Das Exil Der Königin: Roman
nicht nötig.«
Ihre Schritte wurden langsamer, und dann blieb sie stehen, während ihr Herz schneller schlug und heftig pochte. »Alister?«, flüsterte sie. Und dann lauter: »Alister, bist du das?«
»Komm raus auf die Straße und sieh nach.« Er machte zwei Schritte zurück, sodass das Licht der Laternen auf sein Gesicht fiel.
Sie ging weiter und verließ die Gasse, und als sie den Kopf hob, blickte sie in zwei blaue Augen, von denen sie geglaubt hatte, dass sie sie nie wieder sehen würde. Ihr Herz schwoll so sehr an, dass es fast platzte, und sie musste sich anstrengen, dass die Luft, die sie einatmete, sich an dem Kloß in ihrer Kehle vorbeischob.
»Heilige Hanalea, du bist es wirklich«, flüsterte sie. Tränen traten ihr in die Augen, so schnell, dass sie es nicht verhindern konnte.
»Hallo, Rebecca«, sagte Cuffs Alister und fügte rasch hinzu: »He, komm schon. Schau nicht so erschreckt. Ich bin kein Gespenst, wenn es das ist, was du denkst.«
»Aber ich habe gehört, du wärst tot«, antwortete Raisa beinahe vorwurfsvoll. »Man hat deine blutverschmierten Sachen am Flussufer gefunden.«
»Ich musste die Blaujacken von mir wegkriegen. Also hab ich meinen Tod vorgetäuscht.« Er lächelte, ein seltsam schmerzvolles Lächeln. »Schätze, es hat funktioniert.«
Die Wiederauferstehung stand ihm gut. Er war besser gekleidet, als sie es in Erinnerung hatte. Nicht extravagant, aber seine Kleider wirkten neu, und der Stoff schien von guter Qualität zu sein. Sie sahen gut aus, und der wollene Umhang verbarg seine große, schlanke Gestalt und seine breiten Schultern nicht.
Als Raisa ihn zuletzt gesehen hatte, waren seine Haare zottelig und schmutzig braun gewesen, und er hatte die Kleidung der Clans getragen. Jetzt sahen seine Haare aus, als wären sie erst kürzlich geschnitten worden. Und sie glänzten wie gesponnenes Gold im Licht der Straßenlaterne. Es war wie in einer dieser alten Romanzen, in denen der Arme seine Lumpen ablegte und zu einem Prinzen wurde.
Auch sein Gesicht war verändert. Beim letzten Mal war es voller Prellungen und Schrammen von den Schlägen gewesen, die ihm die Wache der Königin verpasst hatte. Jetzt sah sie, dass er hohe Wangenknochen und eine lange, gerade Nase hatte; nur ein kleiner Knubbel darauf zeigte, dass sie einmal gebrochen gewesen sein musste. Schatten hatten sich in seine Gesichtszüge gegraben, die vorher nicht dort gewesen waren und die sowohl von erlittenem als auch erwartetem Schmerz erzählten.
»Was tust du hier?«, fragte Raisa, in der unzählige Fragen brodelten.
»Ich gehe hier zur Schule, genauso wie du.« Cuffs sah über ihre Schulter hinweg in die Gasse. »Verschwinden wir lieber von hier, bevor dein Freund wieder mutig wird.« Er machte eine Pause und neigte den Kopf etwas. »Oder willst du die Hochschulwache rufen?«
Er war es wahrscheinlich nicht gewohnt, sich an das Gesetz zu wenden.
Raisa stellte sich die unschöne Situation vor, wie sich eine Menge bilden würde, und schüttelte den Kopf.
»Dann gehen wir.« Er legte ihr eine Hand zwischen die Schulterblätter und führte sie nach links, auf den Fluss zu. Seine Berührung wurde von einem Summen begleitet, einer Hitze und einem Kribbeln, beinahe wie …
»Möchtest du zur Brückenstraße?«, fragte er. »Wir könnten irgendwo etwas Apfelwein trinken und uns unterhalten.«
Raisa blieb beinahe abrupt stehen. Cuffs sah sie mit einem Blick an, als befürchtete er, eine Grenze überschritten zu haben. »Ich meine, sofern du keine anderen Pläne hast. Es ist nur … ich würde gern mit dir reden.«
»Ich möchte lieber nicht zur Brückenstraße gehen«, sagte Raisa. »Nach dem, was passiert ist, möchte ich nicht unter Leuten sein.«
»Also schön«, antwortete er und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Ich könnte dich auch nach Grindell zurückbringen.«
In ihrem Kopf schrillten Alarmglocken. »Woher weißt du, wo ich wohne?«, fragte sie.
»Na ja, ich … äh … bin dir von dort hierher gefolgt«, gab er zu.
»Du bist mir gefolgt ?«
Er hob beschwichtigend beide Hände und sah sich auf der belebten Straße um, als würde er sich Sorgen machen, dass sie belauscht werden könnten. »Ich erkläre es dir. Wenn wir uns irgendwo unterhalten.«
Raisa stellte sich vor, wie sie in ihr Wohnheim zurückgingen. Sie sah die neugierigen Augen der Grauwölfe vor sich, ganz zu schweigen davon, dass sie Amon Byrne begegnen konnten.
Vermutlich würde in den nächsten Stunden niemand dort
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