Das Experiment
wegen versuchten Mordes anklagt.“
Sully ballte die Hände. „Ich hätte den Mistkerl erledigen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte“, murmelte er.
„Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke, dass dieser Kerl wieder auf freien Fuß kommt.“
„Ich weiß, was du meinst. Unser Rechtssystem ist Mist, und das wissen wir beide. Auch wenn es ein paar Jahre dauern wird, ehe er wieder freikommt.“
Er hielt den Wagen an, und Ginny hob den Kopf.
„Sully?“
„Ich bin da, Ginny. Wir werden jetzt das Gepäck umladen. Du wartest hier, bis ich dich holen komme, verstanden?“
„Verstanden.“
Sie beobachtete die beiden Männer, wie sie ausstiegen, dann richtete sie sich auf. Zu ihrer Verärgerung war sie tatsächlich eingedöst und hatte die komplette Unterhaltung während der Fahrt verpasst.
Kurz darauf öffnete Sully die hintere Tür.
„Komm, Aschenputtel. Deine Kutsche wartet.“
„Wohin geht es denn?“ fragte sie, als er ihr aus dem Wagen half.
„Zum Ball natürlich.“
Ginny lächelte und hielt im nächsten Moment den Atem an. Noch vor zwei Tagen hätte sie schwören können, dass sie nie wieder lächeln würde. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für sie.
„Aber ich habe keine gläsernen Schuhe.“
„Macht nichts. Doch der Helikopter wird sich in einen Kürbis verwandeln, wenn wir uns nicht beeilen.“
Ginny ließ ihn vorgehen, warf aber einen Blick über die Schulter nach hinten. Einige Leute hatten aufgehört zu arbeiten, um ihnen nachzusehen. Und auf der Straße, auf der sie eben hergefahren waren, näherte sich ein Lastwagen. Ihr schauderte, als man ihr in den Hubschrauber half und ihr den Gurt anlegte.
Wann würde dieser Albtraum endlich ein Ende haben? Würde sie für den Rest ihres Lebens ständig hinter sich schauen müssen?
Sully nahm neben ihr Platz, während Dan sich neben den Piloten setzte. Sie schloss die Augen, als der Hubschrauber abhob. Ihre Panik ließ aber spürbar nach, als Sully ihre Hand drückte.
„Alles in Ordnung?“
Ginny hatte einen Kloß im Hals, brachte jedoch eine Erwiderung zu Stande: „Solange das Ding in der Luft bleibt und Agent Howard und der Pilot sich nicht in Mäuse verwandeln, ist alles in Ordnung.“
Sully lachte noch immer, als der Helikopter eine scharfe Kurve in Richtung Westen flog.
11. KAPITEL
„Mr. Karnoff, haben Sie noch weitere Koffer, die in die Lobby gebracht werden müssen?“
„Nein, nur diese beiden“, erwiderte Emile. „Ich muss nur noch einige Telefonate erledigen, dann komme ich nach unten. Ach ja, ich brauche ein Taxi zum Flughafen.“
„Jawohl, Sir.“
Emile wartete, bis der Page die Tür geschlossen hatte, dann holte er verschiedene Dinge aus seinen Jackentaschen, darunter ein Adressbuch. Schließlich nahm er den Hörer ab.
„Ich brauche eine Verbindung in die Vereinigten Staaten“, sagte er zu der Dame, die an der Rezeption sein Gespräch annahm.
„Ja, Sir, einen Augenblick bitte.“
Emile wartete auf das Freizeichen, dann wählte er.
Als bei der
St. Louis Daily
ein Gespräch für Virginia Shapiro einging, ahnte der Anrufer nicht, dass es weitergeleitet wurde zum Apparat von Officer Bonnie Smith von der St. Louis Police. Während sie das Gespräch annahm, startete ein Tonbandgerät, und gleichzeitig versuchte ein anderer Officer, die Leitung zurückzuverfolgen.
„St. Louis Daily
, Shapiro hier.“
Einen Moment lang herrschte Ruhe, dann klickte etwas. Sie glaubte, im Hintergrund etwas poltern zu hören, so wie ein ferner Donner. Dem Geräusch folgte ein Klingeln wie von einer Türglocke, das nur geringfügig lauter als das Donnern war. Sie wartete darauf, dass jemand etwas sagte, doch stattdessen wurde das Klingeln wiederholt. Als es zum dritten Mal zu hören war, rief sie: „Hallo? Hallo? Ist da jemand?“
Sie hörte jemanden erschrocken nach Luft schnappen, dann wurde aufgelegt.
„Hast du den Anrufer?“
„Er ist nicht lange genug drangeblieben, um ihn zurück- zuverfolgen.“
„Verdammt!“ sagte sie. „Vielleicht ruft er noch mal an. Mach aber schon mal eine Kopie von der Aufnahme und lass Detective Pagillia wissen, dass sie auf dem Weg zu ihm ist.“
Lucy Karnoff stand im Flur vor dem Zimmer ihres Sohnes. Sie hatte den ganzen Morgen damit zugebracht, ihr Zuhause und ihre Familie vorzeigbar zu machen, und jetzt das! Mit dem Argument, eine gute Mutter sein zu wollen, hatte sie ihr Belauschen gerechtfertigt. Wie sollte sie ihm helfen, wenn sie nicht wusste, was mit ihm los war? Aber was
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