Das Exil Der Königin: Roman
Linie.«
»Ist es wirklich so schlimm?«, fragte Raisa. »In der Hauptstadt haben wir gar nichts davon gehört.«
»Hör gut zu, Kadett«, antwortete Barlow, dessen hängebackiges Gesicht jetzt vor Wut pinkfarben wurde. »Die Wasserläufer haben spezielle Pläne für Häppchen wie dich. Sie verfüttern dich an die Wassergatoren, um ihren Göttern zu huldigen.«
»So was wie Wassergatoren gibt es gar nicht«, erwiderte Raisa und verdrehte die Augen.
Der Sergeant schnaubte. »Ja, das sagst du jetzt. Wir werden sehen, was dir später dazu einfällt. Sofern du dann noch in der Lage bist, Bericht zu erstatten. Diese Wassergatoren werden bis zu hundert Fuß lang, und ihre Zähne sind so groß wie Breitschwerter und auch genauso scharf. Ich habe mit einem Mann gesprochen, der gesehen hat, wie einer von ihnen ein ganzes Einbaum-Boot verschluckt hat, mit allen, die an Bord waren.«
»Wir werden vorsichtig sein, Sergeant«, beschwichtigte ihn Amon. »Danke für die Warnung. Und jetzt weiter, Morley«, fuhr er Raisa an. »Sonst wirst du die Zelte in der Dunkelheit aufbauen.«
Und jetzt wie weiter?, fragte Raisa sich. Sollen wir den ganzen Weg nach Odenford zu Fuß zurücklegen? Wenn wir die Pferde nicht mitnehmen können, haben wir keine großen Chancen.
Der Sergeant hob eine Hand. »Eine Minute noch. Ihr da. Ihr Frauen. Wie heißt ihr?«
»Wieso fragst du?«, fragte Amon und lenkte sein Pferd zwischen die Wölfe und den Sergeant.
»Na ja …« Der Sergeant sah mit gerunzelter Stirn zum Garnisonshaus hoch. »Da oben sind ein paar Magier, die sich jede junge Dame ansehen wollen, die hier durchkommt.«
»Und wieso?«, fragte Hallie gedehnt. »Falls du den Heiratsvermittler für sie spielst … ich steh nicht auf Fluchbringer, nur dass du’s weißt.«
Die Grauwölfe kicherten, und das Rot in Barlows Gesicht vertiefte sich sogar noch. »Scheint, als wäre die Erbprinzessin weggelaufen oder entführt worden oder so was in der Art. Deshalb haben sie hier an der Grenze Quartier genommen, um zu sehen, ob sie hier rüber will. Aber wie ich schon sagte, es wäre ziemlich dumm von ihr, diesen Weg zu nehmen.«
»Wieso haben sich denn Magier auf die Suche nach der Prinzessin gemacht?«, fragte Amon und versuchte, beiläufig zu klingen. »Ist das nicht unsere Aufgabe?«
»Ja, das dachte ich eigentlich auch«, antwortete Barlow. »Aber heutzutage ist nichts mehr sicher. Die Magier stecken ihre Nasen in alles, was sie nichts angeht.«
»Ich bin überrascht, Sergeant, dass Magier an einen so abgelegenen Ort kommen«, sagte Raisa und bemühte sich, ihre Stimme unberührt klingen zu lassen. »Dafür, dass sie sonst daran gewöhnt sind, sich bedienen zu lassen und üppig zu speisen und so weiter.«
»Da hast du völlig recht«, erwiderte Sergeant Barlow und schenkte Raisa jetzt etwas mehr Anerkennung. »Sie sind zu dritt und nicht viel älter als du. Und wie ich gehört habe, soll einer von ihnen der Sohn des Hohemagiers sein.«
Micah! Raisas Mund fühlte sich plötzlich metallisch an, und ein Zittern durchlief ihren Körper. Sie warf einen Blick zu Amon hinüber, der so ausdruckslos dasaß wie eine Tempelstatue.
»Leutnant Gillen hat uns aufgetragen, ihnen zu geben, was immer sie haben wollen«, erzählte Barlow weiter. »Und sie haben uns prompt die besten Sachen weggegessen und weggetrunken, und sie bleiben bis in die Puppen auf, schlafen sich aus und verlangen dies und das und sind nie zufrieden mit dem, was sie von uns kriegen.« Barlow schnaubte verächtlich. »Zuerst sind sie unten beim Tor geblieben, aber dann war da so wenig los, dass sie wohl keine Lust mehr hatten, ihre Zeit damit zu verschwenden. Jetzt ist es schon zu viel verlangt, dass sie hier runterkommen, also sollen wir alle Damen festhalten und nach oben bringen, damit sie sie sich ansehen können.« Er räusperte sich und spuckte aus. »Wir sind im Moment nur knapp besetzt. Eine halbe Schwadron hat sich zum Demonai-Camp aufgemacht, ist aber noch nicht wieder zurückgekehrt.«
Raisa sah am Garnisonshaus hoch, einem riesigen Gebäude aus Stein mit senkrechten, schlitzförmigen Fenstern, die einen Blick über die Straße gewährten. Sie wandte sich schnell ab und unterdrückte den Drang, ihr Gesicht zu verstecken. Ihr Nacken prickelte, und ihr Herz bebte. Es war gut möglich, dass Micah Bayar genau in diesem Moment auf sie herunterblickte.
Die Erinnerung an seinen Verrat brannte noch immer. Micah hatte sie mit seinen Magier-Küssen und mithilfe eines
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