sich ihre Augen vor Erstaunen. »Du bist die, die bei Cuffs Alister war. Du bist wegen der Ragger ins Wachhaus von Southbridge gekommen.«
    Es war Cat. Cuffs Nachfolgerin als Streetlord der Ragger. Alisters ehemalige Freundin.
    Kein Wunder, dass Raisa sie nicht gleich erkannt hatte. Cat sah jetzt anders aus – wie ein etwas verwucherter, dorniger Garten, dessen sich irgendein begnadeter Gärtner angenommen hatte. Ihre Augen waren strahlend klar und nicht so bewölkt wie damals, und sie war nicht mehr ganz so dünn.
    Was tat sie hier in Odenford?
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte Raisa. In ihrem Geist blitzte das Bild von Cuffs Alister bei den Ställen auf. Gab es da eine Verbindung? Es spielte keine Rolle. Sie musste von hier weg.
    Verzweifelt rammte sie Cat die Faust in den Bauch und hoffte, dass sie sich damit nicht selbst den Todesstoß versetzte.
    Glücklicherweise war Cat abgelenkt und hatte den Hieb nicht kommen sehen. Sie krümmte sich und ließ das Messer fallen. Raisa rannte los. So schnell sie konnte, verschwand sie aus dem Tempelviertel und vom Kolleghof und rannte zur Brückenstraße. Sie rannte und rannte, als würde sie von Dämonen verfolgt werden.

KAPITEL ZWANZIG
Unter einem schlechten Stern
    R aisa legte den ganzen Weg zu Grindell House im Laufschritt zurück.
    Selbst den Gemeinschaftsraum durchquerte sie schnellen Schrittes und zog sich die verblüfften Blicke von Mick und Garrett zu, die beim Kartenspiel zusammensaßen. Und auch Talia und Hallie, die also doch nicht ausgegangen waren, sahen sie verwundert an. Sie sprang die Stufen hoch, stolperte in ihr Zimmer, schlug die Tür hinter sich zu und ließ sich auf ihr Bett fallen, wo sie das Gesicht in ihrem Kissen vergrub.
    Ein paar Minuten später hörte sie, wie sich die Tür leise öffnete. »Rebecca?« Es war Talia.
    »Geh weg«, sagte Raisa in ihr Kissen hinein und wünschte sich, sie hätte ein Zimmer für sich allein. Sie wünschte sich, sie wäre wieder Prinzessin und könnte anderen Leuten Befehle erteilen.
    Natürlich ging Talia nicht weg, sondern kam näher und setzte sich sogar noch auf Raisas Bettkante.
    »Ich dachte, ihr wolltet ausgehen«, murmelte Raisa.
    »Wir haben uns anders entschieden«, antwortete Talia und strich Raisa über die Haare. »Bist du ihm gefolgt?«
    Raisa nickte, das Gesicht immer noch im Kissen vergraben. »Wie lange wisst ihr schon, dass er sich mit jemandem trifft?«
    »Eine ganze Weile. Er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht …«
    »Nur mir gegenüber«, beendete Raisa den Satz. Sie wünschte, sie könnte sich in Luft auflösen. War es so offensichtlich gewesen, dass sie sich in Amon verliebt hatte? Wie konnte sie ihnen nur jemals wieder in die Augen sehen?
    Talia legte ihre Hände auf Raisas Schultern, grub sie tief in ihre Muskeln und knetete sie. »Er wollte dich nicht verletzen.«
    »Ich verstehe. Also hat er es mit dem Tripel besprochen, und ihr seid gemeinsam übereingekommen, dass …«
    »Nein, nein, nein .« Talias Hände verharrten. »So war es ganz und gar nicht. Er ist kein guter Lügner und dabei so verflucht ehrenhaft. Er ist absolut unglücklich, falls du das nicht bemerkt hast.«
    Raisa konnte Liebe in Talias Stimme hören. Alle Mitglieder der Grauwölfe liebten Amon Byrne. Das verband sie.
    Die Tür öffnete sich und wurde wieder geschlossen. Raisa zuckte gereizt.
    »Komm schon«, versuchte Talia sie aufzumuntern. »Hallie hat dir etwas Tee gemacht.«
    »Ich kann dir auch etwas Stärkeres bringen, wenn du willst«, sagte Hallie. »Aber ich dachte, Branntwein würde dich bestimmt umhauen.«
    Raisa schüttelte den Kopf. Sie musste bei klarem Verstand bleiben.
    »Wir wussten nicht, ob zwischen euch beiden was gewesen ist«, fuhr Talia fort. »Oder ob irgendwelche Versprechen gegeben wurden, aber …«
    »Nein«, sagte Raisa voller Bitterkeit. »Da war nichts. Wir sind Freunde, das ist alles.«
    Ich habe immer geglaubt, ich wäre gut darin, andere Leute einzuschätzen, dachte sie. Ich habe Amon geliebt, und ich war überzeugt davon, dass er mich auch liebt – oder dass ich ihn dazu bringen könnte, mich zu lieben, wenn ich einfach nur in

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