Das Experiment
Anfälle verursacht und die Hexenhysterie ausgelöst hat?« fragte Kim. Sie dachte vor allem an Elizabeth.
»Ohne jeden Zweifel«, erwiderte Edward. »Es war nicht der Teufel, der in Salem sein Unwesen getrieben hat, sondern diese Verbindung.«
»Aber die Menschen, die das infizierte Getreide gegessen hatten, sind doch krank geworden«, gab Kim zu bedenken. »Die sogenannten Befallenen wurden von schrecklichen Anfällen heimgesucht. Wie kannst du da von diesem neuen Wirkstoff derart begeistert sein?«
»Er ruft Halluzinationen hervor«, erklärte Edward. »Dessensind wir uns inzwischen absolut sicher. Aber wir glauben, daß er auch noch ganz andere Wirkungen hat, zum Beispiel scheint er beruhigend und kräftigend zu sein.«
»Wie hast du das nur alles so schnell herausgefunden?« wollte Kim wissen.
Edward lachte verlegen. »Wir haben noch keine sicheren Ergebnisse«, räumte er ein. »Die meisten Forscher würden wahrscheinlich die Nase über unsere Arbeit rümpfen, weil sie ihnen nicht wissenschaftlich genug wäre. Wir haben einfach versucht herauszufinden, was das Alkaloid alles bewirken kann. Was wir machen, sind keine kontrollierten Versuche, die strengen wissenschaftlichen Kriterien genügen. Aber wir haben trotzdem schon unglaubliche Ergebnisse erzielt. Es ist einfach irre. Wir haben zum Beispiel schon entdeckt, daß der neue Stoff eine stärkere beruhigende Wirkung auf gestreßte Ratten hat als Imipramin; das ist der Maßstab für die Wirksamkeit von Antidepressiva.«
»Du glaubst also, dieser neue Wirkstoff könnte ein halluzinogenes Antidepressivum sein?« fragte Kim.
»Ja, unter anderem«, erwiderte Edward.
»Und wie sieht es mit den Nebenwirkungen aus?« hakte Kim nach. Sie verstand immer noch nicht, warum Edward so aufgeregt war.
Edward lachte wieder. »Wir haben uns, ehrlich gesagt, bisher noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht, wie Ratten mit Halluzinationen zurechtkommen«, sagte er. »Aber Spaß beiseite – außer den Halluzinationen sind bisher keine weiteren Probleme aufgetreten. Wir haben einer ganzen Reihe von Mäusen eine ziemlich hohe Dosis verpaßt, und sie sind munterer denn je. Verschiedene Nervenzellkulturen haben wir sogar mit noch höheren Dosen bestückt, und die Zellen sind unversehrt geblieben. Der Wirkstoff scheint also nicht toxisch zu sein. Es ist wirklich faszinierend!«
Während Kim seinen Ausführungen lauschte, wuchs ihre Enttäuschung darüber, daß er sich nicht danach erkundigte, wie es ihr in Salem mit Elizabeths Schädel ergangen war. Als Edward seinen Redefluß kurz unterbrach, brachte sie das Thema schließlich selbst zur Sprache.
»Das hast du gut gemacht«, war sein einziger Kommentar. »Ich bin froh, daß das erledigt ist.«
Kim wollte ihm gerade beschreiben, wie sie sich bei der Aktion gefühlt hatte, als Eleanor hereinkam und Edward einen Computerausdruck hinhielt. Kims Anwesenheit schien sie nicht weiter zu interessieren, und Edward hielt es ebensowenig für nötig, sie miteinander bekannt zu machen.
Kim beobachtete sie bei ihrer angeregten Diskussion. Es war offensichtlich, daß Edward mit den neuen Ergebnissen zufrieden war. Er erteilte ein paar Anweisungen und klopfte ihr anerkennend auf die Schulter, woraufhin Eleanor wieder verschwand.
»Wo waren wir stehengeblieben?« fragte Edward, während er sich wieder Kim zuwandte.
»Gibt es schon wieder gute Neuigkeiten?« wollte Kim wissen und deutete auf den Ausdruck, den Eleanor gebracht hatte.
»Allerdings«, erwiderte Edward. »Wir sind dabei, die Struktur der Verbindung zu entschlüsseln, und Eleanor hat gerade unseren ersten Eindruck bestätigen können: Es ist ein tetrazyklisches Molekül mit zahlreichen Seitenketten.«
»Wie könnt ihr nur so etwas feststellen?« wollte Kim wissen. Sie war schwer beeindruckt.
»Willst du es wirklich wissen?« fragte Edward.
»Vorausgesetzt, deine Erklärungen übersteigen nicht meinen Horizont«, erwiderte Kim.
»Zuerst haben wir mit Hilfe einer Standard-Chromatographie das Molekulargewicht der neuen Verbindung bestimmt«, begann Edward. »Das war nicht besonders schwierig. Dann haben wir das Molekül in seine Bestandteile zu zerlegen versucht; dafür haben wir verschiedene Reagenzien verwendet, die bestimmte Arten von Bindungen aufzubrechen vermögen. Im nächsten Schritt sind wir dann darangegangen, zumindest einige der Fragmente mit Hilfe der Chromatographie, Elektrophorese und der Massenspektrometrie zu identifizieren.«
»Ich kann dir leider
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