Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
schon gruselig ausgesehen hatte, dann war dieser hier kaum noch zu übertreffen. Seine Augen glitzerten und jetzt sah sie auch, was damit nicht stimmte. Die Pupillen waren nicht rund, sondern schmale Schlitze, durch die er sie jetzt betrachtete. «Möchtest du mal anfassen? Such dir das schönste Stück aus.»
    Von der Zweideutigkeit seiner Bemerkung ungerührt ging sie wie in Trance an ihm vorbei auf das einzige freie Cello zu, nahm den Bogen vorsichtig auf, der über den Stuhl gelegt war, und setzte sich. Wie gut sich das anfühlt!
    Sie zupfte die Saiten, um zu hören, ob es gestimmt war, und erschauderte. Noch niemals zuvor hatte sie ein ähnlich wertvolles Instrument gespielt. Wie ein Lehrling der geheimen Künste den Zauberstab hielt, so hielt sie den Bogen, setzte ihn an und zog ihn versuchsweise über die Saiten. Anfangs spielte sie leise, so dass die Männer kaum etwas hörten. Doch schnell wurde ihr Strich sicherer; sie gewöhnte sich an die Schwingung des fremden Instruments und vergaß bald darauf alles um sich herum. Das war ihre Welt. Ihr Zuhause, ihr Anker im Chaos der neuen Realität.

Kapitel 17
    Der hereinbrechende Abend wurde zu seinem Mantel, die Menge aus Sterblichen teilte sich und gab ihm Raum, die Kinder der Ewigkeit, die sich unter die Besucher gemischt hatten, hielten respektvoll Abstand. Von all dem bemerkte Julen nichts.
    Es war ihr Lied.
    Die Melodie, die sich längst in seiner Seele niedergelassen hatte, schwebte unfassbar wie aufsteigender Nebel über Avebury, dem magischen Ort. Das war nicht gut!
    Alva!
    Die Hand gefror ihr in der Bewegung. Als wollte sie jeder einzeln davonschwebenden Note nachsehen, hob sie den Kopf. Julen!
    Und dann war er bei ihr, ignorierte den Applaus der Musiker und zog sie in seine Arme. «Was tust du da, weißt du nicht, wie gefährlich das ist?»
    Natürlich wusste sie es nicht. Woher auch? Ihr Gesicht verriet die Arglosigkeit und Julen hätte sich dafür ohrfeigen können, dass er ihr Vorwürfe gemacht hatte, anstatt sie auf die Gefahren vorzubereiten.
    «Teufel, wo kommt der auf einmal her?» Die dunkle Stimme in seinem Rücken ließ ihn herumfahren. In seiner Eile, zu ihr zu gelangen, hatte er die Gesellschaft ignoriert, in der sie sich befand.
    Der Mann schrak zuerst zurück, dann aber fing er sich erstaunlich schnell und zeigte, wie um seine Friedfertigkeit zu demonstrieren, beide Handflächen. «Easy, Mann.»
    Sterbliche, die mit Hilfe von Kontaktlinsen ihre Pupillen zu senkrechten Schlitzen werden ließen, waren offenbar nicht so leicht zu erschrecken. Ein kurzer Blick in die Gedanken der Männer zeigte ihm, dass zumindest seine Reißzähne unbemerkt geblieben waren.
    Beinahe hätte Julen gelacht. Was wollten sie darstellen, Werwölfe? Nicht unwahrscheinlich, denn sie würden später unter dem Namen LycanTopia auftreten. Erik hätte seinen Spaß , dachte er und sah sich nach ihm um. Wo war er überhaupt?
    Acht oder zehn Sterbliche, von denen er einige als Musiker erkannte, standen im Halbkreis um Julen und Alva herum. Sie erholten sich erstaunlich schnell von ihrer Überraschung. Menschen neigten dazu, Dinge zu ignorieren, die sie nicht verstanden. Die hier bildeten keine Ausnahme.
    «Geiles Styling!», sagte einer und die anderen nickten zustimmend. «Du solltest wirklich besser auf deine Frau aufpassen, mein Freund! Sie kommt hier einfach hereinspaziert und spielt uns glatt an die Wand.»
    «Das Mädchen ist ein kostbares Kleinod», ergänzte ein dritter, den Julen nun als den Sänger der Band erkannte.
    Vor dem Zelt gab es einen kurzen Wortwechsel, dann kam Erik hereingestürmt. Seine Pupillen sahen im Dämmerlicht des Zeltes ebenfalls merkwürdig aus, aber bei ihm lag es ganz gewiss nicht daran, dass er irgendwelche optischen Hilfsmittel verwendete.
    Abrupt blieb er stehen. «Du bist schon da ...»
    Wo zur Hölle warst du?
    Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Ich hatte ja keine Ahnung ...! , antwortete Erik.
    «Wir klären das später!», sagte Julen und sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass dies ein unangenehmes Gespräch für Erik werden würde.
    Alva sagte nichts, sondern verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter und es war offensichtlich, wie peinlich ihr diese Situation war.
    «Danke, Jungs!» Er legte seinen Arm um ihre Taille und begleitete sie hinaus.
    Zwischen den Zelten, im Licht der untergehenden Sonne sah seine Fee bezaubernd zerbrechlich aus, als sei sie nicht von dieser Welt. Das war sie genau genommen auch nicht, selbst

Weitere Kostenlose Bücher