Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Exil Der Königin: Roman

Das Exil Der Königin: Roman

Titel: Das Exil Der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
Vom Netzwerk:
überquerten, trottete Cat zusammengesunken neben ihnen her. Sie sah erbärmlich aus.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Han. »Annamaya wirkte sehr … freundlich.«
    »Wieso haben sie mich nur in diesen Palast gesteckt?«, jammerte Cat. »An so einem Ort werd ich kein Auge zutun können – vor lauter Angst, die Laken schmutzig zu machen.«
    »Sie haben sicher von überall her Studenten«, beruhigte Dancer sie. »Du wirst dich daran gewöhnen.«
    Cat stöhnte. »Was hat Jemson ihnen wohl über mich gesagt? Ich will nicht irgendwas erfüllen müssen, nur weil er ihnen weiß Gott was erzählt hat.«
    »Wie ich Jemson kenne, hat er nur die Wahrheit gesagt«, meinte Han. »Er würde dich nie bloßstellen wollen.«
    »Aber denkt immer viel besser von einem«, murmelte Cat, »als man wirklich ist. Er ist ’n echter Träumer.«
    Han zuckte mit den Schultern. »Na gut, dann ist er eben ein Träumer. Aber er würde sagen, dass man Träume haben muss.«
    Die Krone  – die Schenke, die Blevins ihnen empfohlen hatte – befand sich gleich an ihrem Ende der Brücke. Sie schien tatsächlich ziemlich beliebt zu sein, denn der Schankraum war gut besetzt, und wunderbare Gerüche strömten aus der Küche. Bei den Gästen handelte es sich hauptsächlich um Mystwerk-Studenten. Han sah, dass über einigen Stühlen rote Gewänder hingen.
    Er wählte einen Tisch in einer Ecke. »Ich lade euch ein«, sagte er, denn er hatte einen besonderen Grund zum Feiern.
    » Du lädst uns ein?«, fragte Dancer und legte den Kopf schief. »Wieso?«
    »Heute ist mein Namenstag«, antwortete Han. »Ich bin heute siebzehn geworden.«
    Dancers Verwirrung klärte sich. »Stimmt. Wir haben September. Hatte ich ganz vergessen.« Er grinste. »Glückwunsch zu deinem Namenstag, Hunts Alone«, sagte er und drückte seine Hand.
    Han wollte nicht, dass sein Namenstag auch diesmal sang- und klanglos verstrich. Schon an seinem sechzehnten hatte es keine Feier gegeben; es war der letzte Namenstag mit Mam und Mari gewesen. Für die traditionellen Feierlichkeiten hatten sie damals kein Geld gehabt, und seither hatte er bereits öfter mit dem Tod geplaudert, als er zählen konnte.
    Han sah Cat an und dachte wieder an all die toten Southies und Raggers. Auf der Straße gehörte er jetzt schon zu den richtig Alten. Die meisten Streetlords wurden nie siebzehn.
    »Von jetzt an feiern wir alle unsere Namenstage«, verkündete er. »Wann ist deiner?« Er wandte sich an Cat.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Kann dir nicht mal sagen, wie alt ich bin, also frag mich nicht danach.«
    »Such dir einen Tag aus«, schlug Han vor. »Vielleicht einen nach der Sonnenwende. Dann können wir eine Feier brauchen.«
    Sie bestellten Schinken-Bohnen-Suppe mit schwarzem Brot und große Krüge mit Apfelwein. Die Suppe war köstlich; eine reichhaltige Brühe mit Zwiebeln und vielen Schinkenstücken darin. Cat und Dancer sprachen immer wieder einen Toast auf Han aus und knallten ihre Krüge auf den Tisch, um dem Ganzen noch mehr Ausdruck zu verleihen. Mit jeder Runde wurden die Reden ausgelassener.
    »Auf Han ›Deatheater‹ Alister, die Geißel der Sieben Reiche!«, verkündete Dancer.
    Han hob seinen Krug, aber er kam nicht umhin, sich verstohlen umzusehen und herauszufinden, wer vielleicht zugehört hatte. Aber niemand schien ihrer kleinen Gruppe besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
    Obwohl die meisten anderen Gäste nicht älter waren als Han, strahlten sie mit ihren schön geschnittenen Umhängen, den Stiefeln aus weichem Leder und zu viel Pelz für diese Jahreszeit etwas Blaublütiges aus.
    Die Reichen gehen mit Geld anders um als die Armen, dachte Han. Sie geben es leichtfertig aus, werfen damit um sich, als käme es aus einer unerschöpflichen Quelle. Sie hielten die Kellnerin außerdem ständig auf Trab, indem sie sich immer neue Bierkrüge bringen ließen.
    Han sah Cat an, die die Szenerie über den Rand ihres Apfelweinkrugs hinweg betrachtete. Ein geübter Straßendieb hätte hier ganz sicher leichtes Spiel gehabt.
    Aber der Tempel bot Cat die Chance, etwas anderes aus ihrem Leben zu machen. Han wusste aus Erfahrung, wie schwer es war, aus dem Spiel auszusteigen. Als er es aufgegeben hatte, war er von seinen Feinden bedroht worden. Sie wollten entweder nicht glauben, dass er sich verändert hatte, oder sie hatten sich davon einen Vorteil versprochen. Es war nicht leicht, sein altes Leben aufzugeben, und Han konnte noch jetzt die Leere spüren, die ihn daraufhin

Weitere Kostenlose Bücher