Das Experiment
wurde. Diesmal hatte sie sogar das Gefühl, jemand würde ihren Namen rufen. Das konnte nicht sein! Sie hatte sich mit Leigh Foster eingetragen, und trotzdem kam es ihr so vor, als hätte jemand ihren wahren Namen benutzt.
Voller Panik sprang sie mit einem Satz aus dem Bett und suchte den Raum nach etwas ab, das sie als Waffe benutzen konnte. Gerade griff sie nach einem Schürhaken neben dem Kamin, als sie den Fremden wieder hörte.
„Miss Shapiro! Miss Shapiro! Lassen Sie mich bitte herein!“
Sie schlich zum Fenster, sah vorsichtig nach draußen und konnte die Umrisse eines Mannes ausmachen, der vor ihrer Tür stand.
„Gehen Sie fort!“ schrie sie. „Hier gibt es niemanden, der so heißt.“
Das Klopfen hörte auf. Sie ging zur Tür und drückte ein Ohr auf das Holz, während sie hoffte, dass der ungebetene Besucher sich entfernte.
Sully atmete langsam durch und versuchte, das Rinnsal zu ignorieren, das vom Dach genau in seinen Kragen lief.
„Miss Shapiro, ich bin Sullivan Dean. Georgia war eine gute Freundin von mir. Sie hat mir die gleichen Informationen geschickt wie Ihnen. Ich suche seit zwei Tagen nach Ihnen. Lassen Sie mich bitte herein. Wir müssen uns unterhalten.“
Ginny stöhnte auf. Sollte das tatsächlich der Mann sein, den Georgia in ihrem Brief erwähnt hatte? Sollte sie ihm glauben?
„Wie kann ich Ihnen trauen?“ fragte sie.
Sully seufzte. „Ich weiß nicht, was ich Ihnen erzählen soll“, sagte er. „Vielleicht könnten Sie ja die Verandabeleuchtung einschalten, dann kann ich Ihnen meine Dienstmarke zeigen.“
„Dienstmarke?“
„Ja, Ma’am“, sagte Sully. „Ich bin FBI-Agent. Bitte, Ma’am, könnten Sie …“
Das plötzlich eingeschaltete Licht blendete Sully, der sein Gesicht mit einer Hand abschirmte, während er mit der anderen nach seiner Marke griff. Rechts von ihm wurde der Vorhang ein Stück zur Seite geschoben, und er konnte verschwommen ein dunkles Augenpaar und die Umrisse eines Gesichts sehen. Dann wurde der Vorhang wieder geschlossen.
„Oh Gott, hoffentlich ist das kein Trick“, murmelte Ginny und öffnete langsam die Tür.
Sully sah sie, wie sie im Halbdunkel der Hütte stand und den Schürhaken in der Hand hielt. Obwohl sie hoch gewachsen war und eine behelfsmäßige Waffe hatte, die durchaus todbringend sein konnte, war er äußerst überrascht, wie zerbrechlich sie aussah.
„Miss Shapiro?“
„Ja.“
„Kann ich hereinkommen?“
Ginny zögerte, dann trat sie zur Seite, hielt den Schürhaken aber nach wie vor fest umschlossen.
Sully machte das Licht an, als er eintrat, dann schloss er die Tür hinter sich. Um seine Füße herum bildeten sich sofort kleine Pfützen.
„Wenn Sie einen Mop oder etwas Ähnliches haben, dann könnte ich …“
Ginny schüttelte den Kopf und deutete auf einen Stuhl.
„Bitte … nehmen Sie Platz.“
„Den mache ich auch noch nass“, sagte er.
„Das wird schon wieder trocknen.“
Er setzte sich hin.
Ginny fuhr sich nervös durchs Haar und erinnerte sich daran, dass sie bis gerade eben noch fest geschlafen hatte. Sie musste schrecklich aussehen. Sie sah Sully nervös an, dann blickte sie zur Seite, während der Schürhaken sanft auf dem Boden aufschlug.
Sully blickte sie eindringlich an, sah ihr zartes Gesicht an und fragte sich, wie es wohl wäre, für den Rest seines Lebens jeden Morgen neben einer Frau aufzuwachen, die so aussah wie sie.
„Könnten Sie …“
„Würde es Ihnen etwas ausmachen …“
Sie sprachen gleichzeitig, brachen ab, unternahmen einen weiteren Anlauf und verstummten dann abermals.
Sully wischte sich über sein Gesicht. „Sie zuerst.“
Ginny zögerte. „Ich bringe Ihnen ein Handtuch.“
Sully sah ihr nach, wie sie das Zimmer verließ, und wandte sich sofort ab, als er merkte, dass sein Blick von ihren langen Beinen angezogen wurde. Er war hergekommen, um ihr zu helfen, nicht, um mit ihr zu schlafen.
Sie reichte ihm das Handtuch und machte einen Schritt nach hinten, noch immer nicht im Klaren darüber, ob sie einen Mörder oder einen Retter in ihre Hütte gelassen hatte.
Sully rieb sich die Haare trocken, dann wischte er sich das Gesicht ab.
„Wenn Georgia eine gute Freundin von Ihnen war, warum haben Sie dann nach mir gesucht, obwohl sie bereits tot ist?“
Er erwiderte nichts, sondern nahm die Angst in ihrer Stimme wahr. Zwar konnte er Ginny verstehen, trotzdem fühlte er sich ein wenig verletzt, dass sie seine Motive anzweifelte, nachdem er so fieberhaft nach ihr
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