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Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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drinnen gerade ein Knurren gehört.
    Sie fragte gar nicht erst, warum sie sich trotz der lauten Musik unterhalten konnten. Julen besaß ein exzellentes Gehör, das war ihr bei verschiedenen Gelegenheiten aufgefallen, und seine Stimme war klar und deutlich in ihrem Kopf zu vernehmen. Wie zum Beweis fuhr seine freie Hand zum Ohr und an der Art, wie seine Augen für den Bruchteil einer Sekunde schmal wurden, schloss Alva, dass ihm die Lautstärke unangenehm sein musste.
    Nun, da er es erwähnt hatte, spürte sie ihren leeren Magen sehr deutlich. Der kandierte Apfel am Nachmittag war alles, was sie bisher gegessen hatte, weil sie viel zu aufgeregt gewesen war, um einen Bissen herunterzubringen. Sie lächelte und deutete mit einer Kopfbewegung an, dass sie bereit war, ihren guten Platz nahe der Bühne aufzugeben.
    Es dauerte nicht lange und Julen hatte sie aus der tanzenden Menge geführt. Sie war sich sicher, dass sie allein eine Ewigkeit gebraucht hätte, um gegen den Strom der Menschen, die alle zur Bühne drängten, in die Freiheit zu gelangen. Er hatte etwas an sich, das die Leute dazu brachte, zu tun, was er von ihnen wollte. Anfangs hatte sie es auf sein gutes Aussehen und den Charme, die er gnadenlos zu seinem Vorteil einsetzte, geschoben, aber manchmal spürte sie die Furcht oder zumindest den Respekt, den andere in seiner Gegenwart zeigten, und sie war sich inzwischen sicher, dass es ein Teil seiner Magie war.
    Obwohl sie keinerlei Anzeichen dafür erkennen konnte und sie ihm inzwischen ohne mit der Wimper zu zucken jederzeit ihr Leben anvertrauen würde, meldete sich doch ein kleiner, hässlicher Zweifel, ob er nicht auch sie manipulierte, wie er es mit den Sterblichen tat.
    Sterbliche. Himmel, jetzt rede ich schon wie er!
    Der Gedanke war kaum in ihrem Kopf formuliert, als Julen stehen blieb und sie zu sich drehte. «Es ist richtig, dass du auf deine Instinkte hörst und immer auf der Hut bleibst. Aber ich schwöre dir, nichts könnte mich dazu bringen, dir Schaden zuzufügen, und was du für mich fühlst, entspringt ganz allein deiner Seele.»
    Das strahlende Blau seiner Augen wirkte im Zwielicht der schwachen Straßenbeleuchtung geradezu unheimlich und dennoch glaubte Alva ihm. Sie ahnte, dass dieser Mann es sich nicht zur Gewohnheit machte, anderen einen Blick in sein Inneres zu gewähren.
    Ihre Gedanken zu lesen gehörte allerdings zu seinen eher unwillkommeneren Talenten. Und das sagte sie ihm auch.
    «Welche meiner Talente gefallen dir denn besser?», fragte er, lehnte sich vor und blickte mit einem Zwinkern in ihr tief ausgeschnittenes Kleid.
    Es war eindeutig, was er hören wollte. Doch so leicht würde sie es ihm heute nicht machen. Alva legte ihre Hand auf seine Brust und schob ihn ein Stückchen von sich. «Momentan fände ich deine Fähigkeit, gutes Essen für mich zu finden, sehr sexy!»
    Er lachte laut auf, sodass sich einige Leute nach ihnen umdrehten. «Zu Befehl, meine Herrin.» Damit zog er sie weiter, am Pub vorbei, das sie schon vom Nachmittag kannte. Ihr blieb kaum Zeit, die hübschen Häuser zu betrachten, deren Mauern sehr wohl aus Teilen der Monolithen bestehen konnten, die im Laufe der Jahrhunderte von den Menschen von den geheiligten Stätten entfernt und zu Baumaterial verarbeitet worden waren. In einigen hatten die Geschäfte ungeachtet der Uhrzeit noch geöffnet, überall leuchteten Lichter und gaben der einfachen Dorfstraße einen festlichen Anstrich.
    Und dann hatten sie den Markt erreicht.
    «Ich liebe Mittelaltermärkte.» Alva war entzückt. Am Nachmittag war sie nicht bis hierher gekommen und hatte das sehr bedauert. Manchmal war es eben doch auch nett, wenn ein liebevoller Begleiter Gedanken lesen konnte.
    Sofort entdeckte sie Stände mit ungewöhnlichen Leckereien, die von Menschen in mehr oder minder historischen Kostümen frisch zubereitet und angeboten wurden. An einem davon kaufte sie sich einen gefüllten Fladen und schloss gleich darauf die Augen vor Entzücken, als eine wunderbare Gewürzkomposition ihre Geschmacksnerven in Euphorie versetzte.
    Julen beobachtete sie dabei mit einem Gesichtsausdruck, den sie nicht entschlüsseln konnte. Nachdem sie die Köstlichkeit unter seinen immer heißer werdenden Blicken genüsslich verspeist hatte, ließ sie es zu, dass er ihren Mund mit einer Serviette abtupfte. Als er sie danach küsste, vergaß sie für einen Augenblick alles um sich herum.
    Zu schnell brach er den Kuss ab und fragte mit einem ironischen Unterton: «Immer

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