Das Exil Der Königin: Roman
ins Leere starrte. Ein Muskel zuckte an seinem Kiefer. »Ich bin mir nicht sicher, was Ihr damit meint, Sir.« Raisa wollte auf Nummer sicher gehen und lieber ein paar Sirs zu viel einbauen als zu wenig.
»Was genau erwartet Ihr von uns, Morley?« Askell verschränkte die Arme über der Brust.
Sein feindseliger Ton veranlasste Raisa zu sprechen. »Ich würde vermuten, dass meine Erwartungen sich nicht von denen der anderen Kadetten unterscheiden, Sir. Ich hoffe, sowohl von dem Studium in der Fakultät von Wien House wie auch durch die Gemeinschaft mit verschiedenen anderen Studenten zu profitieren.«
»Ist das so?« Askell neigte den Kopf. »Und wie genau wird Wien House von Eurer Anwesenheit hier profitieren? Und die Welt im Großen und Ganzen?«
Raisa blinzelte ihn an; ihr müder Geist war zu träge, um schnell reagieren zu können. »Ähm …«
Askell fuhr fort, als hätte er nichts anderes als ihr Zögern erwartet. »Befehlshaber Byrne hat mir gesagt, dass Ihr aus dem Adel stammt und – obwohl Ihr weiblich seid – die Erbin Eures Familiengeschlechts seid, wie es – äh – im Norden Brauch ist.«
Seiner Miene nach vermutete Raisa, dass er diesen Brauch missbilligte.
»Wir ziehen viele Bewerber aus adeligen Familien an. Weit mehr als wir unterbringen können. Einige sehen das Militär als eine Möglichkeit, den eigenen Charakter zu entwickeln oder sich bestimmten körperlichen Unzulänglichkeiten zu widmen. Andere Familien betrachten es als Chance, ihre Söhne, die es nie zu etwas bringen werden, loszuwerden, oder ihre nicht sehr vielversprechenden Töchter.«
Raisas Müdigkeit begann allmählich, in schwelende Wut umzuschlagen. »Ich versichere Euch, Master Askell, Sir, dass meine Eltern mich aus keinem der genannten Gründe hierhergeschickt haben«, sagte sie steif.
Askell wölbte eine Braue. »So scheint es. Ihr kommt ohne Empfehlungsschreiben Eurer Eltern, was ungewöhnlich ist. Dann seid Ihr vielleicht weggelaufen, um der Armee beizutreten. Vielleicht seht Ihr dies als Möglichkeit, gegen sie zu rebellieren.«
»Ich bin nicht weggelaufen, um der Armee beizutreten, Sir«, antwortete Raisa wahrheitsgemäß. »Ich bin hier, weil ich eine Ausbildung brauche, die mich darauf vorbereitet, meine Verpflichtungen zu erfüllen, die ich gegenüber meiner Familie und gegenüber den Fells habe.«
»Wir haben allerdings ein Empfehlungsschreiben unseres ehemaligen Absolventen Edon Byrne.« Askell machte eine Pause, als erwartete er, dass Raisa etwas dazu anmerkte, aber sie sagte nichts. »Und Euer eigener Befehlshaber hier hat um eine bestimmte Unterbringung für Euch gebeten. Dies erzeugt im Augenblick Bedenken. Denn die meisten Kandidaten warten eine Weile, bis es ihnen gestattet ist, um besondere Behandlung zu bitten. Glaubt Ihr wirklich, dass Wien House das Richtige für Euch ist?«
»Master Askell, vielleicht darf ich …«, begann Amon, aber der Master schüttelte den Kopf.
»Ich habe Morley gefragt, Befehlshaber«, sagte Askell, ohne den Blick von Raisa zu nehmen. »Ich muss sichergehen, dass Eure Anwesenheit hier nicht die Ausbildung der anderen Kadetten auf ungünstige Weise beeinflusst. Wir tragen ihnen gegenüber ebenso Verantwortung wie Euch gegenüber. Unsere Studenten sind in geschlossenen Einheiten organisiert. Ausnahmen und Bevorzugungen stehen dem entgegen.«
Raisa sah Askell geradeheraus an. »Ich bin neugierig, Sir, was die Unterbringung betrifft, die Befehlshaber Byrne in meinem Interesse beantragt hat, da er sich entschieden hat, mir davon nichts mitzuteilen.«
Für einen langen Moment erwiderte Askell nichts darauf, als wäre Raisas Antwort nicht das gewesen, was er erwartet hatte. Der Master trat zur Anrichte, nahm einen Teekessel und stellte ihn auf eine kleine Kochstelle, um ihn zu erhitzen.
Er drehte sich um und lehnte sich gegen den Kaminsims. »Befehlshaber Byrne hat darum gebeten, dass alle Kadetten aus den Fells, die unter seinem Kommando stehen – eingeschlossen Ihr –, zusammen in Grindell House untergebracht werden, während es unsere Politik ist, die Kadetten aus den verschiedenen Reichen zu mischen, sowohl in den Schlafsälen wie auch in den Klassen. Es ist ebenfalls unüblich, Einjährige wie Euch zusammen mit Vierjährigen wie dem Befehlshaber unterzubringen. Weiter hat er gebeten, dass für Euch ein einzigartiges Curriculum maßgeschneidert werden soll – eines, das die Schulgrenzen überschreitet und militärische Wissenschaften, hartes körperliches
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