Das Exil Der Königin: Roman
unbehaglichen Pause bückte Dimitri sich und legte seinen Stock neben den von Amon auf den Boden. Er richtete sich auf und machte einen Schritt zurück.
Der ältere Mann und die Frau folgten Dimitris Beispiel, auch wenn sie nicht ganz damit einverstanden zu sein schienen. Sie flankierten Dimitri, indem sie ein Stück nach hinten versetzt neben ihm standen.
»Können wir in der Allgemeinen Sprache sprechen, damit alle hier verstehen können, was gesagt wird?«, fragte Amon und wies mit der Hand in Raisas Richtung.
Dimitri sah seine Kameraden an, und sie zuckten mit den Schultern.
»Möchtet ihr euch an mein Feuer setzen?«, fragte Amon und deutete auf die von Raisa in Gang gebrachten kleinen Flammen.
Die Wasserläufer zogen finstere Gesichter, als würden sie zögern, auch nur diesen kleinen Beweis an Gastfreundschaft anzunehmen.
Bei den Gebeinen , dachte Raisa zitternd. Sie werden uns ganz bestimmt töten.
Schließlich nahm Dimitri seinen Umhang ab, warf ihn auf den Boden und setzte sich darauf. Die anderen beiden taten es ihm gleich, und sie alle machten es sich mit gekreuzten Beinen vor dem Feuer bequem.
Amon setzte sich ebenfalls, und Raisa ließ sich neben ihm nieder.
»Das hier ist Rebecca Morley«, sagte Amon und berührte Raisa an der Schulter.
»Seid ihr zwei einander versprochen?«, fragte Leili unverblümt. Ironischerweise klang die Allgemeine Sprache stets formaler als die anderen Sprachen, die in den Sieben Reichen gesprochen wurden.
»Nein.« Amon schüttelte den Kopf, während seine Wangen sich röteten. »Sie ist ein Kadett. Eine Einjährige.«
»Also ein weiterer Soldat«, sagte Dimitri.
»Sie ist kein Soldat«, sagte Amon. »Nur eine Schülerin.«
»Trotzdem gehört sie zu den Soldaten«, beharrte Dimitri und sah Adoni und Leili an, die beide nickten. Raisas kribbelnde Unsicherheit verstärkte sich noch mehr. Das hier sind seine Berater, dachte sie. Er sucht ihren Beistand. Und sie hassen uns.
»Bist du jetzt Lord?«, fragte Amon an Dimitri gewandt.
»Ja, das bin ich«, antwortete Dimitri und fingerte verlegen an den aufwendig bestickten Säumen seiner Ärmel herum.
»Was ist mit deinem Vater?«, fragte Amon in seiner direkten Art. »Wo ist er?«
»Mein Vater ist in Rivertown gestorben.«
»Es tut mir leid, das zu hören«, sagte Amon. »Was ist mit Lord Cadri passiert?«
»Wieso bist du mit Soldaten hergekommen?«, platzte Dimitri heraus.
»Wir sind auf der Durchreise«, erklärte Amon. »Wir wollen zur Akademie in Odenford. Ich habe in Rivertown Halt gemacht, um den Reisesegen zu erbitten, aber das Dorf war weg.«
»Ja«, sagte Dimitri. »Rivertown ist weg. Soldaten von den Fells haben es im Hochsommer zerstört.«
Süße Hanalea! Raisa öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder, ohne etwas zu sagen.
»An der Westmauer hat man mir gesagt, dass es Ärger entlang der Grenze gegeben hätte«, erwiderte Amon. »Was ist los?«
Der ältere Mann sprach jetzt in der Sprache der Wasserläufer und begleitete seine Worte mit raschen, heftigen Gebärden. Dimitri blickte Raisa an, dann übersetzte er schnell. »Die Königin der Fells schickt uns eine vergiftete Drynne. Es wird von Tag zu Tag schlimmer. Fische können darin nicht mehr leben. Das Gift tötet die Pflanzen, die wir zum Essen sammeln. Unsere Kinder werden krank und sterben. Aber wenn wir uns beklagen, tut sie nichts. Das Problem besteht schon seit Langem, aber jetzt ist es schlimmer denn je.«
Amon nickte. »Ich weiß. Flüchtlinge aus dem Ardenischen Krieg haben sich in Fellsmarch niedergelassen. Sie lagern an den Ufern und leeren ihr Schmutzwasser in den Fluss. Das hat eine sowieso schon schlimme Situation nur noch schlimmer gemacht.«
Der Fluss war ein Übel, seit Raisa denken konnte. Das Abwassersystem in Fellsmarch war vor Hunderten von Jahren erbaut worden, während irgendeiner Blütezeit, in der viel Gemeinsinn geherrscht hatte. Jetzt jedoch, da die Unterhaltung einer Söldner-Armee zusätzliche Kosten verursachte und die Steuern aufgrund der kriegsbedingten Handelsflaute abnahmen, schien nie genug Geld da zu sein, um die Reparaturen in Angriff zu nehmen.
Die Clans beklagten sich darüber, dass sie einen sauberen Fluss von den hohen Spirit Mountains ins Tal hinabschicken würden, nur um dann zu erleben, wie die Bewohner des Vales ihn zur Müllentsorgung nutzten.
»Wenn wir unsere Familien nicht mehr ernähren können«, sprach Dimitri weiter, »haben wir keine andere Wahl, als uns von anderen zu nehmen, was wir
Weitere Kostenlose Bücher