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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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nach Hause. Um kurz nach elf wird er in seinem Lieferwagen von einem Nachbarn gesehen. Der Angeklagte hat nicht erklären können, warum er an diesem Morgen für die Fahrt von der Markthalle in Maardam zu seinem Haus in Kaustin mehr als anderthalb Stunden länger gebraucht hat als sonst. Was Frau Nietsch angeht, so haben die Zeugen, die sie im grünen Lieferwagen entdeckt haben, sie als Letzte lebend gesehen, nachdem Elena Klimenska sie mit Verhaven hinter der Markthalle beobachtet hatte. Es kann deshalb keine Zweifel daran geben, dass sie Maardam zusammen mit ihrem Mörder verlassen hat. Der Angeklagte behauptet, sich schon an der Ecke Zwille/Kreugerlaan von ihr getrennt zu haben, und das zeigt nur, dass er tief in seiner verbrecherischen Seele (Sic!, schrieb Kommissar Van Veeteren an den Rand und unterstrich es gleich zweimal) einsieht, dass darin seine einzige Chance auf Freispruch liegt. Marlene Nietsch war, wie wir gehört haben, an diesem Freitag für 10.15 mit ihrer Freundin Renate Koblenz im Cafe Rotes Moor am Kreuger Plein verabredet. Doch zu diesem Treffen ist sie nicht erschienen.
    Und zwar, weil sie zu dem Zeitpunkt, als ihre Freundin sie besorgt und erstaunt an dem verabredeten Tisch erwartete, bei ihrem Mörder im Auto saß und Maardam verließ. Und dieser Mörder, Euer Ehren und verehrte Mitglieder der Jury, kann unter keinen Umständen ein anderer gewesen sein als der Angeklagte, Leopold Verhaven.
    Wenn wir diese unbestreitbaren Tatsachen für einen Moment bei Seite legen und unsere Aufmerksamkeit auf einige psychologische Fragen richten ...

     
    Verdammt sauberes Puzzlespiel, dachte Van Veeteren und legte die Papiere weg. Beängstigend sauber vielleicht sogar? Was müsste eigentlich nötig gewesen sein, um Verhaven unschuldig zu erklären?
    Er stopfte sich einen Zahnstocher zwischen die Vorderzähne seines Unterkiefers und verschränkte die Hände hinter seinem Nacken.
    Erstens: Marlene Nietsch musste während dieser Minuten um zehn Uhr ihren wirklichen Mörder getroffen haben. Sie war nie zu Verhaven ins Auto gestiegen, aber natürlich bestand auch die winzige Möglichkeit, dass sie es doch getan hatte und dass er trotzdem unschuldig war ... dass er, wie Staatsanwalt Kiesling betont hatte, einsah, dass die Sache gelaufen wäre, prosaisch gesprochen, wenn er zugäbe, dass sie mit ihm gefahren war.
    Aber danach hatte sich ja herausgestellt, dass die Sache ohnehin schon gelaufen gewesen war.
    Zweitens: der Mörder musste Marlene Nietsch auf irgendeine Weise von dem geplanten Cafebesuch abgehalten haben.
    Ob ein Bündel Geldscheine und ein ganz normaler ehrsamer Wunsch eines Freiers gereicht haben könnten, überlegte Van Veeteren. Auszuschließen war das jedenfalls nicht. Marlene Nietsch war niemals ein braves Engelchen gewesen.
    Drittens: mindestens drei Zeugen mussten sich geirrt haben. Oder gelogen. Die Frau, die sie beim Auto gesehen hatten. Der Mann und die Frau, die Frau Nietsch auf dem Beifahrersitz entdeckt haben wollten. Und diese dritte, die keinen Eid ablegen wollte.
    Drei oder vier einstimmige Zeugenaussagen? War das nicht schwerwiegend genug? Oder sogar entscheidend?
    Nein, dachte Van Veeteren wütend und biss den Zahnstocher durch. Morgens hatte er sich durch über fünfzig Seiten Zeugenaussagen hindurchgequält, nur um feststellen zu müssen, dass es sich um eine selten betrübliche Lektüre
handelte. Vor allem hatte der eine Zeuge, ein gewisser Herr Necker, fast schon einen parodistischen Eindruck hinterlassen. Und einen ziemlich faden Nachgeschmack, wenn man Wert auf funktionierende Gerichtsprozeduren legte. Allem Anschein nach war Herr Necker vier Wochen nach Verhavens Verhaftung aufgetaucht, hatte sich aus eigenem Antrieb bei der Polizei gemeldet und behauptet, sich plötzlich an gewisse Beobachtungen betreffend einer Blondine in Verhavens ihm bekannten Trotta erinnert zu haben. Nach und nach hatte er vor Gericht dann Daten, Ortsangaben und Menschen vergessen, und erst, nachdem Staatsanwalt Kiesling ihm jedes Wort in den Mund gelegt hatte, hatte man eine einigermaßen zusammenhängende Geschichte aus ihm herausholen können.
    Und dieser Denbourke war wahrlich kein Verteidiger gewesen, wie man sich ihn wünscht, was allerdings nicht gerade eine Neuigkeit war.
    Zu allem Überfluss gab es drei Zeugen – und hier hatte der Kommissar sich aus purer reiner Ohnmacht am Bett festhalten müssen –, die behaupteten, Verhavens Auto vor der Markthalle gesehen zu haben, denen dabei jedoch

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