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Das Falsche in mir

Das Falsche in mir

Titel: Das Falsche in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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weiß ich gar nichts. Er hat mein Gedächtnis gelöscht. Nun gut – er und massenhaft Alkohol. Und vielleicht Medikamente. »Du warst doch dabei«, sage ich. Er lacht spöttisch über meinen Versuch.
    »Das könnte dir so passen.«
    Mein Kopf ist leer, meine Gedanken stehen still, gelähmt von Kälte und Verzweiflung.
    »Du willst, dass ich Silvia Johansson töte«, sage ich schließlich.
    »Du begreifst schnell«, sagt er verächtlich.
    Ja, ich werde es tun, und anschließend werde ich dafür sorgen, dass ich selbst sterbe. Jemand wie ich hat keine Berechtigung zu leben.
    »Wo ist Teresa?«
    »Das ist jetzt nicht interessant. Es geht ihr gut, so weit kann ich dich beruhigen. Sie wird ohne einen Kratzer überleben, wenn du kooperativ bist.«
    »Warum ich?«, frage ich.
    Leander Kern lacht. »Ich dachte, ich fange mit dem einfachsten Fall an.«
    »Was meinst du damit?«
    »Es war leicht, dich scharfzumachen. Früher oder später wäre es sowieso passiert. Da sind wir uns doch einig, oder?«
    »Hör auf.«
    »Kein Problem. Du hast gefragt.«
    »Wie bist du auf mich gekommen?«
    »Ich bin Schatzsucher.«
    »Bist du bei der Polizei?«
    »Netter Versuch. Nein. Es gibt immer noch Archive, weißt du. In jeder Stadt, im ganzen Land, auf der ganzen Welt. Mit Zeitungsartikeln, die noch nicht digitalisiert wurden.«
    »Was willst du wirklich? Was ist dein Plan?«
    »Ich habe so viele Väter, die keine Ahnung von ihrem Glückhaben. Ich werde einen nach dem anderen besuchen. Dein Nachfolger wartet schon auf mich. Er weiß es nur noch nicht.«
    In diesem Augenblick öffnet sich die Haustür gegenüber und Silvia kommt heraus. Sie ist dick eingepackt, und doch kann ich eine Strähne von ihrem blonden Haar sehen. Leander Kern steht auf und geht auf sie zu, langsam und gelassen. Er dreht sich nicht um. Er weiß ja, dass ich ihm folgen werde.

17
    Vassilios Sophronia ist ein alter Bekannter. Vor zehn Jahren verdächtigten sie ihn, seinen Cousin getötet zu haben, der Sophronias kleine Schwester vergewaltigt haben soll, was dessen Frau wiederum leidenschaftlich bestritt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte, aber es kam nie zur Anklage, weil keiner aus der Familie bereit war auszusagen und die Indizien für einen Prozess nicht ausreichten.
    Vor zehn Jahren war Sophronia ein schöner Mann, heute wirkt er älter, als er ist, gerade einmal siebenunddreißig. In den letzten zehn Jahren hat sich Sophronia nichts zuschulden kommen lassen außer ein paar Strafzetteln. Es ist elf Uhr, sie sitzen zu dritt vor Sophronia, der Polizeichef Matthias, Gronberg und schließlich Sina, wundersam vom Hexenschuss genesen.
    Das Band läuft.
    Eine knappe Stunde später sind sie nicht klüger. Sophronia hat Salfeld beherbergt, als die halbe Stadt nach ihm suchte. Doch falls er die Wahrheit gesagt hat, weiß er trotzdem sehr wenig. Weder kann er Salfeld ein lückenloses Alibi geben, noch kann er das Gegenteil bezeugen. Nachts schlief er angeblich tief und fest, tagsüber war er die meiste Zeit in seinem Imbiss beschäftigt. Manchmal kam er tagsüber hoch in seine Wohnung. Wenn er das tat, war Salfeld meistens da.
    Aber nicht immer.
    An die jeweiligen Uhrzeiten kann er sich nicht erinnern, mal am Nachmittag, mal am Vormittag, mal am frühen Abend.
    Was glauben Sie? , hat Sina ihn gefragt.
    Was meinen Sie?
    War er es?
    Ich glaube, dass er es nicht war.
    Weil Sie ihn mögen.
    Weil er mein Freund ist.
    Und ein Freund kann so etwas nicht tun, richtig?
    Er wäre noch immer mein Freund, auch wenn er es getan hätte. Aber das verstehen Sie nicht.
    »Was sollen wir mit ihm machen?«, fragt Matthias, nachdem sie ihn nach Hause geschickt haben.
    »Nichts«, sagt Sina. »Es gibt keine Anzeigepflicht für vollendete Straftaten. Noch dazu glaubt er an die Unschuld von Salfeld.«
    »Nichtanzeige geplanter Straftaten«, sagt Gronberg. »Wenn er uns verständigt hätte, wäre Karen Beck noch am Leben.«
    »Das ist immer noch nicht erwiesen. Und falls Salfeld es war, können wir Sophronia nicht nachweisen, dass er Bescheid wusste.«
    »Vielleicht sind sie Komplizen. Vielleicht ist das alles ein abgekartetes Spiel.«
    »Dann sind immer noch wir in der Beweispflicht. Nichts deutet darauf hin, dass die beiden sich kannten. Wir haben alle Bekannten Salfelds und seiner Frau vernommen – keiner hat je den Namen Sophronia genannt.«
    »Natürlich könnten wir ihn noch einmal vorladen und richtig in die Mangel nehmen«, sagt Matthias versonnen.
    »Er ist nicht beteiligt«, sagt Sina.

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