Das Exil Der Königin: Roman
vorbereitet. Aber ich bin hier, weil es heißt, dass diese Akademie einem die beste Ausbildung der Sieben Reiche zuteil werden lässt. Ich bin hier, um die Lücken in meiner Ausbildung zu schließen, um mich auf die Zeiten vorzubereiten, in denen ich ganz allein Entscheidungen treffen werde und in denen das Wissen über Führung, Ingenieurswesen und die militärischen Wissenschaften den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg bedeuten könnte.«
Raisa sah Amon an, der abgesehen von seinen grauen Augen, die von ihr zu Askell und wieder zurück flatterten, reglos dasaß. »Was Befehlshaber Byrne vorgeschlagen hat, klingt ganz nach dem, was ich brauche. Aber ich werde auch als einfacher Soldat trainieren, wenn es das ist, was ich tun muss, um eine Ausbildung zu bekommen. Ich werde an dem Platz wohnen, den Ihr mir zuweist. Ich erbitte keine besondere Unterbringung von Euch. Wenn ich versage, versage ich. Aber vielleicht werde ich bis dahin einiges gelernt haben. Sir.«
Raisa verbeugte sich vor dem Master und salutierte erneut, wie Amon es getan hatte. »Ich danke Euch für Eure Zeit, Sir. Ich lasse Euch jetzt allein, damit Ihr dies mit Befehlshaber Byrne besprechen könnt.« Sie ging aus dem Zimmer und war sich sicher, dass sie damit ihre Chancen endgültig ruiniert hatte, in Wien House bleiben zu können.
Tränen der Wut brannten in ihren Augen, als sie mit lauten Schritten die Stufen hinunterstürzte. Im zweiten Stock blieb sie stehen, um sich zu sammeln, ehe sie ganz nach unten ging. Ab wann war es so wichtig für sie geworden, in Wien House zugelassen zu werden? Noch vor zwei Monaten hätte sie nie im Traum daran gedacht, so etwas zu wollen. War das alles nur ein kindlicher Wunsch nach etwas, das ihr verweigert wurde? War dies etwas, das sie vor allen Dingen wollte, seit sie Askells Ablehnung gespürt hatte?
Aber andererseits hatte sie vor zwei Monaten auch noch nichts von Gavan Bayars verräterischen Plänen gewusst, von seinem Vorhaben, die F u egung zu unterlaufen und die Macht zu ergreifen, indem er seinen Sohn mit der zukünftigen Königin der Fells verheiratete. Wenn sie zurückkehrte, musste sie für die Schlachten, die vor ihr lagen, gut gerüstet sein.
Und dieser Amon Byrne hatte sich in einen wirklich verschlagenen Kerl verwandelt. Wann hatte er diesen neuen Plan für ihre Ausbildung ausgeheckt, und wann hatte er vorgehabt, ihr davon zu erzählen? Es war arrogant von ihm, und doch konnte sie nicht verhindern, dass sie sich davon zugleich berührt fühlte.
Was würde sie tun, wenn Askell sich weigerte, sie aufzunehmen? Sie hatte keine großen Wahlmöglichkeiten. Sie musste innerhalb des Schutzes bleiben, den Odenford bot. Aber wenn sie den Fluss zur Tempelschule überquerte, würde es sehr wahrscheinlich sein, dass sie von Micah Bayar oder seinen Freunden gesehen wurde. Und sie würde den Schutz der Grauwölfe verlieren.
Raisa fragte den Angestellten in der Eingangshalle, wie sie nach Grindell House kam. Sicherlich würde sie dort weiterhin eine Nacht schlafen dürfen, auch wenn sie am nächsten Tag hinausgeworfen wurde.
Als sie das Wohnheim erreichte, hatten die übrigen Grauwölfe bereits gegessen. Sie hatten für Raisa und Amon volle Teller mitgebracht, aber Raisa war der Appetit vergangen. Sie kauerte sich in einen gepolsterten Sessel beim kalten Kamin im Gemeinschaftsraum. Selbst als alle anderen längst ins Bett gegangen waren, trank sie dort noch bedächtig einen Becher Tee und wartete auf Amons Rückkehr.
Schließlich hörte sie seine vertrauten Schritte. Er blieb in der Tür stehen, eine große Silhouette, und sah sie an. »Ich dachte, du wärst schon im Bett«, sagte er.
»Was hat Askell gesagt?«, fragte Raisa.
Amon trat ins Licht und kniete sich neben ihren Sessel. Er schloss seine rauen Hände um ihre, und diese seltsame, wilde Energie floss zwischen ihnen hin und her. Die Zeiten schienen sich ineinanderzuschieben, und es kam ihr so vor, als könnte sie ein Stück voraussehen und erkennen, wie sich diese gleiche Szene weit in die Zukunft hinein immer und immer wiederholte, während sie zusammen alt wurden.
Eine Prophezeiung? Raisas Haut kribbelte, und ihr Herz schlug schneller. Was hatte das zu bedeuten?
»Was ist nur an dir?«, flüsterte Amon, und ein irritierter Blick lag auf seinem Gesicht. »Habe ich dir in letzter Zeit schon mal gesagt, dass du etwas ganz Besonderes bist?«
»Nicht in letzter Zeit«, flüsterte Raisa. »Oder überhaupt jemals.«
»Es tut mir leid, dass
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