Das Experiment
jetzt auch noch drohend die Zähne fletschte.
Edward richtete sich auf und scheuchte den Hund weg. Dann ließ er sich stöhnend in die Kissen zurückfallen.
»Wie spät ist es denn?« fragte er und hatte die Augen schon wieder geschlossen.
»Kurz nach sechs«, erwiderte Kim.
»Warum in aller Welt bist du schon wach?« wollte Edward wissen.
»Weil ich normalerweise um diese Zeit aufstehe«, entgegnete Kim.
»Aber wir sind doch erst kurz vor eins ins Bett gegangen.«
»Ich wache immer um sechs auf«, erklärte Kim. »Ich hätte wohl besser doch nach Hause gehen sollen.«
Edward öffnete nun die Augen und sah Kim an. »Fühlst du dich unbehaglich?« fragte er.
Kim nickte.
»Das tut mir leid«, sagte Edward. »Ich hätte dich nicht überreden dürfen hierzubleiben.«
»Aber das ist doch nicht dein Fehler«, widersprach sie.
»Natürlich«, sagte Edward. »Du wolltest gehen, und ich habe dich zurückgehalten.«
Sie sahen sich kurz an und mußten beide lachen.
»Irgendwie kommt mir die Situation bekannt vor«, gluckste Kim. »Wir versuchen wieder mal, uns gegenseitig mit Entschuldigungen zu überbieten.«
»Eigentlich ist das eher zum Weinen als zum Lachen«, sagte Edward. »Glaubst du nicht auch, wir hätten inzwischen ein paar Fortschritte machen sollen?«
Kim drehte sich um und schmiegte sich in Edwards Arme. Eine Zeitlang lagen sie einfach so da und genossen den Augenblick; keiner sagte etwas. Dann beendete Edward das Schweigen: »Fühlst du dich immer noch unwohl?«
»Überhaupt nicht«, erwiderte Kim. »Manchmal hilft es schon, wenn man nur darüber redet.«
Während Edward duschte, rief Kim bei ihrer Mitbewohnerin Marsha an. Kim wußte, daß sie bald zur Arbeit aufbrechen würde. Marsha war froh, daß ihre Freundin sich endlich meldete. Sie hatte sich schon Sorgen gemacht, weil Kim nicht nach Hause gekommen war.
»Ich hätte dich wirklich anrufen sollen«, gab Kim zu.
»Da du nicht gekommen bist, kann ich wohl davon ausgehen, daß du einen netten Abend hattest«, bemerkte Marsha trocken.
»Ja, es war wirklich schön«, entgegnete Kim. »Und auf einmal war es so spät, daß ich nicht mehr angerufen habe, weil ich dich nicht wecken wollte.« Dann wechselte sie schnell das Thema. »Könntest du bitte Sheba heute morgen füttern?«
»Deine Katze hat bereits gespeist«, sagte Marsha. »Übrigens hat dein Vater gestern abend angerufen. Du sollst ihn zurückrufen, sobald du Zeit hast.«
»Mein Vater?« fragte Kim erstaunt. »Der ruft mich doch sonst nie an.«
»Das mußt du mir nicht erzählen«, entgegnete Marsha. »Ich habe ihn gestern zum ersten Mal am Telefon gehabt, dabei wohnen wir schon seit ein paar Jahren zusammen.«
Als Edward fertig geduscht und sich angezogen hatte, überraschte er Kim mit dem Vorschlag, auf dem Harvard Square zu frühstücken. Kim hatte angenommen, daß er so schnell wie möglich in sein Labor wollte.
»Ich bin heute zwei Stunden früher aufgestanden als sonst«, sagte er. »Das Labor kann warten. Außerdem habe ich gestern den schönsten Abend des Jahres verbracht, und ich möchte ihn gerne noch ein bißchen verlängern.«
Kim lächelte, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang glücklich ihre Arme um seinen Hals. Edward erwiderte überschwenglich ihre Umarmung.
Sie nahmen Kims Auto, da es im Parkverbot stand und sowieso weggefahren werden mußte. Auf dem Harvard Square führte Edward sie in ein Studentencafe, wo sie sich Spiegeleier mit Schinken gönnten.
»Was hast du heute vor?« fragte Edward. Er mußte brüllen, um sich bei dem Lärm verständlich zu machen. Das Sommersemester war voll im Gange, und auf dem Platz tummelten sich bereits jede Menge Studenten.
»Ich werde nach Salem fahren«, erwiderte Kim. »Die Baufirma hat schon mit der Renovierung des Cottage angefangen, und ich möchte mal sehen, wie es vorangeht.« Kim hatte beschlossen, das alte Haus »Cottage« zu nennen, um es so von dem großen Herrenhaus zu unterscheiden.
»Weißt du schon, wann du zurückkommst?«
»Am frühen Abend«, erwiderte Kim.
»Hättest du Lust, dich gegen acht Uhr mit mir in der Harvest Bar zu treffen?« fragte Edward.
»Ja«, sagte Kim. »Das ist eine gute Idee.«
Nach dem Frühstück bat Edward sie, ihn in der Nähe der Biologielabore abzusetzen, da er noch bei Kevin vorbeischauen wollte.
»Soll ich dich nicht erst nach Hause bringen, damit du dein Auto holen kannst?« wollte Kim wissen.
»Nein, danke«, winkte Edward ab. »An der Uni gibt es sowieso keine
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