Das Exil Der Königin: Roman
gefährlich er ist. Nein, nichts davon konnte sie Amon sagen.
»Er begleitet mich zum Kadettenball«, sagte Raisa schließlich. »Nur, damit du Bescheid weißt.«
»Rai.« Amon nahm ihre Hände in seine. »Was immer du tust, verliebe dich nicht in ihn.«
Raisa nickte, aber sie wusste, dass es dafür bereits zu spät war.
KAPITEL EINUNDDREISSIG
Verrat
H an hockte auf den Pflastersteinen auf den Fersen und starrte auf Cat hinunter. Über ihrem rechten Auge, wo sie gegen die Wand geprallt war, befand sich eine purpurrote Beule. Das Gewebe über dem Brauenknochen schwoll an und ließ ihr Gesicht schief aussehen. Wäre der Winkel ein bisschen anders gewesen, hätte sie sich vielleicht das Auge ausgeschlagen.
Er sah zu Dancer hoch. »Hast du gewusst, dass sie mich verfolgt hat?«, fragte er.
»Schsch.« Dancer legte einen Finger an seine Lippen und sah den Weg erst in die eine, dann in die andere Richtung entlang. »Ich wusste, dass sie etwas vorhatte, deshalb bin ich ihr gefolgt«, sagte er dann. »Ich hätte nicht zugelassen, dass sie dir die Kehle durchschneidet oder so.«
»Wie beruhigend.« Han stand auf und nahm mit einer schwungvollen Bewegung seinen zerschnittenen Umhang vom Boden auf. »Wann hattest du vor, einzugreifen?«
»Schaffen wir sie rein, bevor die Hochschulwachen auftauchen«, sagte Dancer anstelle einer Antwort.
»Wieso? Sollen sie sie doch in den Kerker stecken«, sagte Han. »Ich bin fertig mit ihr.« Han war von jemandem überfallen worden, den er für seinen Freund gehalten hatte. Nie hätte er gedacht, dass Cat versuchen würde, auf ihn loszugehen und ihn zu bestehlen. Nach allem, was zuvor geschehen war, reichte es ihm jetzt.
Dancer würdigte seine Bemerkung keiner Antwort. »Komm. Wir können sie nicht übers Dach und durch das Fenster schaffen. Ich trage sie, und du gehst voraus und lenkst Blevins ab, falls er wach sein sollte.« Dancer verstaute Cats Messer und schob seine Hände unter ihren Körper, um sie hochzuheben. Sie stöhnte, öffnete aber nicht die Augen.
Han ging voraus und hielt im Gemeinschaftsraum des Wohnheims nach Blevins Ausschau. Der Hauswart schlief tief und fest in seinem Sessel beim Feuer. Er wartete auf sie. Es würde ihn fuchsteufelswild machen, wenn er feststellte, dass er sie nicht dabei erwischt hatte, wie sie nach der Sperrstunde reingeschlichen waren.
Han winkte Dancer weiter, und sie gingen auf Zehenspitzen an Blevins vorbei und stiegen dann die Stufen hinauf, wobei sie ganz am Rand auftraten, damit sie nicht knarrten.
Glücklicherweise erreichten sie die vierte Etage, ohne irgendwem auf der Treppe zu begegnen. Han schob seine Zimmertür auf, und Dancer folgte ihm. Er legte Cat auf Hans Bett.
»Ich hole etwas kaltes Wasser für ihren Kopf«, sagte Dancer. Er nahm die Schüssel und ging zum Waschraum im dritten Stock.
Er ist ein bisschen arg besorgt um eine, die meinen guten Umhang zerschnitten hat und mich erst vor wenigen Minuten mit einem Messer bedroht hat, dachte Han.
Er zündete zwei Kerzen an, um die Schatten zu vertreiben. Es dauerte noch Stunden bis zur Morgendämmerung.
Cat stöhnte; sie drückte sich die Hände an die Stirn. Han tastete sie sorgfältig ab und nahm ihr drei weitere Messer weg. Dancer kehrte mit der Schüssel zurück, machte einen Lappen nass und legte ihn auf die Beule an Cats Stirn. Sie griff nach oben und riss ihn weg, und er legte ihn wieder hin. Sie schlug seine Hand weg und öffnete die Augen.
»Geh weg von mir, du mistfressender Kupfer…« Sie hörte abrupt auf, als die Erinnerung in sie zurückströmte. »Beim Blute und den Gebeinen«, flüsterte sie. Ihr Blick richtete sich auf Hans Gesicht, und sie zuckte zusammen und schloss die Augen wieder.
»Wieso hast du mich nicht getötet?«, flüsterte sie und leckte sich über die Lippen.
»Das kann ich immer noch tun«, antwortete Han. »Aber Dancer war der Meinung, dass du uns vorher noch was zu sagen hättest.«
»Ich hab nichts zu sagen«, flüsterte Cat. »Schneid mir einfach die Kehle durch und mach der Sache ein Ende.« Sie legte den Kopf in den Nacken, sodass ihre Kehle ungeschützt war; wie ein Wolf, der sich dem Alphamännchen des Rudels unterwarf.
Dancer setzte sich neben sie auf das Bett. »Nein. Du hast uns in Arden das Leben gerettet. Und du verdienst es, angehört zu werden. Ich will wissen, was mit dir nicht stimmt. In den letzten Wochen warst du irgendwie anders. Du hast irgendwie verzweifelt gewirkt.«
»Wovon redest du?«, fragte Han gereizt. »Du
Weitere Kostenlose Bücher