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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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ausführlicheren Würdigung war sie so früh am Morgen nicht in der Lage.
    »Das Interessanteste ist allerdings, daß ich von mindestens einem der Alkaloide weiß, daß es auf die Psyche wirkt«, fuhr Edward fort. »Vielleicht haben sogar alle drei eine bewußtseinserweiternde Wirkung.« Er rieb sich aufgeregt die Hände und erweckte den Eindruck, als wolle er sich am liebsten sofort in die Arbeit stürzen.
    »Du kannst dir wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie spektakulär diese Entdeckung ist«, fuhr Edward fort. »Vielleicht sind wir auf einen ganz neuartigen Wirkstoff gestoßen – oder sogar eine ganze Gruppe von neuartigen Wirkstoffen. Und selbst wenn sie sich klinisch nicht verwenden lassen sollten – für die Wissenschaft ist die Entdeckung auf jeden Fall von unschätzbarem Wert.«
    »Na dann herzlichen Glückwunsch«, sagte Kim und rieb sich die Augen. Sie konnte im Moment nur daran denken, daß sie ins Bad gehen und sich die Zähne putzen wollte.
    »Es ist immer wieder erstaunlich, welche Rolle der Zufall bei der Entdeckung neuer Substanzen spielt.« Edward war nicht zu bremsen. »Stell dir mal vor – wir interessieren uns für die Hexenprozesse von Salem, und rein zufällig stoßen wir dabei auf einen sensationellen Wirkstoff. Das ist fast noch besser als die Entdeckungsgeschichte von Prozac.«
    »Wurde das auch zufällig entdeckt?« wollte Kim wissen.
    »Das kann man wohl sagen«, erwiderte Edward und lachte. »Der Forschungsleiter hat mit irgendwelchen Antihistaminika herumgespielt und ein Experiment durchgeführt, bei dem er deren Wirkung auf den Neurotransmitter Noradrenalin messen wollte. Durch Zufall ist er dabei auf Prozac gestoßen. Dabei ist es gar kein Antihistamin und wirkt auch nicht auf Noradrenalin, sondern auf Serotonin, einen anderen Neurotransmitter; auf den wirkt es allerdings zweihundertmal stärker.«
    »Ist ja wirklich erstaunlich«, sagte Kim, doch sie hatte gar nicht richtig zugehört. Sie brauchte erst mal eine Tasse Kaffee, bevor sie derartig komplizierten Themen folgen konnte.
    »Am liebsten würde ich diese neuen Alkaloide sofort testen«, sagte Edward.
    »Willst du vielleicht lieber hierbleiben und nicht mit nach Salem fahren?« fragte Kim.
    »Auf keinen Fall!« erwiderte Edward, ohne eine Sekunde zu zögern. »Ich will mir unbedingt Elizabeths Grab ansehen. Komm, steh auf! Da du ja sowieso schon wach bist, können wir auch gleich losfahren!« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, boxte er Kim neckisch in die Seite.
    Nachdem Kim geduscht, die Haare gefönt und sich geschminkt hatte, verließen sie Edwards Apartment, um sich ein weiteres Mal ein fettiges, aber wohlschmeckendes Frühstück auf dem Harvard Square zu gönnen. Nachdem sie in einer Buchhandlung noch ein Buch über Puritanismus gekauft hatten, machten sie sich auf den Weg.
    Kim fuhr, da sie ihr Auto nicht auf dem Anwohnerparkplatz von Edwards Haus stehenlassen wollte. Die Straßen waren fast frei, so daß sie zügig vorankamen und um kurz vor zehn in Salem waren. Da sie genauso gefahren waren wie am Samstag, kamen sie auch diesmal an dem berühmten Hexenhaus vorbei.
    Edward griff nach Kims Arm. »Hast du das Hexenhaus schon mal besichtigt?« wollte er wissen.
    »Ja, aber das ist schon eine Ewigkeit her«, erwiderte sie. »Warum fragst du? Hast du Lust, es dir anzuschauen?«
    »Auch wenn du mich auslachst – ja, ich würde es gerne besichtigen«, gab Edward zu. »Meinst du, wir könnten uns ein bißchen Zeit dafür nehmen?«
    »Natürlich«, sagte Kim. Sie bog in die Federal Street ein und parkte in der Nähe des Gerichtsgebäudes. Dann gingen sie zu Fuß zurück. Doch am Eingang mußten sie feststellen, daß das Hexenhaus erst um zehn Uhr geöffnet wurde. Außerdem waren sie nicht die einzigen Besucher; vor dem alten Haus warteten bereits etliche Familien und Pärchen auf Einlaß.
    »Es ist wirklich erstaunlich, daß die Hexenprozesse von Salem offenbar immer noch so eine Anziehungskraft auf die Menschen ausüben«, stellte Kim fest. »Ob die Leute schon mal darüber nachgedacht haben, warum sie sich eigentlich dafür interessieren?«
    »Dein Cousin Stanton meinte, Hexengeschichten seien eben so schön schaurig und verlockend«, bemerkte Edward.
    »Typisch Stanton«, sagte Kim.
    »Seiner Meinung nach liegt der Reiz dieser Geschichten darin, daß sie für uns eine Art Tor in die Welt des Übernatürlichen darstellen. In gewisser Weise hat er da sicher recht. Fast jeder ist ja ein bißchen abergläubisch, und

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