Das Exil Der Königin: Roman
Soldaten mit schussbereiten Armbrüsten in den Händen von überall her aus dem Wald strömten.
»Nehmt die Hände hoch, sofort!«, rief ein junger Mann mit dunklen Haaren und schlammbraunen Augen. Um seinen Hals hing ein rotes Offizierstuch, und ein Roter Falke war auf seinem Umhang zu sehen.
Micah und Fiona wechselten einen Blick, dann hoben sie langsam die Hände. Die anderen, auch Raisa, folgten ihrem Beispiel.
Die Soldaten hatten Wolluniformen an, die schon ziemlich abgenutzt aussahen. Außerdem trugen einige nicht zusammenpassende Rüstungsteile, andere gar keine. Bei den einen war der Rote Falke zu sehen, bei den anderen gar kein Emblem. Ihren hageren Mienen nach zu urteilen waren sie schon seit Monaten unterwegs. Handelte es sich möglicherweise um eine der umherwandernden Söldnerbanden, vor denen Amon sie gewarnt hatte?
»Kommt bloß nicht auf die Idee, eure Zauberstücke zu berühren«, sprach der Offizier weiter.
Micah beugte sich zu Fiona hinüber. »Er ist magiebegabt«, zischte er aus dem Mundwinkel.
»Das habe ich bemerkt«, schnappte sie. »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Fiona den Offizier mit finsterem Blick. »Wer seid Ihr?«
»Sammelt die Zauberstücke und alle anderen Waffen ein, die ihr finden könnt«, rief der Offizier seinen Männern zu. Er beachtete Fiona nicht. »Berührt die Amulette aber nicht direkt. Haltet sie an den Ketten hoch.«
Die Soldaten gingen von einem zum anderen und nahmen ihnen die Amulette ab, ebenso wie die Dolche und die Schwerter. Als er zu Raisa kam, schüttelte sie den Kopf.
»Ich habe kein Amulett. Und auch keine Waffe. Tut mir leid.«
Der Soldat warf seinem Offizier einen Blick zu, der daraufhin sagte: »Sie wird wirklich keins haben. Sie ist nicht begabt.«
Der Soldat tastete sie trotzdem ab, fand aber nichts, weil sie ihren Dolch in der Bibliothek gelassen hatte.
Als sie alle entwaffnet waren, gab der Offizier seinen Männern das Zeichen, ihre Armbrüste runterzunehmen. Die Hände behielten sie allerdings an den Schwertgriffen. »Ich möchte mich vorstellen. Ich bin Marin Karn, Befehlshaber der Armee des Königs von Arden.«
Von welchem König?, wollte Raisa fragen, tat es aber nicht. Doch sie wusste, dass der Kampf um den Thron ebenso wie der Krieg noch in vollem Gange sein musste.
»Arden!« Micah legte den Kopf schief. »Aber wir befinden uns in Tamron. Arden ist auf der anderen Seite des Flusses.«
»Verflucht!«, sagte Befehlshaber Karn mit einem ironischen Grinsen. »Schätze, wir sind wieder vom Weg abgekommen, Jungs.«
Die anderen Soldaten schnaubten vor Lachen.
»Das ergibt keinen Sinn«, sagte Fiona. »Ihr seid ein Magier. Aber Magie ist in Arden verboten. Man verbrennt Magier in …«
»Ja«, unterbrach Karn sie mit einem Nicken. »Das ist so. Die Kirche hat strikte Gesetze.«
Fiona runzelte die Stirn. »Wie können dann begabte Soldaten in der Armee des Königs von Arden sein?«, beharrte sie.
Karn schüttelte den Kopf. »Natürlich würden wir das nie zugeben. Die meisten, die gegen uns vorgehen, überleben es nicht und können daher nichts weitererzählen. Und diejenigen, die es überleben, erinnern sich nicht mehr. Und nur Magier erkennen andere mit dieser Gabe.«
»Dann setzt Ihr also in den Ardenischen Kriegen Magie ein«, flüsterte Raisa.
»Wir haben gerade erst damit angefangen«, erzählte Karn. »Wir haben über ein Dutzend Amulettschwinger. Viele sind noch jung; wir haben sie rekrutiert, als sie auf dem Weg nach Odenford waren. Die meisten hatten keine Ausbildung. Einige haben nicht einmal Amulette. Und an dieser Stelle kommt ihr ins Spiel.«
»Was meint Ihr damit?«, fragte Micah.
»Ich vermute, dass ihr Studenten von Odenford seid. Ihr habt dort an der Akademie eine erstklassige Ausbildung erhalten. Und wir wollen, dass ihr unseren Rekruten Magie beibringt.«
»Ich fürchte, das ist nicht möglich.« Micah warf Raisa einen Blick zu. »Wir haben dringende Geschäfte in den Fells zu erledigen und können das Risiko nicht eingehen, in Euren Bürgerkrieg verwickelt zu werden.«
Karn wirkte unbeeindruckt. »Denkt lieber noch einmal darüber nach, bevor ihr ablehnt. Auf dieser Seite des Flusses lagern hunderte von unseren Soldaten, und auf der anderen befindet sich eine Armee von einigen tausend Mann.« Er sah zum Fluss hin und nahm Haltung an. »Da kommt der König.«
Eine kleine Gruppe von Männern kam vom Flussufer her direkt auf sie zu. Vier stämmige, voll gerüstete und bewaffnete Männer umringten einen
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