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Das falsche Opfer

Das falsche Opfer

Titel: Das falsche Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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passiert ist?«
    »Ich kann es noch immer nicht
glauben«, sagte er leise. »Sally tot — und sie wollte vorher Mitch mit einer fünfundvierziger erschießen! Das ist etwas, das Leuten, die
man kennt, einfach nicht zustößt, Lieutenant.«
    »So etwas stößt den Leuten alle
Augenblicke zu, ob Sie sie nun kennen oder nicht«, sagte ich mürrisch. »Sie
machen mir Sorgen, MacGregor . Wissen Sie das?«
    »Das hätte ich nicht vermutet —
nicht, nachdem Sie mir die Nase blutig geschlagen und mich ein bißchen zu Boden
geschmettert haben.« Er grinste mühsam. »Wie wär’s, wenn wir dieser Tage noch
ein Revanchematch abhielten?«
    »Was mich von Anfang an
wirklich beunruhigt hat«, sagte ich bekümmert, »ist, daß ich noch nie so viele
Schizophrene auf einem Haufen gesehen habe, einschließlich Sie.«
    Er zuckte leicht mit den
riesigen Schultern. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    »Sie haben den Zweiten
Weltkrieg mitgemacht und danach Korea, nicht wahr?« fragte ich.
    »Klar.«
    »Ich war beim
Armeegeheimdienst«, sagte ich. »Ich habe noch immer ein paar gute Beziehungen
dorthin. Wenn ich es versuchte, könnte ich, glaube ich, innerhalb von sechs
Stunden Ihre kompletten Militärakten heraussuchen und überprüfen lassen. Es
kostet mich nur einen Anruf in Washington.«
    »Das glaube ich Ihnen ja,
Lieutenant«, sagte er milde. »Warum geben Sie sich die Mühe, mir das alles zu
erzählen?«
    »Weil Sie wissen sollen, daß
ich alles nachprüfen kann und will und es infolgedessen zwecklos ist, mich
anzulügen«, sagte ich kalt. »Sie sind mit Kramer zusammen in Korea bei der
Luftwaffe gewesen?«
    »Natürlich. Wir vier flogen die
ganze Zeit über zusammen.«
    »War er wirklich ein so großer
Held, wie jedermann anzunehmen scheint?«
    »Ich glaube, ja.« Er überlegte
einen Augenblick. »Man trifft im Krieg alle möglichen Sorten von Piloten, aber
bei den Jägern gibt es unter den Typen nicht allzu viele Variationen, glaube
ich. Da sind die Burschen, die gern fliegen und nicht gern töten — Red war einer von ihnen, ein ausgezeichneter Pilot, dem jedesmal schlecht wurde, wenn er ein feindliches Flugzeug abschoß . Dann sind da die Burschen, die gern fliegen und
bereit sind, zu töten, sooft sich die Chance ergibt. Zu denen würde ich Sam Forde und mich rechnen. Dann gibt es da die letzte und ganz
besondere Kategorie — die Burschen, die gern töten.
    Beinahe jeder von ihnen wird
ein ausgezeichneter Pilot, wenn das die einzige Möglichkeit ist, zum Töten zu
kommen. Das ist der Typ Mitch Kramer, und eben dieser Typ ist auch wirklich ein
großer Held, weil er geschickter im Töten ist und damit mehr Ruhm erwirbt. Das
ist eine komplizierte Sache, Lieutenant. Die Leute von Mitchs Kategorie
brauchen ein übermäßig entwickeltes Selbstgefühl. Eine kolossale Eitelkeit, die
jede andere Überlegung beiseite räumt — Mitleid, Menschenfreundlichkeit,
Furcht, Unsicherheit. Nur die, die von sich selber besessen sind, überstehen,
auf lange Sicht gesehen, alles.« Einen Augenblick lang sah er fast verlegen
drein. »Jetzt haben Sie mich für eine Weile zum Schwatzen gebracht — ich bitte
um Entschuldigung.«
    »Es war großartig«, sagte ich
aufrichtig. »Sind Sie je in koreanischer Gefangenschaft gewesen?«
    »Sicher«, sagte er leichthin.
»Meine Maschine hatte viel zu weit nördlich Feuer gefangen, und ich mußte
abspringen. Mitch gab mir Feuerschutz, bis ich unten war, aber einmal auf der
Erde, war ich natürlich völlig auf mich allein angewiesen. Eine koreanische
Patrouille erwischte mich zehn Minuten nachdem ich gelandet war.«
    »Wie lange waren Sie in
Gefangenschaft?«
    »Ich war einer der Burschen,
die wirklich Glück hatten«, sagte er vergnügt. »Fünfundsiebzig Stunden, und
dann gab es einen großen Angriff und das Gefangenenlager wurde von einer
Infanterieabteilung überrannt.«
    »Und die Koreaner ließen Sie
seelenruhig da, damit Sie befreit werden konnten?«
    »Himmel, nein!« Er schüttelte
spöttisch den Kopf. »Ein paar dieser Jungens von der Infanterie waren recht
gerissen. Ein gewisser Captain Jacobs wußte von seinen Spähtrupps in diesem
Gebiet, daß dort ein Kriegsgefangenenlager lag. Er teilte seine Leute in zwei
Hälften, brachte sie mitten in der Nacht auf beiden Seiten des Lagers in
Stellung und ließ sie eine halbe Stunde vor Morgengrauen angreifen. Die
Koreaner begriffen überhaupt nicht richtig, was da über sie hereinfiel, und ich
glaube, wenn Jacobs nicht gewesen wäre, würde ich jetzt

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