Das Experiment
Badezimmers im Cottage.
»Dann hattest du ja einen ganz schön betriebsamen Tag«, staunte Edward. »Aber daß du Elizabeths Grab entdeckt hast, haut mich wirklich um! Und du sagst, der Sarg ist noch gut erhalten.«
»Soweit ich sehen konnte, ja«, erwiderte Kim. »Er war sehr tief vergraben, mindestens zweieinhalb Meter. Ein Ende des Sarges ragt unten im Graben aus der Erde. Es ist beim Baggern leicht beschädigt worden.«
»Warst du sehr geschockt, als du den Sarg gesehen hast?« wollte Edward wissen.
»Irgendwie schon«, erwiderte Kim und lachte gequält. »Mir war ganz schön mulmig, als ich nach dem Portrait nun auch noch auf den Sarg gestoßen bin. Ich habe wieder dieses komische Gefühl – als ob Elizabeth versuchen wollte, mir etwas mitzuteilen.«
»Aah«, seufzte Edward. »Könnte es sein, daß dein Aberglaube wieder mit dir durchgeht?«
Obwohl es ihr wirklich ernst war, mußte Kim lachen.
»Wie ist es denn, wenn dir eine schwarze Katze über den Weg läuft?« stichelte Edward. »Oder wenn du unter einer Leiter durchgehen mußt? Und wie steht es mit der Zahl dreizehn?«
Kim zögerte einen Augenblick. Sie war wirklich etwas abergläubisch, aber bisher hatte sie noch nie darüber nachgedacht.
»Du bist also tatsächlich abergläubisch!« stellte Edward fest. »Weißt du eigentlich, daß man dich deswegen im siebzehnten Jahrhundert der Hexerei bezichtigt hätte; damals hielt man Aberglaube nämlich für Okkultismus.«
»Okay, du Schlauberger«, erwiderte Kim. »Vielleicht bin ich ja wirklich ein bißchen abergläubisch. Aber du wirst doch wohl zugeben, daß ich in letzter Zeit ziemlich viele Entdeckungen gemacht habe, die irgend etwas mit Elizabeth zu tun haben. Und weißt du, was ich heute auch noch herausgefunden habe? Im Jahr 1692 lagen die Wochentage genauso wie in diesem Jahr. Und als Elizabeth gestorben ist, war sie genauso alt wie ich heute. Und als ob das nicht schon genug wäre, habe ich auch noch entdeckt, daß sie am 4. Mai Geburtstag hatte, und ich habe zwei Tage später; wir sind im gleichen Sternzeichen geboren.«
»Was willst du damit sagen?« fragte Edward.
»Hast du vielleicht eine Erklärung für all diese seltsamen Übereinstimmungen?« gab Kim die Frage zurück.
»Natürlich«, erwiderte Edward. »Es ist reiner Zufall. Wenn man lange genug sucht, kann man immer Verbindungen zwischen den seltsamsten und unerklärlichsten Dingen herstellen.«
»Ich geb’s auf«, sagte Kim mit einem Lächeln und trank einen Schluck Wein.
»Tut mir leid«, sagte Edward und zuckte mit den Schultern. »Ich bin nun mal Wissenschaftler.«
»Ich habe übrigens heute noch weitere interessante Dinge inErfahrung gebracht«, sagte Kim. »Früher war offenbar doch nicht alles so einfach, wie man immer denkt. Ronald war dreimal verheiratet. Als seine erste Frau starb, hat sie ihm ein großes Vermögen hinterlassen. Ihr Sohn aus erster Ehe hat das Testament angefochten, allerdings ohne Erfolg. Ein paar Jahre später hat Ronald dann Elizabeth geheiratet. Und nachdem Elizabeth tot war, hat er noch im gleichen Jahr ihre Schwester zur Frau genommen.«
»Tatsächlich?« horchte Edward auf.
»Kommt dir die Geschichte nicht auch ein bißchen faul vor?« fragte Kim.
»Nein«, erwiderte Edward. »Du darfst nicht vergessen, daß das Leben damals ziemlich hart war. Ronald mußte an seine Kinder denken, die er großzuziehen hatte. Und damals war es durchaus üblich, jemanden aus dem weitläufigen Verwandtenkreis zu heiraten.«
»Also, ich weiß nicht«, sagte Kim. »Für mich läßt diese Geschichte viele Fragen offen.«
Die Kellnerin unterbrach ihr Gespräch, um ihnen mitzuteilen, daß ihr Tisch bereit sei. Kim war angenehm überrascht; sie hatte gar nicht damit gerechnet, in der Harvest Bar zu Abend zu essen, dabei hatte sie einen Bärenhunger.
Sie folgten der Kellnerin auf die Terrasse und nahmen unter einem Baum Platz, der mit kleinen, weißen Lämpchen geschmückt war. Die Hitze des Tages hatte sich verflüchtigt, und es war angenehm warm. Kein Lüftchen wehte, nicht einmal die Kerze flackerte.
Während sie auf ihr Essen warteten, zeigte Kim Edward die Kopie des Antrags auf Herausgabe. Edward las das Dokument interessiert durch. Als er fertig war, gratulierte er Kim zu ihrer Detektivarbeit. Das war der Beweis, daß Elizabeth tatsächlich in die Hexenaffäre verwickelt gewesen war. Kim erzählte noch von dem Hinweis ihres Vaters, nach dem Elizabeth sich möglicherweise mit okkulten Dingen beschäftigt
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