Das Experiment
Schimmelpilz eine halluzinogene Wirkung hat. Und das läßt sich doch wohl am schnellsten und einfachsten herausfinden, indem wir uns eine Kostprobe genehmigen.«
»Du bist wohl völlig durchgeknallt!« rief Kevin entrüstet. »Mykotoxine können hochgiftig sein. Die armen Menschen, die unter Ergotismus gelitten haben, haben das am eigenen Leibe erfahren. Du gehst da ein ziemlich großes Risiko ein.«
»Wo ist bloß deine Abenteuerlust geblieben?« stichelte Edward und erhob sich. »Darf ich dein Labor für meinen kleinen Selbstversuch benutzen?«
»Ich weiß nicht, was ich von der Idee halten soll«, sagte Kevin. »Aber du scheinst dir diesen Irrsinn nicht ausreden zu lassen.«
»Auf keinen Fall«, stellte Edward klar. »Ich werde jetzt eine kleine Probe nehmen.«
Kevin führte ihn in sein Labor und fragte, was er benötige. Edward verlangte einen Mörser und ein Pistill oder etwas ähnliches; außerdem ein wenig destilliertes Wasser, eine schwache Säure, um das Alkaloid zu präzipitieren, etwas Filterpapier, ein Litergefäß und eine Milliliter-Pipette.
»Du bist wirklich verrückt«, wiederholte Kevin, während er die gewünschten Instrumente und Chemikalien zusammentrug.
Dann machte Edward sich an die Arbeit. Zuerst zerstieß er ein paar Sklerotien und extrahierte das Pulver mit destilliertem Wasser. Mit Hilfe der Säure gelang es ihm, ein paar Milligramm einer weißen Substanz auszufällen. Er nahm das Filterpapier und isolierte aus dem weißen Präzipitat ein paar Körnchen. Ungläubig und fassungslos beobachtete Kevin seinen Freund.
»Bitte, sag nicht, daß du das Zeug essen willst«, beschwor ihn Kevin. Ihm wurde langsam mulmig.
»Glaubst du, ich bin wahnsinnig«, entgegnete Edward.
»Ich dachte schon«, murmelte Kevin leise.
»Paß auf«, begann Edward. »Ich will nur wissen, ob das Zeug eine halluzinogene Wirkung hat. Wenn es tatsächlich berauschend wirkt, dann genügt eine minimale Dosis. Damit meine ich weniger als ein Mikrogramm.«
Edward nahm einen Spatel zur Hilfe und ließ ein winziges Körnchen des Präzipitats in einen Erlenmeyerkolben fallen, den er zuvor mit einem Liter destillierten Wasser gefüllt hatte. Dann schüttelte er den Kolben kräftig.
»Wenn ich mich nicht als Versuchskaninchen zur Verfügung stelle, müssen wir womöglich noch ein halbes Jahr mit dem Zeug experimentieren und wissen dann vielleicht immer noch nicht, ob es Halluzinationen hervorruft«, sagte Edward. »Letzten Endes müssen wir es sowieso an einem menschlichen Gehirn testen. Und deshalb stelle ich mein Gehirn sofort zur Verfügung. Wenn es um die Wissenschaft geht, bin ich ein Mann der Tat.«
»Ist dir klar, daß das Zeug ein toxisches Nierenversagen hervorrufen kann?« fragte Kevin.
Edward winkte ungläubig ab. »Bei dieser Dosierung? Niemals! Wir liegen immerhin um den Faktor zehn unter der Toxizität des Botulinustoxins, und das ist von allen bisher bekannten Substanzen die giftigste. Hinzu kommt, daß ich nicht nur weniger als ein Mikrogramm nehme – das Zeug ist ja selbst ein Gemisch der verschiedensten Substanzen, so daß die Konzentration des eigentlichen Giftes noch einmal stark dezimiert sein dürfte.«
Edward bat Kevin, ihm die Milliliter-Pipette zu reichen. Kevin zögerte kurz, bevor er sie ihm schließlich gab.
»Bist du sicher, daß du nicht auch ein Tröpfchen probieren willst?« fragte Edward lachend. »Vielleicht entgeht dir eine interessante wissenschaftliche Erfahrung.« Dann zog er etwas Flüssigkeit in die schlanke Pipette.
»Nein, danke«, winkte Kevin ab. »Das will ich meinen Nieren auf keinen Fall zumuten.«
»Na dann – auf deine Gesundheit!« sagte Edward und hob die Pipette vor sein Gesicht. Er tropfte einen Milliliter der Flüssigkeit auf seine Zunge und spülte ihn mit einem kräftigen Schluck Wasser hinunter.
»Und?« fragte Kevin nervös, nachdem einen Moment lang keiner etwas gesagt hatte.
»Schmeckt etwas bitter«, sagte Edward und machte seinen Mund mehrmals auf und zu, um den Geschmack zu verstärken.
»Sonst noch irgendwas?« wollte Kevin wissen.
»Mir wird ein bißchen schwindelig«, erwiderte Edward.
»Erzähl mir nichts«, winkte Kevin ab. »Du warst wahrscheinlich schon vorher schwindelig.«
»Ich gebe zu, daß mein kleines Experiment strengen wissenschaftlichen Kriterien wahrscheinlich nicht genügen dürfte«, gluckste Edward. »Alles, was ich empfinde, könnte genausogut eine Placebowirkung sein.«
»Ich will nichts mit dieser Sache zu tun haben«,
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