Das Experiment
muss jede Minute hier sein, und so wie ich ihn kenne, wird er als Erstes nach einem Kaffee fragen, wenn er ins Haus kommt.“
„Okay“, erwiderte Ginny.
„Such weiter, ich bin gleich zurück.“
Ginny schlug die erste Seite auf und begann dann, die Gesichter der verschiedenen Lehrer aufmerksam zu betrachten. An einige von ihnen konnte sie sich noch sehr gut erinnern, von anderen hatte sie seinerzeit nur den Namen gehört. Mrs. Milam war ihre Lehrerin in der ersten Klasse gewesen und hatte sie sehr früh ausgesucht. Als Ginny das Buch durchgesehen hatte, war sie davon überzeugt, dass der Lehrer dieses Unterrichts nicht im Buch war.
„Hast du etwas gefunden?“ fragte Sully, als er zurückkehrte.
„Nichts. Wer immer es war, er ist nicht in diesem Jahrbuch.“
„Aber du meinst, es war ein Er?“
Sie zögerte kurz, dann nickte sie. „Ja. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund scheint das der Fall zu sein. Allerdings kann ich mich weder an ein Gesicht noch an einen Namen erinnern. Da ist das Gefühl einer übermächtigen Präsenz.“
Sully war verwundert, mit welchen Worten sie einen Lehrer beschrieb.
„Was meint Dan?“ fragte Ginny.
„Der wird mir den Kopf abreißen, weil ich ihm das Buch noch gar nicht gezeigt habe.“
„Warum denn nicht?“
„Als die ganze Sache ihren Lauf nahm, hatte ich das Buch noch nicht. Bei meinem ersten Telefonat mit dem Chef habe ich sämtliche Informationen weitergegeben, die ich von Pagillia erhalten hatte. Georgia war tot, und ich war wie benommen.“ Er lief im Zimmer auf und ab. „Obwohl das nicht mal annähernd stimmt. Ich fühlte mich so schuldig, weil ich nicht für sie da gewesen war, als sie mich brauchte. Und ich war so unglaublich wütend, dass sie glaubten, sie hätte sich das Leben genommen. Ich kenne … kannte Georgia wie eine Schwester. So etwas hätte sie nie gemacht.“ Er fuhr sich durchs Haar. „Von da wurde es ein Wettlauf mit der Zeit, weil ich dich finden wollte, bevor das jemand anderem gelang. Nachdem ich das Jahrbuch aus dem Kloster mitgenommen hatte, landete es im Kofferraum und geriet in Vergessenheit. Als ich dich endlich gefunden hatte, waren andere Dinge wichtiger. Und nach Carney Auger … na ja … von dir abgesehen, hatte ich nicht viel im Sinn. Nicht gerade professionell für einen FBI-Agenten, wie?“
Sie lächelte. „Ich beklage mich nicht.“
„Nein, aber Dan wird das machen.“
„Aber ich habe das Buch durchgesehen und nichts gefunden, was irgendwie mit dem Fall zu tun haben könnte. Abgesehen von der Tatsache, dass es keinen Lehrer auf dem Klassenfoto gibt.“
„Stimmt. Doch wenn Dan irgendeinen Lehrer von der Schule ausfindig machen kann, dann können wir vielleicht etwas erfahren, was du gar nicht weißt.“
„Oh, daran habe ich überhaupt nicht gedacht.“ Ginny blätterte rasch im Buch, bis sie die gesuchte Seite gefunden hatte. „Hier“, sagte sie und deutete auf eines der Fotos. „Das ist Mr. Fontaine, der Schulleiter. Er war so nett. Wenn sich irgendjemand an den Lehrer erinnern kann, dann müsste er es sein. Er hat die Schule gegründet und alle Einstellungen und Entlassungen vorgenommen.“
Sully sah Ginny anerkennend an. „Gute Arbeit, Schatz. Kann sein, dass du mich damit aus einer misslichen Lage befreit hast.“
„War mir ein Vergnügen“, erwiderte sie. „Ich lasse mir das später in Küssen bezahlen.“
Sully streckte die Hand nach ihr aus, da klopfte jemand an der Tür.
„Ich gehe schon“, sagte Sully. „Das ist wahrscheinlich einer von den Wachleuten.“ Als er die Tür öffnete, stand tatsächlich Franklin Chee vor der Tür, nickte kurz und trat dann ein. Er trug ein zu weites Hemd locker über der Jeans und ging so mühelos für einen Mann durch, der Urlaub machte.
„Was gibt es?“ fragte Sully.
„Der Boss hat gerade angerufen. Er verspätet sich ein wenig. Er meinte, er hätte die belgischen Pralinen vergessen.“
Sully lachte. „Oh, danke.“ Dann bedeutete er Ginny, zu ihnen zu kommen. „Ginny, dies ist Franklin Chee. Er und sein Bruder Webster sind hier in der Gegend aufgewachsen. Der andere Agent ist Kevin Holloway. Du hast ihn gestern gesehen, als du im Swimmingpool warst.“
Ginny lächelte und streckte ihre Hand aus. Die dunklen Augen des Mannes blitzten kurz auf, als er sie ergriff.
„Vielen Dank, dass Sie hier sind“, sagte sie. „Als dieser Albtraum begann, dachte ich, ich wäre ganz auf mich allein gestellt. Sie können sich gar nicht vorstellen, was Ihre
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