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Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Korrektheit. Immerhin wunderte ich mich, weshalb er denn seine Lampe nicht selbst benützt hatte.
    »Ah«, bemerkte ich überflüssigerweise. »Ich sehe, ich bin vom Weg abgekommen.«
    Ich trat einen Schritt seitwärts und wollte ihm die Lampe wiedergeben. »Danke, jetzt finde ich mich schon zurecht.«
    »Aber bitte, behalten Sie sie doch, wenigstens bis zum Tor.«
    »Sie… Sie waren doch auf dem Weg zum Haus?«
    »Nein, nein – ich kehre ebenfalls zurück… eh… die Auffahrt hinunter und dann zur Haltestelle des Autobusses. Ich fahre nach Bournemouth.«
    Mein Begleiter schien sich nicht ganz wohl zu fühlen und seine Verlegenheit wuchs, während wir nebeneinander hergingen. Er war jedenfalls nicht der Mann, der eine unklare Situation gelassen hinnehmen konnte.
    »Sie haben wohl Mr Venables besucht?«, fragte er und räusperte sich.
    Ich bestätigte das und fügte hinzu: »Irre ich mich oder waren Sie nicht auf dem Weg zu seinem Haus?«
    »Nein«, gab er zurück, »nein, ich… tatsächlich wohne ich in Bournemouth oder zumindest in der Nähe davon. Ich habe dort vor Kurzem ein kleines Häuschen gekauft.«
    Die Bemerkung erinnerte mich an etwas, das ich unlängst gehört hatte. Was war es doch gleich? Während ich mich vergeblich zu erinnern versuchte, fühlte sich mein Begleiter zu einer näheren Erklärung verpflichtet.
    »Sie finden es natürlich sehr merkwürdig, dass jemand in einem Park herumwandert, ohne den Besitzer zu kennen. Ich gestehe, es ist nicht ganz… hm… leicht zu erklären, obwohl ich bestimmte Gründe dafür habe. Übrigens bin ich sowohl in Bournemouth wie auch hier ziemlich bekannt und könnte Ihnen genügend Leute nennen, die Ihnen meine Rechtschaffenheit bestätigen würden. Ich war bisher Apotheker in London; aber ich habe mein Geschäft verkauft, um mich in dieser Gegend niederzulassen, die ich immer besonders reizvoll fand.«
    Jetzt kam mir die Erleuchtung und ich wusste, wer der Kleine war.
    Aber er fuhr bereits eilig fort: »Mein Name ist Osborne – Zacharias Osborne, und wie gesagt, ich besaß ein sehr gutes Geschäft in London, an der Barton Street. Zu meines Vaters Zeiten war das noch eine angenehme Gegend, doch inzwischen hat sich das – leider – geändert… sehr heruntergekommen.«
    Er seufzte und schüttelte den Kopf. Dann erkundigte er sich neugierig: »Das ist doch das Haus von Mr Venables, nicht wahr? Ich nehme an, er ist ein… hm… Freund von Ihnen?«
    »Nein, nicht gerade ein Freund«, gab ich mit Entschiedenheit zurück. »Ich war nur ein einziges Mal mit Freunden bei ihm zum Essen eingeladen – und heute Nachmittag habe ich ihn zum zweiten Mal besucht.«
    »Ah… ich verstehe.«
    Inzwischen waren wir am Tor angelangt. Ich gab ihm seine Lampe und wollte mich verabschieden. Doch Mr Osborne zögerte unentschlossen.
    »Ich… eh… ich…« Plötzlich überstürzten sich seine Worte. »Ich gebe natürlich zu, dass ich widerrechtlich in den Park eingedrungen bin. Aber ich versichere Ihnen, es geschah nicht aus vulgärer Neugier. Meine Lage könnte leicht zu Irrtümern führen. Es wäre mir wirklich viel daran gelegen, Ihnen alles erklären zu dürfen.«
    Ich wartete, was da kommen würde. Meine Neugier – vulgär oder nicht – war geweckt und ich wollte sie befriedigen.
    Mr Osborne schwieg eine Weile, dann entschloss er sich.
    »Wie gesagt, ich möchte Ihnen mein seltsames Benehmen begreiflich machen, Mr…«
    »Easterbrook.«
    »Mr Easterbrook. Hätten Sie ein paar Minuten Zeit? Es ist nicht weit bis zur Hauptstraße und bei der Haltestelle befindet sich ein kleiner, ganz respektabler Kaffeeausschank. Würden Sie mir gestatten, Sie zu einer Tasse einzuladen? Mein Autobus ist erst in zwanzig Minuten fällig.«
    Ich nahm die Einladung an und wir gingen zusammen weiter. Mr Osborne, der seine Achtbarkeit wiederhergestellt fühlte, plauderte leichthin über die Vorzüge von Bournemouth, sein angenehmes Klima und die netten Leute, die dort wohnten.
    Die Haltestelle befand sich gleich an der Einmündung zur Hauptstraße und in dem kleinen Lokal saß nur ein junges Pärchen. Mr Osborne bestellte Kaffee und Biskuits.
    Dann lehnte er sich vor und entlastete sein Gemüt.
    »Das Ganze hat sich aus einem Fall ergeben, von dem Sie vielleicht gehört haben… obschon es keine große Angelegenheit mit Schlagzeilen in den Zeitungen war. Es betraf den katholischen Priester des Distrikts, in dem meine Apotheke liegt… besser gesagt, lag. Er wurde eines Abends verfolgt und getötet.

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