Das Experiment
gewechselt würde.
„Vater! Willkommen zu Hause!“
Emile legte die Stirn in Falten. Er mochte es nicht, wenn man ihn unterbrach. Phillip musste gesehen haben, dass er redete.
„Phillip! Du siehst gut aus.“
„Ich bin ja auch nicht krank gewesen“, gab er mit Nachdruck zurück und küsste seinen Vater auf die Wange.
Der schnippische Tonfall seines Sohns überraschte ihn, da der Junge sonst recht zurückhaltend war.
Lucy begann nervös zu kichern.
Lieber Gott, mach, dass Phillip nicht wieder einen von diesen schlechten Tagen hat.
„Phillip hat eine Überraschung“, sagte sie und lächelte ihren Sohn an. „Sag es ihm, mein Junge. Sag deinem Vater, was du vorhast.“
Phillip zögerte. Er hätte es lieber für sich behalten, wenigstens für eine Weile. Aber seine Mutter musste sich so wie immer einmischen. Er wünschte, er hätte ihr nichts davon gesagt, aber dann verwarf er den Gedanken. Wenn sie ihm nicht den Rücken stärkte, wäre er ganz auf sich allein gestellt.
Emile blickte seinem Sohn prüfend ins Gesicht.
„Ja, Phillip. Sag mir, was du mit deinem Leben machen willst.“
Der herablassende Tonfall in der Stimme seines Vaters gab ihm den entscheidenden Anstoß.
„Ich werde meinen Abschluss in Englisch nutzen und ein Buch schreiben.“
Es wäre untertrieben gewesen, Emiles Reaktion als überrascht zu bezeichnen. Es war eine freudige Überraschung, und als er seinen Sohn ansah, wurde ihm klar, dass Phillip für diese Arbeit tatsächlich wie geschaffen sein könnte.
„Aber … das ist wunderbar“, sagte er, stand auf und schüttelte die Hand seines Sohns. „Da ich den kreativen Geist gut genug kenne, um mit dir mitzufühlen, werde ich dich nicht fragen, worüber du schreibst. Ich bin sicher, dass du es uns sagen wirst, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“
Phillip wollte losheulen. All die Jahre hatte er darum gekämpft, seinem Vater zu gefallen und etwas zu machen, das eine solche Reaktion hervorgerufen hätte.
„Ja, da hast du Recht. Das Buch befindet sich noch in einer frühen Rohfassung, aber es macht Fortschritte.“
Emile lächelte und machte dann etwas, was Phillip seit über fünfundzwanzig Jahren nicht mehr erlebt hatte: Er nahm seinen Sohn in die Arme und klopfte ihm auf die Schulter.
Du hast es geschafft. Jetzt musst du bloß noch wirklich ein Buch schreiben, sonst fällst du bei deinem alten Herrn wieder in Ungnade.
Phillips Lächeln war zu einem Lachen geworden, das so laut war, dass es die Stimme in seinem Kopf fast übertönte.
15. KAPITEL
G inny stöhnte im Schlaf und wälzte sich hin und her. Sully war augenblicklich wach und sah mit rasendem Herz zu, wie sie sich von ihm wegdrehte. Er lag reglos da, bis er sicher sein konnte, dass mit ihr alles in Ordnung war. Dann stieg er vorsichtig aus dem Bett, zog eine Jogginghose an und ging aus dem Zimmer.
Die rostbraunen Fliesen im Flur waren unter seinen Fußsohlen angenehm kühl. Dans schwaches, aber gleichmäßiges Schnarchen bahnte sich seinen Weg durch das Haus, während Sully zur Vordertür ging. Unruhe hatte von ihm Besitz ergriffen. Es war ihm so gut wie unmöglich, Schlaf zu finden. Obwohl er mit Ginny geschlafen und sie ihm einen Höhepunkt beschert hatte, der ihm alle Kraft raubte, konnte er sich nicht entspannen. Er kannte den Grund.
Er wurde das Bild nicht los, wie sie auf das Band reagiert hatte. Immer wieder musste er an Georgia und die anderen fünf Frauen denken. Genau das war mit ihnen auch geschehen. Und sie hatten außerdem eine schreckliche Nachricht erhalten, die ihr Schicksal besiegelte.
Sully wollte weinen, so tragisch fand er diesen Fall. Was hatte der Mann ihnen angetan, dass sie nicht darüber reden sollten? Und warum wurde er jetzt aktiv? Warum hatte er so viele Jahre gewartet? Fürchtete er, die unterdrückten Erinnerungen könnten zu Tage kommen? War es das? Hatte er ihnen vielleicht die Unschuld geraubt, als sie noch klein waren?
Ihm lief ein Schauder über den Rücken. Es gab noch etwas, das Sully in den Sinn gekommen war, das er aber noch nicht ausgesprochen hatte. Was, wenn Fontaine selbst der Lehrer dieser Klasse gewesen war? Es war denkbar. Sonst wäre der Mann wohl auf einem der Fotos im Jahrbuch zu sehen gewesen.
Er machte den Kühlschrank auf und holte eine Dose Cola heraus. Eigentlich wäre ihm ein kühles Bier lieber gewesen, aber dafür war es nicht der richtige Zeitpunkt. Im Moment bestand die vorrangige Aufgabe darin, Ginny vor dem Schlimmsten zu bewahren.
Nachdem er
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