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Das Falsche in mir

Das Falsche in mir

Titel: Das Falsche in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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Opfern?
    Dreizehn und sechzehn. Aber die Verletzungen waren viel tiefer.
    Der Modus Operandi ist anders.
    Sehe ich auch so, Sina. Aber ich glaube nicht, dass davon das Gericht großartig beeindruckt sein wird. Sie werden sagen …
    … Salfeld wurde unterbrochen. Silvia hatte einfach Glück, dass wir rechtzeitig kamen.
    Andernfalls wäre sie jetzt tot. Genau das werden sie sagen.
    Ja, du hast recht. Das wird sie nicht überzeugen. Ich muss noch etwas anderes finden.
    Warum ist dir das so wichtig, Sina?
    Ich weiß nicht. Ich will kein Fehlurteil. Ich will nicht, dass jemand ins Gefängnis kommt, der sich so viel Mühe gegeben hat, normal zu sein. Jedenfalls dann nicht, wenn er unschuldig ist.
    Vanderfart widersprach: Auch wenn er Anne und Karin nicht getötet hat, ist er eine Gefahr für die Menschheit.
    Das glaube ich nicht, Leo. Ich glaube, er ist in der Lage, sich zu beherrschen. Silvias Verletzungen waren nur leicht. Nicht einmal Mordversuch könnte man ihm anhängen, wenn er die beiden anderen Mädchen wirklich nicht gekannt hat.
    Das siehst du vielleicht so, sagte Vanderfart. Das Gericht könnte das ganz anders sehen. Und so oder so wird er angeklagt werden.
    Ich weiß. Aber wenn wir herausfinden, dass er niemanden umgebracht hat, sondern dass es da jemanden gab, der ihn manipuliert hat, dann gäbe das eventuell mildernde Umstände, und …
    Ja, Sina. Wenn.
    Und so sitzt Sina im Bademantel auf dem Bett, um sich herum schwere graue Aktenordner aus den Siebzigerjahren. Die Stunden vergehen, es wird langsam hell, sie sieht auf die Uhr, halb acht, sie denkt, dass sie eigentlich schon unterwegs ins Präsidium sein sollte, aber dann zieht sie sich ihren Laptop heran undgoogelt die Telefonnummer von Salfelds ehemaligem Anwalt. Er hat glücklicherweise einen seltenen Namen – Gregor Makula – sie findet nur einen einzigen Eintrag, und der ist in Leyden.
    Es klingelt zwei Mal, dann wird abgehoben, als hätte jemand ihren Anruf erwartet.
    Eine halbe Stunde später steht sie vor Makulas Domizil. Er wohnt in einem Reihenhaus ein bisschen außerhalb der Stadt. Im akkurat eingezäunten Vorgärtchen liegen bräunliche Schneereste; Tauwetter hat eingesetzt, es tropft überall.
    Ein seltsames Geräusch, wie ein unstetes Rauschen.
    Sina klingelt und sofort summt der Öffner des Gartentors.
    Makulas Wohnzimmer wurde offensichtlich in den Achtzigerjahren eingerichtet. Und ist dann einfach so geblieben. Mit hässlichen, aber sorgfältig aufeinander abgestimmten Farben – lila und pink – und hochbeinigem Mobiliar, das damals hochmodern war. Direkt neben der Tür steht ein blinkendes Metallregal mit mindestens zwanzig unterschiedlichen Ausgaben von Makulas einzigem internationalem Bestseller über den Fall Lukas.
    »Er wurde in fünfzehn Sprachen übersetzt«, sagt Makula hinter Sina.
    »Wirklich?«
    »Schwedisch, Türkisch, Englisch, Griechisch, was Sie wollen.«
    »Ein großer Erfolg.«
    Makula trägt einen gelben Pullunder über einem violetten Hemd und Jeans, die ihm zu weit sind. Seine wenigen Haare sind grau, aber sorgfältig gestutzt, seine Haut ist faltig und gebräunt.
    »Dieser Fall hat mein Leben zerstört«, sagt er.
    »Warum?«, fragt Sina, obwohl sie weiß, warum. Makula hat damals nach Auffassung der Anwaltskammer Mandantengeheimnisseveröffentlicht und deshalb seine Zulassung verloren.
    »Die hätten das nicht tun dürfen. Die haben mich vernichtet«, sagt Makula hinter ihr.
    Sina dreht sich um. »Dafür haben Sie eine Menge Geld verdient.«
    »Wollen Sie sich setzen?«
    »Gern.«
    Makula nimmt ihren Ellbogen wie ein Kavalier alter Schule und geleitet sie zu einem der Sessel aus einem glänzenden pinkfarbenen Material, das möglicherweise beschichtetes Leder ist. Sina lässt sich vorsichtig darauf nieder. Makula setzt sich auf ein identisches Exemplar gegenüber, zwischen ihnen steht ein blitzblank geputzter Glastisch.
    »Die haben mich fertiggemacht«, sagt Makula. Er ist sechsundsechzig, sieht aber älter aus, trotz oder wegen der betont jugendlichen Aufmachung.
    »Niemand hat Sie gezwungen, ein Buch zu schreiben«, sagt Sina.
    »Richtig. Ich habe nichts ausgeplaudert. Nichts, was nicht alle schon wussten. Es war eine infame Kampagne gegen mich.«
    »Warum?«
    »Sie wollten mich mundtot machen. Und das haben sie geschafft. Eigentlich wollte ich ein zweites Buch herausbringen, in dem die ganze Wahrheit steht. Aber kein Verlag wollte es mehr haben.«
    Sina beugt sich vor. »Die ganze Wahrheit?«
    »Sie steckten

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